Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Einig sind wir uns in dieser Debatte, dass die Kapitalanleger-Musterverfahren in Deutschland viel zu lange dauern, viel zu bürokratisch sind und viel zu kompliziert sind. Frau Kollegin Willkomm, Sie haben das Telekom-Verfahren angesprochen, das 20 Jahre gedauert hat – deutlich zu lang. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen: In der Zwischenzeit haben einige Kläger Kinder bekommen; die Kinder haben Abitur gemacht. Ich sage mal: Das ist noch zu verschmerzen. Was viel schlimmer ist – auch in menschlicher Hinsicht –: Etliche Kläger sind in diesen 20 Jahren verstorben und haben dann letzten Endes von dem Obsiegen in diesem Verfahren nichts mehr gehabt. Man kann sagen: die Erben schon, aber nicht diejenigen, die diese Klagen angestrengt haben. Ich sage ganz offen: Dies ist eines Rechtsstaats wie Deutschland unwürdig.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf des Abg. Fabian Jacobi [AfD])
Das hat auch aus meiner Sicht, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, mit effektivem Rechtsschutz und mit der schnellen Durchsetzung des Rechts überhaupt nichts zu tun.
Also: Die Verfahren dauern zu lange, sie sind zu kompliziert. Deswegen ist es richtig, das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz auf den Prüfstand zu stellen. Nur – mit Verlaub –, diese Reform, die jetzt hier von der Ampel vorgeschlagen wird, weist etwas Licht auf, aber deutlich mehr Schatten. Meine große Befürchtung ist, dass dieses Gesetz am Ende eine Verschlimmbesserung bringt, dass es den kollektiven Rechtsschutz nicht stärkt, sondern den kollektiven Rechtsschutz am Ende deutlich reduziert. Vor diesem Hintergrund bin ich der Überzeugung: Es wäre deutlich besser, das jetzt geltende KapMuG noch einmal um fünf Jahre zu verlängern, um die Zeit zu nutzen, um wirklich durchgreifende Änderungen am KapMuG vorzunehmen.
Das kann man auch ohne Befristung!)
Es kommt dann von der Ampelseite natürlich der Einwand: Damit wird ja keine Rechtssicherheit geschaffen.
Genau!)
Wenn immer wieder nur eine temporäre Verlängerung, eine Befristung erfolgt, dann kann sich doch niemand darauf einstellen, was tatsächlich gilt.
Zuruf der Abg. Sonja Eichwede [SPD])
Das ist doch jetzt auch nicht der Fall. Frau Kollegin Rottmann, Sie haben ja angekündigt: Egal wer die nächste Bundesregierung stellen wird, man wird sich in der nächsten Legislaturperiode auch des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes wieder annehmen müssen. – Auch in der Sitzung des Rechtsausschusses gestern ist von den Berichterstattern der Ampel deutlich gemacht worden, dass es weiterer Änderungen am KapMuG bedarf.
Zurufe der Abg. Esther Dilcher [SPD] und Luiza Licina-Bode [SPD])
Deswegen wäre es doch richtig gewesen, jetzt eine weitere Befristung vorzunehmen, um wirklich auch deutlich zu machen, dass wir weitaus mehr Änderungen benötigen, als sie jetzt von der Ampel vorgenommen werden.
Machen Sie mal einen Vorschlag! Einen einzigen konkreten Vorschlag!)
Da kommt immer wieder reflexartig der Vorwurf, wir würden keine Vorschläge bringen.
Ja, das stimmt ja auch!)
Wir haben eines deutlich gemacht – und das ist aus meiner Sicht der Kernvorwurf im Zusammenhang mit dem jetzigen Reformvorschlag –, nämlich dass es ein gravierender Fehler ist, die Möglichkeit, Verfahren von Amts wegen auszusetzen, wegfallen zu lassen. Ich prophezeie Ihnen eines: Die Folge wird sein, dass es zu einer deutlich stärkeren Zersplitterung der Verfahren kommen wird. Der kollektive Rechtsschutz wird geschwächt, die Zahl der Individualverfahren wird zunehmen. Es wird dem Ziel, dass insbesondere die notwendigen Tatsachen- und Rechtsfragen schnell, zeitnah und vor allem einheitlich gelöst werden, nicht Rechnung getragen. Es wird eine unterschiedliche Rechtsprechung in den einzelnen Bundesländern geben. Damit wird dem kollektiven Rechtsschutz nicht Vorschub geleistet, sondern es wird genau das Gegenteil erreicht: Er wird deutlich geschwächt.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, darüber hinaus wäre es aus meiner Sicht dringend notwendig, dass wir anders an das materielle Recht herangehen.
Ein Vorschlag!)
Es war sehr schön, dass auch in der Sachverständigenanhörung von vielen Sachverständigen erwähnt wurde, dass es über den jetzigen Reformvorschlag hinaus notwendig wäre, an das materielle Recht im KapMuG heranzugehen.
Weil wieder der Vorwurf kommt, wir würden keine Vorschläge bringen, Frau Kollegin Dr. Rottmann, ein ganz konkreter Vorschlag: Wir müssen an das Beweis- und Darlegungsrecht noch weiter herangehen, als Sie es jetzt in dem Reformvorschlag tun.
Änderungsantrag!)
Ganz konkreter Vorschlag: Wir müssen an § 1 Absatz 2 Satz 2 herangehen, was die Möglichkeit anbelangt, mit entsprechenden Dokumenten nachzuweisen, dass Verfehlungen im Emissionsverfahren vorgenommen wurden.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vor dem Hintergrund, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen: Wie schon vom Kollegen Dr. Plum erwähnt, werden wir aus diesen Gründen dem Gesetz die Zustimmung verweigern und drängen wirklich darauf, –
Kollege.
– dass sich die nächste Bundesregierung dieses Gesetzes schnellstmöglich wieder annimmt.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei der CDU/CSU)