- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, der bisherige Verlauf der Debatte erweist, dass wir uns alle zumindest in einem Punkt sehr einig sein dürften: dass die sexualisierte Gewalt an Kindern eines der abscheulichsten Verbrechen ist. Das ist eigentlich ziemlich klar. Auch dass deren Bekämpfung ein äußerst wichtiges Ziel von Politik ist, steht wohl nicht infrage. Der Datenschutz ist es aber auch. Und weil er es ist, haben in der letzten Woche wieder einmal zwei Regierungen vor dem Europäischen Gerichtshof Schiffbruch erlitten: die französische und die deutsche. Beide Regierungen hatten die Freiheitsrechte der Bürger einmal mehr nicht hinreichend in den Blick genommen. Deshalb brauchen wir jetzt eine sorgfältige Abwägung von Rechtsgütern und keinen Schnellschuss der Anhänger eines Überwachungsstaates.
Beifall bei der AfD)
Schon jetzt lassen sich drei von vier Fällen von sexualisierter Gewalt an Kindern aufklären. Die amerikanische Kinderschutzorganisation NCMEC überwacht nahezu sämtliche Netzaktivitäten in dieser Richtung. Von dieser Organisation erhält das BKA die erforderlichen Daten, und zwar ganz ohne Vorratsdatenspeicherung in Deutschland. Niemand kann doch seriös vorrechnen, wie hoch die Aufklärungsquote wäre, wenn sämtliche IP‑Adressen gespeichert werden. Es gibt also keinen Anlass zu übertriebener Hektik.
Vielleicht an dieser Stelle: Frau Lindholz, Sie haben ja die Debatte mit Ihrem Vortrag eröffnet. Sie sind Fachanwältin für Familienrecht. Ich war Richter im Familiensenat eines Oberlandesgerichts. Wir sollten beide also wissen, wovon wir reden. Sie haben die Passage natürlich zutreffend zitiert. Aber die Bedingungen, die zugleich in dem Urteil des EuGH stehen, haben Sie nicht angesprochen.
Nämlich?)
Wir haben es hier von der Kollegin von den Linken referiert bekommen, und auch Herr Jacobi hat im Grunde darauf Bezug genommen: Es ist zulässig, aber eben nur bedingt.
Ja! Gerade in diesen Fällen ist es zulässig! Genau diese Fälle sind explizit herausgegriffen worden, Herr Kollege!)
Was nämlich, Frau Lindholz, steht auf dem Spiel? Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich eine andere Stelle. Also gut zuhören! Danach ist Folgendes möglich:
… Verkehrs- und Standortdaten, die zehn bzw. vier Wochen lang gespeichert werden, kann aber sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben der Personen,
Darum geht es doch gar nicht!
Es geht um die IP‑Adresse!)
deren Daten gespeichert wurden – etwa auf Gewohnheiten des täglichen Lebens, ständige oder vorübergehende Aufenthaltsorte
Darum geht es nicht!
Das ist doch ein ganz anderes Thema!)
– das ist doch die Folge, Herr Dr. Krings –,
tägliche oder in anderem Rhythmus erfolgende Ortsveränderungen,
Das hat doch mit unserem Antrag gar nichts zu tun!)
ausgeübte Tätigkeiten, soziale Beziehungen dieser Personen und das soziale Umfeld, in dem sie verkehren –, und insbesondere die Erstellung eines Profils dieser Personen ermöglichen.
Wir sind schon lange raus! Darum geht es nämlich gar nicht!
Thema verfehlt!)
Liebe Kollegen, man kann nicht häufig genug betonen, dass dies fast ausschließlich Personen betreffen würde, die doch mit Kriminalität überhaupt nichts am Hut haben. Weiter heißt es in dem Urteil, dass die Bekämpfung schwerer Kriminalität zwar von größter Bedeutung sei, aber für sich genommen die Erforderlichkeit einer Maßnahme der allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsdatenspeicherung nicht rechtfertigen könnte.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Aus genau diesen Gründen lehnen wir eine anlasslose Datenspeicherung ab. Nur bei hinreichendem Tatverdacht und – ich betone – nur mit richterlichem Beschluss sind Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung akzeptabel, nicht aber durch einen gesetzlichen Freifahrtschein.
Vielen Dank.
Beifall bei der AfD)
Unser Kollege Helge Limburg hat das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)