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Beifall:
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Grunde ist das,
was im Gesetz steht, ja wirklich viele Debatten wert, sehr viele Debatten sogar.
Aber ich will genau das machen, was der Minister auch gemacht hat: Ich will über
das reden – das ist sehr interessant –, was eben nicht im Gesetz steht. Das
haben Sie, lieber Herr Minister, genau gemacht: nämlich darüber zu reden, was
nicht im Gesetz steht.
Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ates Gürpinar [DIE
LINKE])
Wir haben hier ein Riesenproblem. Wir haben ein Problem, das Tausende
von Menschen im Land wirklich umtreibt, das Kliniken umtreibt, das Einrichtungen
umtreibt, worüber wirklich seit Monaten alle sprechen und worüber Sie kein Wort
verloren haben. Es ist quasi der Elefant, der hier im Raum steht, oder das
Mammut im Plenarsaal: Es geht um die Energiehilfen. Wir haben Kliniken, wir
haben Einrichtungen, wir haben Pflegeinstitutionen, die auf diese
Energiepreishilfen, auf den Inflationsausgleich warten.
Beifall bei der CDU/CSU
Das ist nicht das Thema
heute!)
Die wissen nicht, wie sie jetzt im Dezember die Löhne bezahlen sollen.
Die wissen nicht, wie sie das Weihnachtsgeld bezahlen sollen. Kein Wort davon,
wie das bezahlt wird! Da hätten wir mehr erwartet, liebe Kolleginnen und
Kollegen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Jetzt will ich auch auf das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz
eingehen.
Ja, hol mal lieber dein
Manuskript raus!)
Es ist ja schön und gut, wenn Sie sagen, Sie wollen mit diesem
Krankenhauspflegeentlastungsgesetz die Pflege entlasten, auch in den Häusern.
Das Problem ist nur: Sie tun genau das Gegenteil. Es ist ein
Krankenhauspflegebelastungsgesetz. Und ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und
Kollegen, auch, warum. Dieses Gesetz wird die Krankenhäuser nicht entlasten. Das
Gesetz bringt vor allem Unklarheit und neue Belastungen. Ich mache Ihnen das
auch ganz konkret an Beispielen fest:
Beispiel eins, Pflegepersonalbemessung, Personalbedarfsermittlung. Das
klingt ja alles ganz gut.
Habt ihr ja alles nicht
hingekriegt!)
Aber erstens. Es kommt im Jahr 2025 viel zu spät.
Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Das muss in die „heute-show“!)
Zweitens. Genau mit diesen starren Pflegepersonalbemessungskriterien
setzen Sie neue Daumenschrauben an, neue Daumenschrauben für die Kolleginnen und
Kollegen, die in der Pflege arbeiten – also im Grunde nichts, was vor Ort hilft,
liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der CDU/CSU
Ihr
Gesichtsausdruck spricht Bände!)
Beispiel zwei, die Tagesbehandlung. Das hört sich natürlich alles sehr
romantisch an, wenn man sagt: Wir machen jetzt Tagesbehandlungen. – Dann kann
man als Patient nach der Behandlung abends nach Hause gehen, was man ja erst mal
gar nicht schlecht findet. Aber die Fragen, die damit zusammenhängen, also die
Frage der Haftung, die Frage der Umsetzung, die Frage der Mobilität – was ist
mit Patientinnen und Patienten, die zu Hause Komplikationen haben? –, sind
überhaupt nicht geklärt. Das ist genau das, was Ihnen die Krankenhäuser und was
Ihnen die Einrichtungen sagen. Kein Wort darüber im Gesetz!
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Beispiel drei. Das ist ja das Bemerkenswerte: Der Minister hat sich
hier wieder hingestellt und hat gesagt, er wolle das DRG, das System der
Fallpauschalen, überwinden. Dann hätte ich mir zumindest gewünscht, dass er hier
ganz konkret sagt, wie die Alternative aussieht. Das hat er nicht getan.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns doch an diesem
System arbeiten! Es ist ja im Grunde das Skurrile, dass der Vater der
Fallpauschalen, also derjenige, der sie mitentwickelt hat – Rot-Grün hat diese
Fallpauschalen ins Leben gerufen –, sich jetzt hinstellt und sagt: Na ja, ist
dumm gelaufen. Das ist nicht mehr in Ordnung. Wir machen was Neues. – Insofern:
Sagen Sie, was Sie Neues machen wollen, arbeiten Sie mit uns daran, dass wir
nachjustieren, dass wir mit höheren Vorhaltekosten arbeiten, dass wir
Fallpauschalen, die nicht auskömmlich sind, vielleicht auch nachjustieren.
Oder sagen Sie, welche Alternative Sie möchten. Aber nein, Sie haben
keinen Plan A, Sie haben keinen Plan B, und das, was hier vorgestellt wird, ist
überhaupt nichts.
Beifall bei der CDU/CSU
Machen Sie doch mal
Vorschläge!)
Unterm Strich ist dieses Gesetz kein Krankenhausentlastungsgesetz, es
ist ein Krankenhausbelastungsgesetz. Wir werden diesem Gesetz deshalb nicht
zustimmen.
