- Bundestagsanalysen
Zwischenrufe von Julia Klöckner an Maik Außendorf
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf Antrag der Union debattieren wir heute über CETA, das kanadisch-europäische Handelsabkommen, und den nordatlantischen Handelsraum. Die Union fordert eine überhastete Ratifizierung.
Nach fünf Jahren! So überhastet!)
Für uns Grüne gehörten gemeinsame Werte, Menschenrechtsfragen sowie ökologische und soziale Aspekte schon immer zu den Grundpfeilern der Außenhandelspolitik – für uns ein unabdingbarer Selbstzweck. Jetzt wird angesichts des Angriffskriegs Russlands vielen Kritikerinnen und Kritikern klar: Das war und ist der richtige Ansatz; denn Handelsbeziehungen mit Wertepartnern und dem gemeinsamen Interesse am Klimaschutz führen zu besonders verlässlichen und stabilen Handelsbeziehungen, auf die wir uns auch in Krisen- und Kriegssituationen verlassen können.
Ja, das ist jetzt zu konkret!)
und können das nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in der handelspolitischen Agenda.
Können Sie uns nie mitteilen im Ausschuss!)
Sie von der GroKo haben das ja noch beschlossen, und Sie haben dann erstaunlicherweise kurz vor der Jahreswende, bevor das Gesetz in Kraft treten sollte,
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch mal auf das Lieferkettengesetz eingehen. Es wird ja oft angeführt als angebliches Bürokratiemonster.
Ja! Das ist es auch!)
Ich möchte ein paar Punkte nennen: Wir haben hier in der letzten Sitzungswoche über das ZIM debattiert, das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand. Es enthält viele Mittel – wir als Bundesregierung haben sie verstetigt und angehoben –, die ganz speziell auf die Zukunftsfähigkeit des Mittelstandes zielen. Wir haben eine Fachkräftestrategie vorgelegt; der Fachkräftemangel ist aktuell eines der größten Probleme. Neben Aus- und Weiterbildung, einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind hier eine vereinfachte Einwanderung und das Chancen-Aufenthaltsrecht zentrale Bausteine. Die Wirtschaft dankt es. Und in Richtung Union sage ich: Es war für mich sehr irritierend, dass wir hier gesehen haben, dass Herr Merz und die Mehrheit der Union ideologisch gegen die Interessen der Wirtschaft gestimmt haben.
Ach wie witzig!)
Aber, Frau Klöckner, wenn Sie Beispiele anbringen – da hat Herr Houben ganz recht –, dann sollten Sie sich doch auch mit den Hintergründen beschäftigen. Sie haben ja hier zu Recht das Onlinezugangsgesetz angesprochen; das wäre ja, wenn es funktioniert hätte, ein Superinstrument gewesen, um weite Teile der Bürokratie zu reduzieren. Es ist auch beschämend, wie der Umsetzungsgrad ist. Aber gerade gestern wurde der Bericht des Bundesrechnungshofs zum Onlinezugangsgesetz in der Presse diskutiert. Die Zusammenfassung ist, dass die wesentlichen Versäumnisse in der Anfangszeit, in den Jahren 2017 bis 2020, stattfanden.
Deshalb keine Frist mehr? Und Sie streichen die Fristen!)
Da hat nämlich das Innenministerium versäumt, die Grundlagen zu setzen, Standards zu definieren, Schnittstellen zu definieren. Und der Minister zu dieser Zeit war Horst Seehofer.
Und Sie streichen die Fristen!
Ich komme zum Schluss. Moderne Handelsabkommen bieten erhebliche Chancen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit bei erneuerbaren Energien, bei Rohstoffen, bei der Diversifizierung und beim Umweltschutz. Diese wollen wir nutzen und, wie in der Koalition vereinbart, durch verbindlichen Waldschutz ergänzen. Es braucht deshalb ein eigenständiges Waldschutzkapitel oder eine Neufassung der Zusatzvereinbarung
Ja, ganz neu verhandeln! Noch mal 20 Jahre!)
Auf der anderen Seite wurde von der AfD gesagt, wir würden weite Teile der Wirtschaft benachteiligen. Es geht ja darum, diejenigen in der Wirtschaft nicht mehr mit den Kreditabsicherungen zu subventionieren, die Kohle- und Ölförderprojekte starten,
Geil! Die wir importieren!
Es geht ja nicht nur um die eigene Strategie; wir müssen auch mal gucken, was denn international passiert. Es gibt internationale Verpflichtungen – auch ein Umstand, den die Union gerne mal ignoriert, genauso wie Sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ignorieren, das uns vorgibt, effektiven Klimaschutz zu betreiben, um die Lebensgrundlagen und die Freiheit zukünftiger Generationen zu sichern.
