- Bundestagsanalysen
Zwischenrufe von Heike Baehrens an Tino Sorge
Ich darf Sie an Ihre Ausführungen vom 17. Dezember erinnern, wo Sie wie auch heute gesagt haben, Omikron werde alles übertreffen, was wir in der gesamten Pandemie bisher gesehen haben. Olaf Scholz hat noch im Dezember gesagt, es dürfe bei der Pandemiebekämpfung keine roten Linien geben. Deshalb finde ich es zwar gut, dass Sie an das Parlament verweisen, dass Sie sagen, wir Parlamentarier müssen uns damit beschäftigen. Sie haben dem Parlament, im Ausschuss auch Ihre Parlamentarische Staatssekretärin, sämtliche Unterstützung angeboten. Bloß wirft das, was Sie hier tun, wenn Sie das Parlament so schätzen, die Frage auf: Warum beantworten Sie dann die Fragen der Opposition nicht, lieber Herr Kollege Lauterbach?
Was will die CDU?)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin meinem Vorredner dankbar, dass er wenigstens ein bisschen was inhaltlich zum Haushalt gesagt hat, insbesondere zum Thema Digitalisierung; darüber könnte ich jetzt stundenlang erzählen. Er hat viel Richtiges gesagt. Ich fand es nur schade, dass der Bundesgesundheitsminister hier wieder einmal, ebenso wie in den letzten Monaten, monothematisch unterwegs war, das heißt, nur das Thema Corona adressiert hat.
Stimmt ja gar nicht! Sie haben nicht zugehört!)
Er hat die Frage überhaupt nicht beantwortet. Ich kann Ihnen das nicht ersparen. Wir alle bekommen massiv Briefe, in denen uns Pflegefachkräfte fragen: Warum bekommt die eine Pflegefachkraft den Bonus und die andere nicht, obwohl sie alle in der Coronapandemie nebeneinander am Bett Patienten gepflegt haben?
Das wissen Sie genau!)
Ich will Ihnen mal vorlesen – denn hier wird immer so getan, als sei das nicht so –, was Mitarbeiter/-innen dazu sagen. Die sagen, dass dieser Bonus, diese Sonderzahlung für Kolleginnen und Kollegen, die auf der gleichen Station arbeiten, unterschiedlich gewährt wird; einmal wird er gewährt, einmal gar nicht. Der Grund bleibe für sie völlig undurchsichtig. Was hier abgeht, ist ein Skandal und ein Tritt für alle Mitarbeiter im Gesundheitswesen, die in den vergangenen zwei Jahren bis auf die Knochen alles gegeben haben. – Das sagen Pflegefachkräfte, Herr Minister.
Kurzintervention? Vorlesen von Stellungnahmen!)
Wir haben hier ein Riesenproblem. Wir haben ein Problem, das Tausende von Menschen im Land wirklich umtreibt, das Kliniken umtreibt, das Einrichtungen umtreibt, worüber wirklich seit Monaten alle sprechen und worüber Sie kein Wort verloren haben. Es ist quasi der Elefant, der hier im Raum steht, oder das Mammut im Plenarsaal: Es geht um die Energiehilfen. Wir haben Kliniken, wir haben Einrichtungen, wir haben Pflegeinstitutionen, die auf diese Energiepreishilfen, auf den Inflationsausgleich warten.
Das ist nicht das Thema heute!)
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich darauf hinweisen: Dieses Gesetz wird diesem Anspruch überhaupt nicht gerecht. Das ist das, was wir kritisieren; das ist auch das, was Sie kritisieren. Insofern sind wir uns ja in der Opposition einig,
Oh! Was ganz Neues!)
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns doch an diesem System arbeiten! Es ist ja im Grunde das Skurrile, dass der Vater der Fallpauschalen, also derjenige, der sie mitentwickelt hat – Rot-Grün hat diese Fallpauschalen ins Leben gerufen –, sich jetzt hinstellt und sagt: Na ja, ist dumm gelaufen. Das ist nicht mehr in Ordnung. Wir machen was Neues. – Insofern: Sagen Sie, was Sie Neues machen wollen, arbeiten Sie mit uns daran, dass wir nachjustieren, dass wir mit höheren Vorhaltekosten arbeiten, dass wir Fallpauschalen, die nicht auskömmlich sind, vielleicht auch nachjustieren.
Haben wir doch!)
Aber Sie haben gesagt, die „Geiz ist geil“-Mentalität habe zu diesem Problem geführt. Genau das habe ich gesagt, und ich kann Ihnen auch erklären, was damit gemeint ist.
