Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Was ist der Hintergrund dieses wichtigen Gesetzes? Wir haben zum einen ein internationales Problem, das für uns alle bedeutsam ist: Für viele Erkrankungen, die schwer verlaufen, gibt es derzeit noch keine Heilung, oft noch nicht einmal eine brauchbare Linderung. 25 Prozent der Menschen sterben an Krebs. Für die Demenzerkrankungen haben wir keine ausreichend wirkenden Medikamente. Multiple Sklerose, die Amyotrophe Lateralsklerose, neurodegenerative Erkrankungen, ganz zu schweigen von den seltenen Erkrankungen: Wir haben für viele schwere Erkrankungen derzeit keine Medizin. Daher brauchen wir mehr Forschung. Bisher ist es das Problem gewesen, dass sich Deutschland an der unbedingt notwendigen Medizinforschung in einem nicht ausreichenden Maße beteiligt hat. Das wollen wir durch das vorliegende Gesetz ändern. Deutschland soll zurück auf einen Spitzenplatz in der medizinischen Forschung. Davon werden wir alle profitieren.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir sind hier einen sehr konsequenten Weg gegangen. Wir wollen die Durchführung von Studien verbessern. Die Studien sollen eine höhere Qualität haben, sie sollen aber auch deutlich schneller genehmigt und durchgeführt werden können. Dafür haben wir eine Regelung geschaffen, gemäß der die Prüfung einer Studie, die Ethikkommissionsarbeit, die Strahlenschutzarbeit, die Datennutzungsarbeit, parallelisiert werden kann, und alles läuft über einen Schreibtisch beim BfArM. Das heißt, die Studienorganisatoren müssen für all diese Punkte nicht mehr 16 Länder einzeln anlaufen, sondern können das an einer Stelle bewerkstelligen. Es gibt Musterverträge, es gibt Fristen, es gibt vereinfachte Verfahren. Somit werden die klinischen Studien in Deutschland deutlich besser, deutlich billiger und gleichzeitig deutlich schneller werden. Das ist ein Meilenstein für klinische Forschung in Deutschland.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Welche Bedeutung das hat, darf man nicht unterschätzen. Wenn man in Deutschland an Krebs erkrankt ist, hat man viel seltener die Möglichkeit, an einer klinischen Studie teilzunehmen. Bei Brustkrebspatientinnen zum Beispiel, deren Erkrankung austherapiert ist und bei denen man nicht weiß, wie man noch weiterbehandeln könnte, ist in Dänemark die Wahrscheinlichkeit für eine Frau, noch an einer Studie teilnehmen zu können, was ihre letzte Rettung sein könnte, zehnmal so hoch wie bei uns. Das kann nicht so bleiben. Wir brauchen viel mehr Angebote für Menschen, die sonst keine Möglichkeit mehr haben, an Studien teilzunehmen. Das ist eine Win-win-Situation: Ich verbessere die letzte Chance dieser Menschen, und gleichzeitig tue ich etwas für die Wissenschaft. Das ermöglichen wir mit dem heute vorliegenden Gesetz.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Gruppe Die Linke?
Ja, bitte.
Frau Präsidentin, vielen Dank, dass Sie die Frage erlauben, und Ihnen, sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank, dass Sie meine Frage zulassen. – Ich beziehe mich auf die geheimen Erstattungspreise, die mit dem Gesetz jetzt möglich werden. Sie waren noch 2016 der Meinung, möglichst viel Transparenz sei sinnvoll, um im AMNOG-Verfahren überhaupt zu guten, gerechten und angemessenen Preisen zu kommen. Jetzt haben sich Kanzler Scholz und sein Staatssekretär Jörg Kukies mindestens acht Mal mit Vertretern des US-Pharmakonzerns Eli Lilly getroffen. Wie haben die Sie jetzt überzeugt, doch geheime Preise und Preisabsprachen zu akzeptieren?
Beifall bei der Linken)
Zunächst: Ich selbst bin für vertrauliche Erstattungsbeträge. Ich habe früher eine andere Position vertreten; denn früher war die Hoffnung die, dass alle Länder Europas die Erstattungsbeträge öffentlich machen. Aber wir waren die Einzigen, die das gemacht haben. Wir waren diejenigen, die die besonders hohen Preise gezahlt haben. In Frankreich sind die Preise 37 Prozent niedriger als bei uns. Wir haben die höchsten Arzneimittelpreise in ganz Europa, weil wir als einzige Transparenz geboten haben. Dieser hohe transparente Preis ist dann im Prinzip der Rampenpreis gewesen, von dem alle anderen für sich abgesenkte Preise ausgehandelt haben.
Hätten jetzt andere Länder gesagt: „Wir ziehen auch mit, wir machen unsere Preise auch transparent“, hätte man darüber nachdenken können, oder wäre es reihum gegangen, dass mal Frankreich, mal Italien, mal Spanien Preise transparent macht, wäre es auch okay gewesen. Aber dazu, dass immer Deutschland ins Obligo geht und die Preise transparent macht und so die höchsten Arzneimittelpreise in ganz Europa schultern muss, damit andere von diesen öffentlichen Preisen profitieren und bei sich für abgesenkte Preise sorgen konnten, waren wir nicht mehr bereit.
Das hat nichts mit dem Unternehmen Eli Lilly zu tun, sondern das habe ich immer mit voller Überzeugung vorgetragen. Und ich muss offen sagen: Das Ganze ist im Rahmen der Diskussion über die Pharmastrategie entwickelt worden, und da waren keine ausländischen Unternehmen beteiligt, auch nicht Eli Lilly. Somit ist Ihre Mutmaßung falsch. Das ist etwas, was wir aus Überzeugung machen, wofür auch ich mich eingesetzt habe. Transparenz durch alle, alles gut; aber Transparenz nur in Deutschland zugunsten aller anderen, während wir das meiste bezahlen, das kann nicht richtig sein.
Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir werden konsequent weitergehen. Wir werden die Medizinforschung, die wir jetzt haben, die wir hier aufbauen, mit dem kombinieren, was wir im Bereich Digitalisierung leisten. Wir haben ja auch schon im Bereich Digitalisierung wesentliche Gesetze beschlossen und verfolgen das weiter. Deutschland wird das Land sein, in dem klinische Studien nicht nur schneller und besser gemacht werden können, sondern in dem man auch die entsprechenden Daten bekommt. Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz macht es möglich, dass die Unternehmen Daten aus der Routineversorgung, Gendaten, Daten aus klinischen Studien nutzen können. Durch die Kombination von hervorragenden Bedingungen für die Durchführung der Studien und von zur Verfügung gestellten Daten wird Deutschland ein Gigant in der Medizinforschung werden, und davon profitieren wir alle, gerade im Hinblick auf Erkrankungen, die wir derzeit noch nicht heilen können.
Ich danke Ihnen.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für die Unionsfraktion hat nun das Wort Dr. Georg Kippels.
Beifall bei der CDU/CSU)