- Bundestagsanalysen
Zwischenrufe von Beate Müller-Gemmeke an Peter Aumer
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus reiner Ideologie, ohne Notwendigkeit schaffen Sie, die Ampelkoalition, einen wesentlichen Grundsatz der deutschen Sozialpolitik ab: „Fordern und Fördern“.
Lesen! Den Gesetzentwurf lesen!)
Die BA hat mit ihrer Weisung ein sehr differenziertes System auf den Weg gebracht. Wenn Sie das umgesetzt hätten, dann, glaube ich, hätten wir wirklich daraus lernen können und schauen können, ob der Weg, den das Verfassungsgericht genannt hat, hilft, Menschen stärker zu aktivieren und sie in Arbeit zu bringen.
Das ist der Übergang zum Bürgergeld! Verstehen Sie es nicht?)
Die Mitarbeiter der Bundesagentur sagen: Das ist eine Katastrophe. – Ich glaube, daran sollten Sie arbeiten. Sie sollen einmal bitte in die Praxis gehen und mit den Menschen reden.
Was mich in der Debatte ärgert – das hat mich gestern schon bei Ihnen geärgert, Herr Heil –, ist, wenn Sie sagen, wir würden Menschen gegeneinander ausspielen. Das machen wir nicht.
Also, ich weiß jetzt nicht, was Sie mit der Frage wollen. Ich habe in der Debatte sehr genau zugehört. Ich habe aber keine einheitliche Meinung gefunden. Die FDP sagt: Wir brauchen weiterhin Sanktionen. Sie sagen: Wir können die Sanktionen überwinden. – Wenn man alles so macht, wie Sie sich das vorstellen – –
Das hat er gerade gesagt! Er hat gesagt, dass es nur andere Formen der Sanktionen geben wird!)
Was mich in der ganzen Debatte wundert: Wenn man auf die drei Ampelkoalitionäre schaut, dann wird das Bürgergeld aus drei verschiedenen Perspektiven gesehen. Die FDP möchte Hartz IV reformieren, die SPD möchte Hartz IV überwinden, und bei den Grünen weiß man nicht so genau, wie der Hartz‑IV-Ansatz gesehen wird.
Haben Sie mir gerade zugehört?)
Das haben Sie in Ihrem Zitat anders dargestellt; das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist wichtig.
Es ist nicht nur Schwarz und Weiß!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist auch der Duktus des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Ich zitiere, Frau Müller-Gemmeke, zwei Punkte aus dem Urteil:
Ich habe auch zitiert! Manchmal ist es nicht nur Schwarz und Weiß!)
Das Zweite, was wir in der täglichen Diskussion haben, ist, dass wir natürlich auch schauen müssen: Wie geht es denn dem Mittelstand in unserem Land und den Menschen, die sehr stark von Inflation betroffen sind, die vielleicht nicht im Armutsbericht stehen, Herr Bsirske, aber die man trotzdem nicht vergessen sollte?
Wir reden heute über Armut, oder?)
– Sie sind jetzt in der Verantwortung.
Ich glaube, es ist die Aufgabe der Opposition, dass wir Ihnen sagen, wie man vielleicht die eine oder andere Weiche anders stellen kann. Armut im Blick zu haben, bringt den Menschen nichts, die mehr Geld brauchen, jeden Tag. Deswegen ist Ihre Aufgabe – das ist ja klar –, diese Schieflage, die wir im Moment haben, auszumerzen.
Was würden Sie denn machen?)
Armut im Blick haben. Das tun Sie als FDP ja – müssen Sie aber auch nicht.
Was würden Sie denn verändern?)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie von der Ampel sind gefordert. Machen Sie Ihre Hausaufgaben! Die Menschen warten jeden Tag darauf.