Kollege, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin
Vogler?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie
meine Frage bzw. Zwischenbemerkung zulassen.
Zum einen frage ich mich ja, welcher Prinz das Dornröschen Union bei
der Umsetzung der PPR 2.0 wachgeküsst hat
Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und
der FDP)
und warum Sie in den letzten Jahren an dieser Stelle geschlafen haben;
denn das Instrument ist ja schon vor langer Zeit entwickelt worden, und wir als
Linke haben immer wieder darauf gedrängt, es möglichst schnell umzusetzen, um
die Beschäftigten in den Krankenhäusern zu entlasten und die Patientinnen und
Patienten besser zu versorgen.
Als Zweites möchte ich einen Punkt ansprechen, den Sie in Ihrer Rede
noch nicht angesprochen haben, und das ist dieses fatale Einvernehmen, das
seitens des Gesundheitsministeriums mit dem Finanzministerium hergestellt werden
muss, um das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz in den Krankenhäusern überhaupt
umzusetzen. Denn allen ist klar: Das wird Geld erfordern. Wenn aber Herr Lindner
da sozusagen auf der Leitung steht, wird es schwer sein, dieses Geld
zuzuführen.
Wir haben das als Linke sehr früh kritisiert und schon vor vier Wochen
einen entsprechenden Änderungsantrag in den Ausschuss eingebracht. Dem hätten
Sie ja zustimmen können. Denn überraschenderweise ging uns am Dienstagnachmittag
um 15.15 Uhr, also nicht einmal 24 Stunden vor der Ausschusssitzung, ein
gleichlautender Änderungsantrag der Unionsfraktion zu, dem wir natürlich
zugestimmt haben. Aber warum haben Sie den überhaupt eingebracht? Sie hätten
doch einfach dem Änderungsantrag, den Die Linke im Ausschuss eingebracht hat,
zustimmen können;
Beifall bei der LINKEN)
dann hätten wir das gemeinsam voranbringen können. Da hätten Sie sich
die Mühe dieses Plagiats überhaupt nicht zu machen brauchen.
Beifall bei der LINKEN
Wo sie recht
hat, hat sie recht!)
Liebe Frau Kollegin Vogler, vielen Dank für die Frage. – Das gibt
mir die Möglichkeit, darauf hinzuweisen, dass unser Antrag nicht nur besser
war,
Lachen bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN
Sagen Sie den
Unterschied mal bitte!)
sondern dass er auch weitergehend war. Deshalb haben wir einen eigenen
Antrag gestellt und diesem natürlich auch zugestimmt.
Das gibt mir auch die Möglichkeit, noch mal darauf hinzuweisen, dass
Oppositionsarbeit wirkt, auch Oppositionsarbeit von Ihnen. Wenn ich da
beispielsweise an die Hebammen denke: Wir haben ja bei den Hebammen das Problem
gehabt, dass ihre Bezahlung eben aus dem Pflegebudget ausgegliedert werden
sollte. Insofern haben wir da Anträge gestellt; da haben wir auch ständig Rabatz
gemacht. Darum hat sich die Kollegin Emmi Zeulner aus meiner Fraktion
federführend gekümmert, und es hat ja auch gewirkt. Ich weiß jetzt nicht, ob es
an den 1,6 Millionen Menschen, die eine Petition unterschrieben haben, gelegen
hat oder an unseren Anträgen. Man sieht: Opposition wirkt.
Weil Sie hier im Märchenduktus sprechen: Ich meine, wir hätten uns
auch gewünscht, dass der Frosch, der ständig geküsst wird – ob das jetzt
Christian Lindner oder wer auch immer ist –, mal zu einem Froschkönig oder zu
einem Prinzen wird; aber es ist leider nicht passiert.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich darauf hinweisen:
Dieses Gesetz wird diesem Anspruch überhaupt nicht gerecht. Das ist das, was wir
kritisieren; das ist auch das, was Sie kritisieren. Insofern sind wir uns ja in
der Opposition einig,
genauso wie mit den meisten Akteuren im System. Diese Kritik kommt
nicht nur von uns als Opposition, sondern diese Kritik kommt ja von nahezu allen
Akteuren: Das sind die Kliniken, das sind die Pflegeeinrichtungen, das sind
viele andere Einrichtungen. Nehmen Sie diese Kritik ernst! Wischen Sie die nicht
vom Tisch, und arbeiten Sie konstruktiv mit uns an Lösungen, liebe Kolleginnen
und Kollegen!
Beifall bei der CDU/CSU)
Da wir ja am Sonntag den zweiten Advent haben, will ich nur noch mal
darauf hinweisen: Das lateinische Wort „adventus“ bedeutet „Ankunft“. In diesem
Sinne erwarten wir als Union die Ankunft Ihrer Gesetze, liebe Kolleginnen und
Kollegen der Ampel, aber Gesetze, die echte Entlastung für die Kliniken, die
echte Entlastung für das Pflegepersonal bringen.
Also: Bleiben Sie am Ball! Schlagen Sie was vor, sonst brennt hier
nämlich bald der Baum! Und das will keiner.
Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Dr. Janosch Dahmen
das Wort.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und
der FDP)