Ist das eine persönliche Erklärung?)
Das, was jetzt passiert, ist im Grunde nichts anderes als Arbeitsverweigerung, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel.
Nee! Das, was wir jetzt haben, ist das Ergebnis der Vergangenheit!
– Und wenn Sie sagen, das sei das Ergebnis der Vergangenheit – das ist ja immer ein beliebtes Spiel von Ihnen: immer dann, wenn Kritik kommt, wird das von Ihnen als Majestätsbeleidigung aufgenommen –, dann will ich, liebe Frau Kollegin Baehrens, nur ein kleines Beispiel zur Erinnerung erwähnen:
Das haben Sie wieder herausgefordert!)
Es war in diesem Sommer nicht etwa Deutschland, das eine EU-Initiative gegen Medikamentenengpässe vorangetrieben hat. Wir haben den Minister monatelang getrieben, haben gesagt: Geht doch auf europäischer Ebene endlich voran, und macht etwas gegen Arzneimittelengpässe! Der Arzneimitteldialog ist nicht ins Leben gerufen worden.
Wir haben das Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz beschlossen!)
Auf europäischer Ebene – ich erinnere daran – war es Belgien, das kleine Land Belgien, das sich federführend an der Spitze von 19 Staaten für einen Critical Medicines Act eingesetzt hat. Aus Berlin war dazu nichts, aber auch gar nichts zu hören.
Nein, das stimmt nicht!)
Wir haben mit diesem Antrag 21 konkrete Vorschläge vorgelegt, wie wir die Medikamentenversorgung absichern würden, und darin festgehalten, was sich machen lässt. Wir wollen Apotheken bestmöglich unterstützen. Wir wollen den Dialog mit allen Beteiligten verbessern. Wir wollen mit Blick auf die Informationslage Bürokratie abbauen.
Wollen wir machen!)
Wir haben mit diesem Antrag konkrete Ideen vorgelegt. Stoppen Sie sinnlose Nullretaxation!
Haben wir abgeschafft!)
Erhöhen Sie das Apotheken-Fixum! Nehmen Sie Ihre Führungsrolle ein! Regieren Sie endlich und jammern Sie nicht!
Wir handeln! Sie jammern!)
Ich hatte heute das Vergnügen, in einem Podium zu sitzen. Da musste ich mich nur zurücklehnen und zuschauen, wie sich die Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Ampel gestritten haben.
Da hat sich jemand anderer blamiert!)
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Bundesgesundheitsminister, sehen Sie es mir nach, aber wir haben gerade den Vorwurf der „Märchenstunde“ gehört. Die Märchenstunde geht hier fröhlich weiter; deshalb will ich noch einmal darauf hinweisen: Selbst Ihr eigener Patientenbeauftragter der Bundesregierung, Herr Schwartze, der bei Ihnen im Bundesgesundheitsministerium angesiedelt ist, hat erst vor Kurzem gesagt, dass die UPD in neuer Form, so wie Sie sie gerade darstellen, frühestens im Juni oder Juli ins Laufen kommen wird. Jetzt stellen Sie sich wieder hierhin – Stichwort „Märchenstunde“ – und behaupten, im Mai würde diese UPD ins Laufen kommen.
So ist es auch! Sie sind hier im Märchenbereich unterwegs!)
Jetzt ist es fast Mitte des Jahres 2024. Die UPD liegt in Scherben. Die UPD arbeitet nicht; die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die UPD verlassen. Es gibt nicht einmal eine Telefonhotline. Können Sie uns mal erklären, in welcher Zeitrechnung Sie unterwegs sind und warum Sie die Unabhängige Patientenberatung sehenden Auges gegen die Wand fahren ließen?
Völlig unterirdisch!)
Woran dieser ganze Gesetzentwurf krankt, ist, dass er zum einen total entkernt ist; denn all das, was hier so adressiert wird und bei dem so getan wird, als würde es kommen, steht überhaupt nicht im Entwurf drin. Zum anderen wird auch zum Thema Finanzierung überhaupt nichts gesagt.
Wo ist denn Ihr Vorschlag zur Finanzierung?)
Vor allen Dingen: Haben Sie überhaupt einen Zeitplan, den Sie uns hier nennen können, wann es denn konkrete Vorschläge zu diesen strukturellen Verbesserungen in der Pflegeversicherung gibt,
Dazu hätten Sie ja jetzt eben hier reden können! Aber von Ihnen kam ja nichts!)