– Ich habe es Ihnen ja gerade schon gesagt: bei den Energiekosten Steuern senken, beispielsweise die Stromsteuer. Wenn Sie mal schauen, welchen Anteil die Steuern gerade bei den Energiekosten ausmachen, dann sehen Sie: Man sollte hier handeln. Zum anderen: Sie haben die Einkommensteuer angesprochen. Herr Bsirske hat gesagt, dass man die Progression nicht anrühren sollte. Allerdings bringt die Progression mehr Geld für den Finanzminister, was angesichts zusätzlicher Ausgaben wichtig ist. Ich glaube, dass man hier Antworten geben muss.
Aber das hilft halt den Armen nicht, nicht wahr?)
– Ja, geben Sie sie doch. Was schreien Sie eigentlich immer dazwischen?
Ich denke, auf der anderen Seite sollten wir schauen, dass wir vor allem auch für die Menschen in der Mittelschicht Antworten geben, die von den explodierenden Energiekosten betroffen sind.
Ja, welche denn? Welche Antworten?)
auch nicht mehr von dem Geld haben. Ich glaube, das ist vielleicht auch Ihr Problem als Ampel. Man sollte nicht ideologisch Politik machen, sondern ganz konkrete Hilfen für die Menschen schaffen.
Was schlägt denn die CSU vor?)
Das ist eine Politik, die im Moment nicht angemessen ist und die vor allem den Menschen nicht hilft, die es bitter nötig haben.
Die gab es auch schon letztes Jahr!)
Ja, handeln Sie! Ich habe auch von Ihnen keine großen Vorschläge gehört.
Ich habe jetzt auch noch keinen Vorschlag gehört!)
– Also, wenn ich die Zitate der SPD anschaue, dann sehe ich: Wir schaffen Hartz IV ab.
Wir schaffen ein Bürgergeld!)
Bundesminister Habeck und Ihre Ampelkoalition nehmen explizit in Kauf – ich zitiere Ihren Minister –, dass es sozialpolitische „Unwuchten“ geben kann, die man dann irgendwie mal wieder ausgleichen muss. Dieser Ausgleich steht bis heute aus.
Die haben Sie 16 Jahre lang in Kauf genommen, die sozialen Unwuchten! Das haben Sie alles abgelehnt im Ausschuss für Arbeit und Soziales!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, diese Debatte ist der Ernsthaftigkeit des Themas nicht angemessen. Gerade einige Redner der Ampelkoalition sollten sich, glaube ich, im Ton ein klein bissel mäßigen.
Wie bitte? Das sagen Sie zur Ampelkoalition?)
Der bisherige Rechtsrahmen reicht nicht aus, um grenzüberschreitende Umwandlungen gerade auch für Unternehmen rechtssicher auszugestalten. Die Umsetzung ist daher eine wichtige Weichenstellung und eine wichtige Weiterentwicklung; darin waren sich die Experten in der Anhörung einig. Es müssen aber weitere Anpassungen erfolgen. Lücken, beispielsweise bei der Mitbestimmung,
Das ist schon witzig! Darum habt ihr ja in der letzten Legislaturperiode unsere Anträge abgelehnt!)
Ein Wort noch in den verbleibenden Sekunden zum Antrag der Linken. Zu diesem gibt es wenig zu sagen außer: Das Gesetz der Ampel macht das europäische Wirtschaftsleben einfacher und unkomplizierter. Der Antrag der Linksfraktion versucht, diese fortschrittliche Entwicklung durch neue Vorgaben und Richtlinien wieder einzubremsen.
Aber das sind doch die Dinge, die Sie gerade angesprochen hatten! Ich dachte, da soll noch mehr gemacht werden! Das ist jetzt ein Widerspruch!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das steht ganz im Gegensatz zu dem, wie Sie in der Ampel im Moment Ihre Ideologien umsetzen – wir haben es in den letzten Wochen gehört –:
Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren der Ampel, hier müssen wir für Entlastung sorgen; denn gerade Menschen mit niedrigen Einkommen – und vor allem Familien – werden dadurch belastet.
