- Bundestagsanalysen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was wir heute hier diskutieren, ist nur bei uns in der Europäischen Union möglich, nämlich die Wahl eines gemeinsamen Parlamentes – supranational, getragen vom nationalen wie vom europäischen Recht. Weil das so etwas Besonderes ist und weil viele in der Welt auf dieses europäische Modell schauen, sollten wir das auch entsprechend hier diskutieren und genau dieser Bedeutung gerecht werden. Das macht die Ampel mit diesem Vorschlag.
Beifall bei der SPD und der FDP)
Beim Wahlrecht gehört natürlich auch dazu, dass wir uns im Gang der Gesetzgebung und der weiteren Beratung bemühen, dass auch noch CDU/CSU und Linke zustimmen; denn das Wahlrecht braucht in Europa eine ganz, ganz besondere Akzeptanz, die sowohl über Länder- als auch über Parteigrenzen hinweggeht.
Nicht nur in Europa!)
– Nicht nur in Europa. Danke schön, lieber Gunther. Du kennst meine Haltung dazu. Du bist also bei mir beim Richtigen.
Wir sind aber auch in einer Situation, wo es um unsere Selbstverpflichtung geht. Nämlich: Nehmen wir in unseren eigenen Parteifamilien das ernst, was wir europäisch wollen? Das heißt, werden wir bei der nächsten Direktwahl des Europäischen Parlamentes dafür sorgen, dass wir tatsächlich mit der europäischen Demokratie ein Stück vorankommen? Werden sich bei dem System der Spitzenkandidaten alle großen Parteien verpflichten, dieses auch umzusetzen? Das heißt, dass das Ergebnis der Europawahl sich dann in der Wahl der Präsidentin oder des Präsidenten widerspiegelt und nicht wie 2019 der Rat das faktisch entscheidet. Es muss ein Ergebnis der Europawahl 2024 sein. Das ist eine Verpflichtung, die wir alle – auch mit dieser Debatte heute – eingehen sollten.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir sollten dabei auch über die Chancen reden. Wahlrecht mit 16 – ganz, ganz wichtig. Wir sollten darüber reden, dass das, was unsere Verfassung auch will, dass nämlich das gemeinsame Europa das wichtigste nationale Interesse ist, umgesetzt wird. Das heißt ganz praktisch auch, dass wir in der Woche vor der Europawahl keine Bundestagssitzung haben, um deutlich zu machen, welche Bedeutung diese Europawahl auch für uns in Deutschland und für uns als Parlamentarierinnen und Parlamentarier hat.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich sage auch als Sozialdemokrat mit besonderem Anspruch: Einer meiner Vorgänger, Karl Mommer, hat 1964 den Direktwahlakt eingebracht. Es hat noch zwölf Jahre gedauert – wir hatten eine sozial-liberale Koalition –, bis das im Bundestag im Hinblick auf die erste gemeinsame Direktwahl 1978/79 beschlossen wurde. Und ich sage auch dazu, weil diese Wahlen so wichtig sind: Es war gut, dass sowohl der Bundeskanzler Helmut Schmidt als auch der Bundeskanzler Willy Brandt diesem Europäischen Parlament angehörten. Ich will das heute noch mal unterstreichen. Wir sind stolz auf unsere Europapolitikerinnen und Europapolitiker. Das sagen wir auch als Bundestagsabgeordnete hier in dieser Debatte.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie haben natürlich eine besondere politische wie moralische Verpflichtung, das alles möglichst einvernehmlich, gemeinschaftlich, nach kritischen Debatten – natürlich gibt es immer noch Modifizierungen – auf den Weg zu bringen. Warum? Seit der Direktwahl 1979 hat die Union zu meinem großen Bedauern neunmal die Wahlen gewonnen. Also, Sie haben bisher gewonnen. Wir als SPD müssen – das haben wir uns auch vorgenommen – stärker werden. Aber es gibt für Sie überhaupt keinen Grund, bei dem Direktwahlakt nicht zuzustimmen, weil wir uns bemühen, eine große Unterstützung der demokratischen Mehrheit von da bis dort in diesem Haus zu erreichen. Dazu lade ich ganz herzlich ein. Das, was wir gemacht haben – wir haben uns schon bei der Vorlage bemüht, möglichst große Übereinstimmungen zu erzielen –, ist dafür, denke ich, eine sehr gute Grundlage. Auf dieser Basis sollten wir weiterarbeiten.
In diesem Sinne: Glück auf!
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer. – Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Tobias Winkler, CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)