Zweiter Punkt. Ich habe ganz bewusst gesagt: Wir haben damals schon einen Notfallreformentwurf auf den Weg gebracht. Wir haben damals mit den Kolleginnen und Kollegen der SPD und insbesondere mit Karl Lauterbach als federführendem Gesundheitspolitiker der letzten acht Jahre zusammengearbeitet. Es gab dann Abstimmungsbedarf mit den Ländern. Das hat nicht funktioniert. Deshalb sage ich auch ganz offen: Wir müssen bei einer solchen Reform auch diejenigen, die es betrifft, mitnehmen. Wir haben heute Morgen im Gesundheitsausschuss über die Krankenhausreform gesprochen. Für diese wurde gestern um 13 Uhr – parallel zur Obleuterunde – eine angebliche Einigung verkündet. Und dann wundert man sich, wenn alle anderen, die es betrifft, sagen: Wir sind gar nicht einbezogen worden. – Das funktioniert nicht. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es ist schon ein bisschen schade, dass hier seitens der Ampel solche Schaufensterfragen gestellt werden.
Man muss ja wohl über Erkenntnisse berichten können!
Lieber Andrew Ullmann, ich könnte jetzt sagen: Auf rhetorische Fragen muss man nicht antworten.
Ich bin auf den Erkenntnisgewinn gespannt!)
Man weiß noch gar nicht, welches Krankenhaus erhalten bleibt, und will jetzt schon Standorte für Integrierte Notfallzentren festlegen. Das ist im Grunde der zweite Schritt vor dem ersten. Das sollten Sie noch mal überdenken, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Das ist falsch! Eben haben Sie kritisiert, dass der erste Schritt jetzt kommt!)
Wenn Sie vorhin zugehört hätten, hätten Sie mitbekommen, dass ich gesagt habe: Uns geht es nicht um das Ob, sondern um das Wie. Bei der Frage Krankenhausreform versus Notfallreform geht es nicht um ein Gegeneinander, sondern ich habe angemerkt, dass es sinnvoll ist, wenn man so eine Reform macht, dies miteinander zu verzahnen. Die Notfallreform hätte man also bei der Krankenhausreform – hätte man im BMG nicht so lange geschlafen – schon gleich mitstrukturieren können.
Heute Morgen hat er kritisiert, dass es zu schnell geht!)
Natürlich, das ist die erste Lesung.
Es hört sich immer gut an und ist gut gemeint, eine Notfallversorgung 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche zu fordern. – Ja, das wollen wir auch. Aber es ergibt angesichts der vorhandenen Ressourcen an Pflegekräften und Medizinern überhaupt keinen Sinn, den Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst, die Notaufnahmen und die Rettungsdienste parallel laufen zu lassen. Deshalb: Nehmen Sie die Hinweise ernst, Notfallreform und Krankenhausreform besser miteinander zu verzahnen! Sprechen Sie vor allen Dingen auch mit den Ländern! Sprechen Sie mit den Kommunen, die ja teilweise schon viele sehr gute Notfallversorgungsmechanismen vor Ort etabliert haben. Schütten Sie nicht das Kind mit dem Bade aus, indem Sie jetzt formal etwas umsetzen, aber nicht auf die Argumente derjenigen hören, die Verbesserungsbedarf sehen.
Was ist denn das für ein Unsinn? Das ist die erste Lesung, und wir diskutieren miteinander!)
– Frau Baehrens, ich gebe Ihnen doch recht.
Einfach mal zur Sache!)
– die für Verunsicherung sorgen. Deshalb gehen Sie auch an das Bürgergeld ran!
Was hat denn das jetzt damit zu tun?)
Dann ist schon vielen Menschen in der Pflege geholfen.
Das war kein Beitrag zur Zukunft der Pflege!)
Unverantwortlich diese Forderung!
Zwischenrufe von Tino Sorge an Heike Baehrens
Liebe Frau Zeulner, ich bin erst mal erschüttert, dass Sie in der vorigen Debatte gesagt haben, diese Ampelkoalition würde das Volk in Geiselhaft halten. Das, muss ich sagen, hat mich tief erschüttert,
Können Sie auf die Frage antworten?)
Auch wer gegen die Impfpflicht war, muss jetzt alles tun, um Menschen von der Impfung zu überzeugen; denn sie schützt wirkungsvoll vor schwerer Erkrankung und trägt wesentlich zum Schutz der Gesamtgemeinschaft bei. – Da habe ich Sie offensichtlich getroffen; das ist okay.