Aber wir haben schon ein bisschen was gemacht! Haben Sie schon mitgekriegt, oder? 100 Milliarden Euro!)
Sie haben kein einziges Wort darüber verloren, wie die Ampel mit dem Tariftreuegesetz umgeht,
Das mache ich jetzt! Wir haben das aufgeteilt!)
Wir müssen uns heute die Frage stellen, wie wir die Sozialpartnerschaft und damit die Tarifautonomie und das Tarifvertragssystem stärken können. Eine Voraussetzung ist, die Sozialpartner zu stärken, die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände. Ich habe zur Vorbereitung einen Aufsatz des früheren DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann gelesen, der die Sozialpartnerschaft heute in drei Welten aufteilt. Die erste Welt sind, so schreibt er, die großen Betriebe der verarbeitenden Industrie im exportorientierten Sektor mit einer sehr hohen Tarifbindung. Die zweite Welt ist eine durch kleinere und mittelständische Unternehmen geprägte Branche des verarbeitenden Gewerbes; hier spielen Flächentarifverträge eine wichtige Rolle, aber zunehmend auch Haustarifverträge. Die dritte Welt der Arbeitsbeziehungen besteht aus vielen kleinen und mittleren Betrieben, die oft inhabergeführt sind. Dazu zählen auch Start-ups und neu auf dem Markt auftretende Dienstleister. Das sollte man in dieser Debatte berücksichtigen. Reiner Hoffmann sagt, dass die Aufteilung in genau diese drei Welten die Ursache dafür ist, dass die Flächentarifbindung in unserem Land abnimmt.
Was ist jetzt die Konsequenz? Das war nur eine Beschreibung! Wie geht’s weiter?)
Zur Erinnerung: Sozialpartnerschaft bedeutet gegenseitiges Ringen um gute Lösungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Ja, in Form von Tarifverträgen!)
und beim Thema „Grundsicherung bei Erwerbsminderung“. Es stellt sich die Frage, meine sehr geehrten Damen und Herren: Warum ist das so?
Warum ist das so? 16 Jahre!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So ambitioniert die Ampel und der Bundesminister Heil beim Thema „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ waren, so unambitioniert sind sie beim Thema „Grundsicherung im Alter“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben es zumindest hinbekommen,
Sie haben es im Vermittlungsausschuss bürokratisch gemacht!)
– Das hat nichts mit 16 Jahren zu tun. Man könnte sich den Herausforderungen der aktuellen Zeit stellen
Herausforderungen gab es früher auch schon!)
Für uns ist wichtig, dass die Menschen Teilhabe am Arbeitsleben bekommen. Aber es gibt auch viele, die es nicht so schnell schaffen, und auch um die müssen wir uns kümmern.
Genau! Das macht das Bürgergeld!)
Schnelles Handeln, meine sehr geehrten Damen und Herren, schaut anders aus. Aber was erwartet man von einer Koalition?
Wenn man nichts mehr zu reden hat, kann man auch früher aufhören!)
Wir stimmen den Änderungen zu. Das sind ja nur die notwendigen Änderungen.
Weil die Union immer so viel mehr gemacht hat!)
Und wenn Sie mal entscheiden, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann bringt es eher Chaos und Verwirrung, als dass es den Menschen hilft. Ich schaue nur zu den KfW-Förderungen, um ein anderes Beispiel zu nennen. Auch da haben Sie keine Meisterleistung auf den Weg gebracht.
Was hat er jetzt zum Gesetz gesagt?)
Es ist vorher schon angesprochen worden, Herr Kollege Gerdes, dass es Rechtsunsicherheit für die Betriebsräte gab und sie am Ende zum Teil Gehaltskürzungen hatten, und das müssen Sie sich in der Ampel auch vorhalten lassen.
Da kommt man nicht umhin, wieder „16 Jahre“ zu sagen! Warum haben Sie das nie geändert?)
