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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion! Das ist eine beachtliche Debatte. Leider haben wir bisher sehr wenig über Ihr Konzept der neuen Grundsicherung erfahren.
Oh doch! Das hat Ihnen Herr Linnemann gerade erklärt!
Kein Wort über das Konzept war das! Das wissen Sie selber! Kein Wort!)
Fangen wir aber einmal beim Titel dieser Aktuellen Stunde an: die Europawahl. Ja, die war für die Regierungsparteien nicht gut, keine Frage. Bündnis 90/Die Grünen hat neun Sitze verloren, die SPD hat zwei Sitze verloren. Aber – auch das wurde schon gesagt – Ihre eigene Fraktion hat auch keinen Sitz dazugewonnen. Das ist gefährlich, weil die Stimmen bei den Demokratiefeinden gelandet sind. Aber Ihnen fällt trotzdem nichts anderes ein, als dieselbe Leier zu spielen wie schon vor der Wahl. Damit tragen Sie nicht zum Zusammenhalt dieser Gesellschaft bei. Sie spalten diese Gesellschaft vielmehr mit dem, was Sie hier tun,
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
indem Sie Falschbehauptungen aufstellen. Sie haben keine Antworten auf die tatsächlichen Probleme dieser Zeit.
Wenn ihr so weitermacht, seid ihr bei 5 Prozent! 5 Prozent in Sachsen! Das ist absehbar!)
Die Grundsicherung, die Sie hier präsentieren wollen, hat nichts damit zu tun, wie wir mehr Wirtschaftswachstum generieren. Sie hat nichts damit zu tun, wie wir Fachkräfte sichern, und sie ist auch kein Beitrag zur Gestaltung der Arbeitswelt.
Ihr macht so weiter und seid an der 5-Prozent-Grenze!)
Sie arbeiten sich an Regelsätzen ab, deren Anpassungsmechanismus Sie selbst mitbeschlossen haben. Sie behaupten immer und immer wieder, Arbeit würde sich nicht lohnen, und enthalten sich ganz heldenhaft bei der Mindestlohnerhöhung. So können wir die Arbeitswelt nicht modernisieren.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Eure Zustimmung zum Mindestlohn hat euch nicht viel gebracht!)
Sie fordern immer mehr Sanktionen. Dabei wurden die Sanktionen nie abgeschafft; aber das behaupten Sie immer. Die Sanktionen wurden nie abgeschafft. Wir haben sie bei Totalverweigerern sogar noch verschärft. Aber kann man Menschen in Arbeit sanktionieren? Nein, das kann man nicht. Und das wissen Sie auch ganz genau. Sanktionen helfen nicht weiter, wenn wir die Menschen in Arbeit bringen wollen. Dafür brauchen wir mehr Unterstützung durch Coaching, durch mehr Weiterbildung. Genau das gehen wir mit dem Bürgergeld an.
Redet ihr eigentlich noch mit Arbeitern?)
Trotzdem stellen Sie sich hierhin und erklären uns, wie man – das ist es am Ende – den sozialen Abstieg der arbeitenden Mitte organisiert. Ich möchte an einem Beispiel klarmachen, warum dieser Kurs so gefährlich ist. Wir haben im Ruhrgebiet gerade große Diskussionen,
Vor allem habt ihr im Ruhrgebiet an die AfD verloren! Denkt mal darüber nach!)
weil es bei thyssenkrupp Stahl sehr schlecht aussieht.
Redet da noch ein Arbeiter mit euch?)