Sie schleifen doch das Klimaschutzgesetz!)
und das betrifft 3 Prozent des Volumens. Das ist also ein ganz kleiner Teil. Diesem Teil wollen wir die Kreditabsicherung erschweren. Wir wollen es gar nicht verbieten; wir wollen nur die Kreditabsicherung – das ist eine Subvention – erschweren. Das ist genau das, was diese Sektorleitlinien tun: zukunftsfähige Wirtschaft stärken. Etwa 17 Prozent betrifft das. Für 80 Prozent ändert sich gar nichts; für die bleibt alles so, wie es ist. Auch was heute im Ausschuss irgendwo behauptet wurde – da würden keine Dieselbagger mehr exportiert werden können –, ist totaler Quatsch; auch für sie wird man weiterhin eine Kreditfinanzierung kriegen.
Irre! Irre! Mein Gott!)
– Gut, dass Sie das mit dem Moralismus noch mal sagen. „Moralingetränkter Zeigefinger“ und „Neokolonialismus“, haben Sie gesagt. Ich war in Brasilien und habe da mit Vertretern von indigenen Völkern gesprochen. Die leiden seit Jahrhunderten unter fortgesetztem Kolonialismus.
Ja, genau, und Sie lösen das!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte hat ja zumindest schon mal eines gezeigt: Es besteht noch Hoffnung für die Union, aus den 90er-Jahren herauszukommen.
Wenn Sie weiter so fleißig Videostreams vom Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen schauen, dann besteht noch Hoffnung. Darüber freue ich mich.
Die Leute fanden es ja ganz gut, glaube ich!
Frau Klöckner, Sie wurden ja schon mehrfach zitiert: Sie haben 2019 sehr berechtigte Bedenken an dem Abkommen geäußert, nämlich die, dass der Druck auf die Landwirtschaft zulasten des Waldes geht. Dann möchte ich Sie aber mal fragen: War das der Grund, warum Sie zwei Jahre lang nichts gemacht haben? Sie hätten ja das Abkommen und die Ratifizierung vorantreiben können, haben es aber nicht getan. Die Antwort kann ich Ihnen geben: Es liegt in der DNA der Union, Probleme einfach zu ignorieren, wenn sie da sind. Wir – das ist der Unterschied – machen uns daran, sie zu lösen.
Frau Brantner und Herr Habeck sind dabei, Lösungen zu finden, die das Abkommen besser machen.
Das scheint nicht sehr erfolgreich zu sein!)
Das sind nämlich verbindliche Nachhaltigkeitskapitel,
Die verstehen nicht, was die Grünen meinen!)
– Wenn sie nicht erfüllt sind, stimmen wir naturgemäß nicht zu.
Ah! Schauen wir mal!)
Wenn wir es nämlich schaffen, mit Ländern Handelsbeziehungen aufzubauen, die stabil sind, wenn wir aus Verantwortung für die Menschen handeln und Sozialdumping zulasten einheimischer Arbeitnehmer/-innen und Firmen verhindern, dann haben wir es geschafft, ein nachhaltiges Handelsabkommen abzuschließen. Darum geht es.
Darauf hat die Welt gewartet, auf Ihre erhobenen Zeigefinger!)
Anstatt aber darauf aufzusteigen, kommen Sie hier mit einem völlig populistischen Vorschlag von allgemeinen Steuer- und Abgabensenkungen mit ungedeckten Schecks in Höhe von 40 bis 50 Milliarden Euro. Und, Frau Klöckner, wenn Sie anmahnen, dass die Politik kohärent sein soll: Das ist nicht kohärent, das ist sogar unseriös, was Sie da machen.
So ein paar Textbausteine gehen immer noch!)
Interessant ist der internationale Vergleich auch bei anderen Zahlen: Deutschland hat nämlich im G-7-Vergleich die geringste Schuldenquote, aber auch die geringsten öffentlichen Investitionen und die geringste Wachstumsrate. Spätestens da muss es doch Klick machen.
von Platz 4 auf Platz 3, an Japan vorbei.
Ja, weil der Wechselkurs des Yen abgesenkt worden ist! Das hat doch mit Wirtschaft nichts zu tun! Der Wechselkurs des Yen! Leute! Mein Gott! Da wird einem ja immer ängstlicher!
Schon im ersten Satz des Antrags schreiben Sie fälschlicherweise, die Weltwirtschaft würde wachsen und wir Deutschen würden hinterherhinken. Das stimmt ja gar nicht: Wir sind gerade
… an Japan vorbei!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es stimmt: Die wirtschaftliche Lage ist nicht gut. Geringe Wachstumsraten sind ein Problem. Investitionszurückhaltung ist ein Problem. Das muss uns nachdenklich stimmen. Und das tut es auch. Aber, liebe Frau Klöckner, liebe Union, übertriebene Schwarzmalerei und Ausblenden positiver Entwicklungen helfen auch nicht weiter.