Da ist es schon schlimm, Herr Sorge, was Sie eben gesagt haben. Denn der zentrale Bremsklotz dieser Impfpflicht war die CDU/CSU-Fraktion.
Nein, das war, weil die Regierung nicht in der Lage war, einen Gesetzentwurf einzubringen! Akzeptieren Sie endlich einmal die Mehrheit im Bundestag, die gegen Ihre allgemeine Impfpflicht war!)
Da muss ich doch noch mal auf das eingehen, was der Gesundheitsminister aus Bayern vorhin hier gesagt hat.
Guter Mann!)
Wie viel Personal es auf den verschiedenen Stationen eines Krankenhauses konkret braucht, das genau wird mit dem Verfahren nun ermittelt, und zwar vom Pflegefachpersonal selbst. Es sind die Praktiker/-innen, die uns davon überzeugt haben, dass mit der PPR 2.0 ein bürokratiearmes Instrument zum Einsatz kommt, das an die vertrauten Pflegepersonalrichtlinien von früher anknüpft und deshalb einfach umzusetzen ist. Und deshalb, Herr Sorge, stimmt es nicht, dass dieses Gesetz die Beschäftigten belastet. Nein, es entlastet.
Das sehen die aber anders!)
Wen meinen Sie da eigentlich? Höre ich da vielleicht Selbstkritik raus? Wohl kaum. Und ich sage Ihnen: Ich fühlte mich bei solchen Sprüchen eher an ein Managementkonzept erinnert, vor dem man jede Führungskraft nur warnen kann. „Management by Nilpferd“ heißt das: mal kurz auftauchen, Maul aufreißen und dann wieder abtauchen. – So kann man kein Unternehmen führen, und ich sage Ihnen: So funktioniert auch Politik nicht.
Das ist aber eine Diskriminierung des Nilpferds! Und eine kulturelle Aneignung! Mein Lieblingstier ist übrigens der Elefant!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Schluss mit dem Schneckentempo, jetzt wird durchgestartet!
Welchen Kasper haben Sie denn gefrühstückt?)
Wir erkennen die Realität an
Das wäre in der Ampel das erste Mal!)
Alle, die sich hier heute wutschnaubend an dieser Debatte beteiligen, frage ich: Warum haben Sie sich eigentlich damit zufriedengegeben, einfach nur zu verbieten? Warum glauben Sie noch immer, dass Bestrafen reichen würde?
Das glaubt doch niemand! Das will doch auch niemand!)
Liebe Frau Stöcker, ich möchte Ihnen für die Zukunft als Oberbürgermeisterin in Weil am Rhein alles, alles Gute und viel Erfolg wünschen. Aber ich gebe Ihnen jetzt noch ein Päckchen mit auf den Weg: Prävention und Gesundheitsförderung müssen ansetzen, wo junge und alte Menschen leben, arbeiten, ihren Alltag gestalten,
Sehr gut! Endlich zitiert mal jemand aus unserem Antrag!
Pandemiekosten. Wären alle Tests, Schutzmaterialien und Vorsorgemaßnahmen – auch in der Regierungszeit von Spahn –
Und Lauterbach!)
Wer auf Dauer ein stabiles Fundament für die Pflegeversicherung schaffen will, muss dafür sorgen, dass die Pflegeversicherung auf den Kern ihres Auftrags zurückgeführt wird. Und das heißt: Alles, was nicht originär Aufgabe der Pflegeversicherung ist, muss aus anderen Quellen finanziert werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In bayerischer Selbstherrlichkeit hat sich Bayern von Anfang an völlig gesträubt gegen diese Reform.
Oh! Da ist aber jemand getroffen!)
Genau! Gleichschalten! Durchschalten! Durchstarten!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, anstatt diesen großen Kraftakt, den wir geleistet haben, anzuerkennen und mit dafür zu sorgen, dass die Krankenhäuser in unserem Land eine gute Zukunft bekommen, läuten Sie hier heute den Wahlkampf ein und machen aus rein parteitaktischen Gründen Stimmung gegen dieses Gesetz,
Ja, genau! Wenn Leute anderer Meinung sind, dann ist das Wahlkampf!)
Das ist eine gute Nachricht für unsere Patientinnen und Patienten, die einen Anspruch haben auf eine gute und sichere Versorgung im ganzen Land; denn ein Weiter-so darf es nicht geben. Viele Krankenhäuser suchen händeringend nach guten Fachkräften, viele sind in wirtschaftlicher Not und warten auf die finanzielle Stabilisierung, die wir mit diesem Gesetz auf den Weg bringen.
Völlige Realitätsverkennung!)