- Bundestagsanalysen
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauende! Als späte Rednerin in der Debatte möchte ich noch mal konkret, wie von Ihnen, Frau Connemann, gewünscht, auf die Änderungen zum Strafgesetzbuch eingehen, und, na ja, das wird kein Lobgesang.
Antisemitismus hat in Deutschland keinen Platz. Der Kampf gegen Antisemitismus ist eine zentrale Aufgabe unseres demokratischen Rechtsstaates und der gesamten Gesellschaft. Die Bundesregierung setzt sich mit aller Kraft dafür ein, dass das jüdische Leben in Deutschland weiter gestärkt und gefördert wird. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung am 12. Oktober 2023 noch mal bekräftigt.
Herr Kollege Breilmann, wenn Sie sagen, dass Sie nicht verstehen können, warum wir die Änderungen zum Strafgesetzbuch ablehnen, dann passt es ganz gut, dass wir jetzt mal zusammen einiges durchgehen werden.
Im Hinblick auf den Gesetzentwurf und den Tatbestand der Volksverhetzung kann die Leugnung des Existenzrechts Israels aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht separat geahndet werden. Die vorgeschlagene Regelung wäre als Sondergesetz verfassungswidrig, da hier das Grundrecht der Meinungsfreiheit betroffen ist und ein Eingriff in dieses nur auf der Grundlage eines allgemeinen Gesetzes zulässig ist.
Das sieht Herr Haldenwang anders!)
Ein meinungsbeschränkendes Gesetz ist unzulässiges Sonderrecht, wenn es nicht hinreichend offen gefasst ist
Wie ist das bei der Gehsteigbelästigung?)
und es sich von vornherein nur gegen bestimmte Überzeugungen, Haltungen oder Ideologien richtet. Genau das ist der Fall bei Ihrem Regelungsvorschlag. Deshalb geht es einfach nicht.
Ich verweise insoweit auch noch mal – das können Sie alle nachlesen – auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Wir haben eben noch Gewaltenteilung. Wir können uns am Ende des Tages nicht über Rechtsprechung hinwegsetzen.
Wie ist es dann bei der Gehsteigbelästigung?
Darauf hat sie keine Antwort!)
Entsprechend war auch das Ergebnis in der öffentlichen Sachverständigenanhörung, und auch die ablehnende Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses ist folgerichtig.
§ 130 des Strafgesetzbuches, die Volksverhetzung, ist eine wichtige Strafnorm zum Schutz des friedlichen Zusammenlebens und zum Schutz vor Äußerungen, die Personen aufgrund bestimmter Merkmale in ihrer Menschenwürde verletzen oder herabwürdigen. Als Strafrahmen ist ja jetzt schon eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorgesehen. Wenn Täter darüber hinaus aus antisemitischen Beweggründen oder anderen Zielen heraus handeln, wirkt sich das jetzt schon nach § 46 Strafgesetzbuch strafschärfend aus. Wir haben das Merkmal „antisemitisch“ 2021 ausdrücklich in die Regelung zur Strafzumessung aufgenommen.
Soweit Sie nun wieder fordern, dass wir die Strafbarkeit der Sympathiewerbung wieder einführen –
Genau!)
– ja, genau –,
Gute Sache!)
gab es aber für die Abschaffung gute Gründe. Die Anwendung in der Praxis war nämlich äußerst schwierig, weil die BGH-Rechtsprechung die Norm stark eingeschränkt hat. Und eine generelle Strafbarkeit dieser Sympathiewerbung, so wie Sie sie fordern, ist nach BGH-Rechtsprechung so nicht möglich.
Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt doch gar nicht!)
Ihr Vorschlag zur Erweiterung des Straftatbestandes, was den Landfriedensbruch angeht, ist zudem auch nicht zielführend, da dieser absehbar erhebliche Beweisschwierigkeiten in der Praxis mit sich bringt sowie eine übermäßige Einschränkung der Versammlungsfreiheit auch von friedlichen Versammlungsteilnehmenden.
Eine Ausrede nach der anderen!)
Darüber hinaus würden selbst Zuschauerinnen und Zuschauer bei diesen Versammlungen ins Visier der Strafverfolgungsbehörden gelangen, und das gilt es eben tunlichst zu vermeiden. Ich verstehe die Motivation hinter Ihren vorgeschlagenen Änderungen; die teilen wir auch. Aber wir sind immer noch an Recht und Gesetz gebunden.
Zusammenfassend: Ihre Vorschläge sind nicht geeignet. Strafbarkeitslücken bei antisemitischen Straftaten darf es natürlich nicht geben. Deshalb prüfen Bund und Länder derzeit die Anwendungspraxis des Strafgesetzbuches auf Strafbarkeitslücken bei der Bekämpfung
Wo sind denn Ihre Vorschläge?)
von antisemitischen und anderen rechtsextremen Straftaten.
Kommen Sie zum Schluss bitte.
Das Ergebnis bleibt jetzt abzuwarten.
Ausreden! Ausreden! Ausreden!)
Vor diesem Hintergrund lehnen wir den Gesetzentwurf ab.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)