Ich glaube, Sie sollten es mit Ihrer Verdrehung der Tatsachen mal sein lassen und nicht in der Öffentlichkeit Dinge anders darstellen, als sie wirklich sind.
Ja, das kann man Ihnen auch mal sagen! Sie haben ja keine anderen Themen mehr!)
Kümmern Sie sich mal um die wichtigen Dinge in unserem Land! Kümmern Sie sich darum, dass die Sozialpartnerschaft gestärkt wird, Herr Minister Heil! Auch da sind Sie wieder auf Irrwegen. Wenn Sie jetzt mit dem Tariftreuegesetz um die Ecke kommen, ist das, glaube ich, wieder ein Zeichen dafür, dass Sie nicht Bürokratie abbauen, sondern dass Sie Bürokratie aufbauen.
Wir haben nächste Woche, am 2. Juli 2024, ein Jubiläum: Vor 20 Jahren wurde hier im Deutschen Bundestag die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe beschlossen. Da hat sogar jemand aus Ihren Reihen erkannt, dass es dringender Maßnahmen bedarf, um unseren Arbeitsmarkt zu stärken. Leider ist die Ampelkoalition nicht imstande, das zu tun.
Sie haben immer nur zugestimmt! Keine eigenen Initiativen!)
Frau Kollegin Aeffner, Sie haben gesagt, Ihre Tür steht offen. Dann schließen Sie die Tür heute nicht. Stimmen Sie dem Antrag zu. Das ist das beste Zeichen von Zusammenarbeit hier im Haus.
Herr Merz will doch nichts mehr umsetzen!)
Herr Kollege Beeck, haben Sie den Antrag gelesen?
Also, der Herr Beeck liest so was immer!)
und auch in einer Zeit, in der die Herausforderungen für Familien und im Beruf steigen. Diese Herausforderungen fordern uns in der Politik auf, den Rahmen neu zu setzen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot-Grün und von den Linken, sollten auch Sie verstanden haben. Eltern brauchen Freiräume für Kindererziehung. Pflegende Angehörige brauchen Freiräume, um ihre Angehörigen pflegen zu können.
Freiräume, wenn man am Tag länger arbeitet, oder wie?)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen eine Arbeitszeitregelung, die die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit stärkt, wir wollen Familien entlasten, und wir wollen persönliche Freiheiten erweitern. Unserem Antrag, liebe Kollegen der FDP, vom Februar dieses Jahres haben Sie ja leider nicht zugestimmt. Das ist schade. Wir sind für die Flexibilisierung der Arbeitszeit. Wir wollen aber nicht, dass es zu einem Abbau des Schutzes von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kommt.
Sie merken schon, wie Sie sich widersprechen!)
Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer mehr Eigenverantwortung und die Arbeitgeber mehr Gestaltungsspielraum bekommen.
Was heißt das am Tag? Wie lange?)
sondern von anderer Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Arbeitszeitflexibilisierung ist keine Frage von weniger oder mehr Arbeit,
In unserem Land gilt immer noch die Tarifautonomie. Das haben Sie offenbar vergessen, meine sehr geehrten Damen und Herren vor allem der SPD.
Steht doch im Arbeitszeitgesetz drin!)
Wir sehen eine Chance in der Arbeitszeitflexibilisierung. Das Arbeitszeitgesetz ist der Rahmen für alles andere, was die Arbeitszeit betrifft.
Wie soll es denn genau aussehen?
Deshalb besteht die Notwendigkeit, darüber zu sprechen, wie Arbeitszeitflexibilisierung funktionieren kann, wie man daraus eine Chance ziehen und einen Erfolgsfaktor für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, aber auch für die gesamte Gesellschaft machen kann.
Na, wie soll das denn genau aussehen?)
Wir sind in einem Zeitalter der Digitalisierung, der Globalisierung
Mann, sind die Argumente gerade stark! Richtig inhaltsstark gerade!)
Zwischenrufe von Peter Aumer an Beate Müller-Gemmeke