Was ist denn übertrieben? Ihr Minister sagt nichts anderes! „Dramatisch schlecht“!)
über Monate hinweg schadet nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der Demokratie; denn das treibt die Wählerinnen und Wähler in die Richtung Rechtsextremer. Dieser Verantwortung müssen Sie sich mal bewusst werden!
Die Rezession ist von der Union herbeigeredet worden!
Zwischenrufe von Maik Außendorf an Julia Klöckner
Der Staat selbst muss sich hingegen in die Pflicht nehmen. Schauen wir uns mal die Verwaltungsleistungen an. Sie müssen endlich konsequent digitalisiert werden. Das birgt erhebliches Entlastungspotenzial für die Wirtschaft. Wie sieht es aus? Ende 2022 war die Digitalisierung von erst 33 von 575 Verwaltungsleistungen flächendeckend umgesetzt.
Wer hat denn das BMI geführt die letzten Jahre?)
Moralisierend haben Sie so getan, als wären wir die Zugführer. Wir sind es nicht. Sie stehen jetzt am Bahnhof und warten auf den Zug. Der ist abgefahren. Sie gehen jetzt bettelnd in die USA.
Wir führen den TTC-Dialog weiter!)
– Ja, das sind die Grünen: „Wir wollen das Abkommen besser machen.“ Sie sind auch per se die Besseren. Sie sitzen moralisch ganz oben, auf einem Hochsitz, aber unter diesem Hochsitz gibt es ganz, ganz viele andere Realitäten in dieser Welt.
Die Klimakrise ist eine Realität!)
– Herr Ebner, wissen Sie, es ist ja immer die gleiche Leier. Sie legen ja immer die gleiche Langspielplatte auf. Und diese Langspielplatte haben wir gerade wieder gehört von einem Grünen-Mitglied. Das haben Sie eben nicht aus TTIP gelernt. Sie legen immer noch eins drauf, auch bei Mercosur. Sie haben die Bedingung gestellt: Wenn sie nicht das tun, was wir uns vorstellen, dann machen wir nicht mit. – Sie haben den Schuss nicht gehört. Wir haben eine Zeitenwende. Und wenn wir nicht mit den Mercosur-Staaten zusammenkommen, den südamerikanischen Ländern, die unsere Werte teilen, mit wem wollen Sie denn überhaupt noch zusammenkommen?
Die wollen ja auch Verbesserungen! Wir wollen das Abkommen besser machen!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage mich: Wo waren die Koalitionäre eigentlich in der Sommerpause?
Ich hätte gerne etwas dazu gehört, wann der Industriestrompreis kommt oder ob er überhaupt nicht kommt.
Jetzt muss man sich mal die Sektorleitlinien anschauen. Dort haben Sie so schöne Farbkategorien eingeführt. Zur „Roten Kategorie“ – also das, was wirklich nicht mehr gefördert wird – zählen „Kohlekraftwerke“ und Projekte, die „in Bezug zu Gewinnung, Aufbereitung, Transport, Lagerung oder Verstromung von Kohle“ stehen. Mehr grüne Doppelmoral geht nicht! Im Jahre 2022 haben wir doppelt so viel Kohle aus Kolumbien importiert als davor. Das ist Doppelmoral:
Das ist eine Übergangsphase!)
fällt Ihnen nichts anderes ein, als unsere Betriebe zu belasten und ihnen zu sagen: Wir legen euch Steine in den Weg!
Jetzt hören Sie mal mit den Fake News auf!
Das sind die Geister, die man rief.
Deswegen wollen wir es ja gerade ändern!)
Nehmen wir die Ansiedlungen von Northvolt, von Intel, von Wolfspeed: Diese tollkühnen Visionen der staatlichen Interventionen, dieser gelenkten Wirtschaftspolitik sind gescheitert. Jetzt fragt man sich nur noch: Wer erklärt es dem Bundeskanzler?
Altmaier hat Northvolt angeleiert! Das haben Sie wohl vergessen!)
Dieses Land ist ein Industrieland, und dieses Land soll Industrieland bleiben. Und wenn es das nicht bleibt, dann müssen wir uns über das Thema der Verteilung des Wohlstands gar nicht mehr unterhalten. Deshalb erwarte ich auch von den Grünen, dass sie sich mit Industriepolitik so auseinandersetzen, dass es nicht Subventionen für einige wenige gibt, sondern bessere Rahmenbedingungen für die gesamte Wirtschaft vom Mittelstand bis zur Großindustrie.
Das erklären wir Ihnen gleich sehr gerne!
– Wieder die Arroganz; das ist klasse! Jetzt kommt von den Grünen: „Das erklären wir Ihnen gleich sehr gerne!“ Wissen Sie was? An der Kognition, am Verstehen, hängt es nicht.
Bei Ihnen aber doch! Sie verstehen es ja nicht!)