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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Je mehr in
Sonntagsreden über Demokratie, ihre Stärkung und Förderung gesprochen wird,
desto mehr muss man offenbar Selbstverständlichkeiten erklären – manchmal sogar
Koalitionspartnern.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Bei der Demokratie geht es nicht darum, für sich selbst die überlegene
Gesinnung und Ziele zu reklamieren, sondern es geht auch um Institutionen und
Verfahren. „Legitimation durch Verfahren“ ist einer der zentralen Werte der
Demokratie.
Das Gewaltmonopol des Staates bedeutet, dass nur der Staat zwingen
darf. Und zwar um demokratisch beschlossene Gesetze durchzusetzen. Parlamente
und Parteien sind nach unserem Grundgesetz dazu berufen, politische
Willensbildung und politische Entscheidungen herbeizuführen und zu treffen. Wer
von Widerstand redet, der ist geschichtsvergessen in einem demokratischen
Rechtsstaat, und zwar unabhängig davon, aus welchem politischen Lager er oder
sie kommt.
Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Wer für sich in Anspruch nimmt, diese Grundsätze nach eigener
definierter moralischer Überlegenheit zu verletzen, der öffnet die Büchse der
Pandora. In Parlamente und Regierungsgebäude einzudringen, identitätsstiftende
Bauwerke zu besetzen, Anschläge auf Parteizentralen zu verüben oder davon zu
träumen und es zu inszenieren, Politiker abzuführen, einzusperren oder gar
aufzuhängen: Bei der Ethik und Ästhetik, bei den Aktionsformen haben sich die
Identitären bei den Autonomen bedient – jetzt tun das auch einige andere –,
Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
noch unappetitlich garniert durch eine Verhöhnung der Rettungskräfte,
die sie für ihre Aktionen instrumentalisieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die gute Nachricht ist: Ob es zu einer
weiteren Radikalisierung kommt, ist noch längst nicht entschieden. Die weitere
Entwicklung hängt nicht allein vom Verhalten derer, über deren Aktionen wir hier
gerade sprechen, ab, sondern auch von Staat und Gesellschaft.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der
AfD)
Wo Gesetze gebrochen werden, da muss dies folgerichtig geahndet
werden, konsequent und fair. Unser Strafgesetzbuch bietet da eine Reihe von
Möglichkeiten. Es geht insbesondere um den Tatbestand der Nötigung, auch der
Sachbeschädigung, der gemeinschädlichen Sachbeschädigung, des gefährlichen
Eingriffs in den Straßenverkehr, den Luftverkehr und unter Umständen sogar der
fahrlässigen Tötung.
Sosehr es gilt, zu sagen: „Im Rechtsstaat definieren Gerichte und
nicht Politiker, was kriminell ist und was nicht“, ist umso befremdlicher, wie
manche immer wieder betonen müssen, dass etwas nicht kriminalisiert werden
dürfe. Das dient meistens der Verharmlosung. In Prozessen sollten beschleunigte
Verfahren angewendet werden. Und zwar geht es nicht unbedingt um härtere
Strafen. Es geht vor allem darum, schnelle, konsequente Urteile zu haben. Damit
für alle in unserem Land sichtbar wird, dass in unserem demokratischen
Rechtsstaat Recht und Gesetz sich durchsetzen. Ebenso wichtig ist es, dass der
Rechtsstaat nicht überreagiert. Radikale Bewegungen provozieren den Staat
bewusst, und die darauffolgende Überreaktion ist Teil ihres Kalküls. Kaum etwas
radikalisiert ihre Anhänger stärker.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir bei der Gesellschaft
und der politischen Debatte. Besonders bei Linken, aber auch bis in die
bürgerliche Mitte hinein werden die Aktionen der Klimaaktivisten oftmals
verharmlost. Dabei werden Anliegen mit Zielen und Ziele mit Mitteln verwechselt.
So wichtig das Anliegen des Klimaschutzes ist: Es ist weder eine Rechtfertigung
für Ziele wie Notstandsregime, die Abschaffung der sozialen Marktwirtschaft und
anderes, und es ist auch keine Rechtfertigung für illegale Mittel.
Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der AfD)
Weder beim Vorgehen der staatlichen Institutionen noch bei der
gesellschaftlichen Beurteilung sollte das Anliegen von Klimaaktivisten eine
Rolle spielen. Das Gebot der Stunde ist klare, unmissverständliche Distanz.
Überreaktion ist genauso schädlich wie Verharmlosung. Der Flirt mit dem
Ausnahmezustand ist gefährlich.
Am Kern des Problems geht allerdings auch vorbei, wer darauf abstellt,
ob die Aktionen jetzt Erfolg oder Misserfolg bringen, wie die Imagewirkung für
die Bewegung ist. Würde Militanz etwa besser, wenn sie mit beifälligem Nicken
beantwortet würde oder Begeisterung auslöste?
Alle politischen Lösungsvorschläge müssen sich vor einem wählenden
Publikum bewähren. Als Demokratin sage ich: Das ist auch gut so. – Niemand hat
das Recht, durch Gewalt, Nötigung, Lautstärke zu erzwingen, was seine Argumente
im politischen Diskurs nicht vermögen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Verachtung der Demokratie, ihrer
Prozesse und Institutionen wird nur noch übertroffen von der Verachtung des
Ökonomischen. Ökonomische Lösungen müssen marktgängig werden können. Schlicht,
weil das die Grundlage für Wohlstand und befriedete Verhältnisse ist. Viel
voraussetzungsreicher als eine Denkfaulheit, die sich damit zufriedengibt, auf
der richtigen Seite zu stehen, ist das Kleinarbeiten der Probleme.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht hier tatsächlich um die
Systemfrage, aber anders als diejenigen, die diese Aktionen machen, glauben.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Es geht nämlich um unsere soziale Marktwirtschaft und die
freiheitlich-demokratische Grundordnung, die beste Ordnung, die wir je hatten.
Wir sollten offensiv für sie einstehen.
Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der
SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächste Rednerin ist Beatrix von Storch für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)