Das Management hat sich über Jahre verzockt. Anstatt auf den sicheren Standort Deutschland zu setzen, hat man mit einem Stahlwerk in Brasilien 8 Milliarden Euro in den Sand gesetzt – wortwörtlich auf Sand gebaut. Das geht jetzt zulasten der Beschäftigten hier. Jetzt will das Management rund 50 Prozent der Belegschaft entlassen. Das sind knapp 14 000 Menschen allein in Duisburg. Ich glaube, ich brauche hier nicht zu sagen, was das für die Menschen, die Stadt, die Jobs, die ganze Region, geschweige denn für die Zulieferer bedeutet. In einer solchen Situation ist auch ein guter und stabiler Arbeitsmarkt nur begrenzt aufnahmefähig. Wir tun natürlich alles, damit es nicht so weit kommt. Wir sorgen dafür, dass die Transformation der Wirtschaft keine Deindustrialisierung bedeutet. Deswegen haben wir thyssenkrupp auch mit 2 Milliarden Euro unterstützt. Aber in einer solchen Situation braucht es auch ein gutes soziales Sicherungsnetz, einen Sozialstaat, der den Beschäftigten, die sich jetzt Sorgen machen, bei ihrem Kampf den Rücken stärkt.
Sie schlagen zum Beispiel die Abschaffung des Schonvermögens vor. Herr Dr. Middelberg, Herr Linnemann, Sie haben gar nicht gesagt, was Sie wollen. Was bedeutet denn diese Grundsicherung konkret, wenn man auf die Menschen schaut? Wenn der Facharbeiter bei thyssenkrupp 30 Jahre lang malocht hat, dann hat er, wenn er jeden Monat 110 Euro für die Altersvorsorge zurückgelegt hat, 40 000 Euro angespart. Wenn der jetzt seine Arbeit verliert und nicht innerhalb eines Jahres neue Arbeit findet, dann wollen Sie ihm diese Altersvorsorge sofort wegnehmen. Aber ich frage: Wer hat denn ein solches Vermögen angespart? Das sind die fleißigen Menschen in diesem Land. Das sind doch nicht die, die faul auf der Couch sitzen und nichts tun.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Das nimmt Ihnen doch keiner mehr ab!)
Für die ist das Schonvermögen doch das Bürgergeld.
Ebenso wollen Sie die Karenzzeit für die Unterbringungskosten abschaffen, damit nach der Altersvorsorge sofort die Wohnung dran ist. Das ist sozialer Abstieg, den Sie hier organisieren wollen. Das wissen Sie doch selbst am besten.
Beifall der Abg. Annika Klose [SPD])
Deswegen steht doch zu diesem Thema am Ende in Ihrem Papier, dass es gilt, darauf zu achten, dass Obdachlosigkeit vermieden wird. Sie wissen also selbst, was die logische Konsequenz Ihrer Forderung ist. Nach 30 Jahren schuften geht’s ab auf die Straße, weil sich das Management verzockt hat.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das hat mit Sozialstaat nichts zu tun.
Was ist denn das für ein Unsinn?)
– Das steht in Ihrem Papier, Herr Spahn. Das ist gesellschaftlicher Abstieg, und das ist respektlos.
Nach 30 Jahren gibt es erst mal Arbeitslosengeld I! Irgendeine Ahnung, oder was?
Ich habe es doch gerade schon gesagt: Wenn 14 000 Menschen auf einen Schlag arbeitslos werden, ist der Arbeitsmarkt nicht so aufnahmefähig. Dann landen die Menschen zwangsläufig, wenn es schiefgeht, genau da.
Dann heißt das nicht, direkt nach 30 Jahren! Erzählen Sie doch mal die Wahrheit!
Ja, ich höre zu! Fragt ihr euch mal, warum ihr im Ruhrgebiet überall hinter der AfD seid? Fragt ihr euch das eigentlich manchmal? Fragt ihr euch mal, was im Ruhrgebiet los ist?)
Diesen Menschen zollen wir Respekt, Sie nicht. Nur hart arbeitende Menschen haben sich Vermögen angeschafft. Wir lassen die Menschen nicht im Stich. Wir haben mit dem Bürgergeld einen Sozialstaat für die arbeitende Mitte geschaffen, der absichert und nicht stigmatisiert, der Menschen in Arbeit bringt und nicht auf die Straße. Dafür stehen wir: Sicherheit für die arbeitende Bevölkerung.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP
Auf dem Weg zu 10 Prozent!)
Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Stephanie Aeffner.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)