- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Holocaustgedenktag am 27. Januar haben wir hier im Deutschen Bundestag in diesem Jahr eine Mahnung für unsere Arbeit mit auf den Weg bekommen. In ihrer ergreifenden Rede hat die Holocaustüberlebende Eva Szepesi uns zugerufen:
„Ihr habt keine Schuld für das, was passiert ist. Aber ihr habt die Verantwortung für das, was jetzt passiert.“
Dass diese Mahnung berechtigt ist, zeigt die Situation in unserem Land ein halbes Jahr nach dem barbarischen Angriff der Terrororganisation Hamas auf unschuldige Menschen in Israel: 1 400 Frauen, Männer und Kinder wurden bestialisch umgebracht. Mehr als 5 000 wurden verletzt. 230 weitere wurden verschleppt. 130 werden bis heute festgehalten.
Der 7. Oktober war der größte Massenmord an Juden seit der von Deutschen erdachten und durchgeführten Shoah. Da der Staat Israel auch als Reaktion auf die Naziverbrechen gegründet wurde, ist es unsere vornehmste Pflicht als Deutsche, für das Existenzrecht Israels und die Sicherheit seiner Bürger einzustehen.
Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Solidarität mit Israel ist in diesen Monaten in Deutschland glücklicherweise an vielen Orten zu sehen und zu spüren. Umso abstoßender aber ist es, wenn die Zahl militanter Demonstrationen gegen Israel und offene Judenfeindlichkeit auf Deutschlands Straßen nach dem 7. Oktober nicht weniger geworden sind – wie man ja hätte hoffen können –, sondern sogar drastisch zugenommen haben.
Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])
Es ist unerträglich und nicht hinnehmbar, dass der Hamasterrorismus hier in Deutschland bejubelt und propagiert wird, dass zur Zerstörung des Staates Israel aufgerufen wird, dass es auf Demonstrationen zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt, dass die Wohnhäuser jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Davidsternen markiert werden und dass zum Boykott von jüdischen Unternehmen aufgerufen wird.
Wenn inzwischen fast wieder 100 000 Jüdinnen und Juden in Deutschland leben, ihr Zuhause hier gefunden haben, empfinde ich, empfinden wir das als großes Glück angesichts unserer Geschichte.
Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der Linken)
Und gerade deshalb dürfen wir es unter keinen Umständen hinnehmen, wenn sie sich heute bei uns wieder unsicher fühlen oder sich gar genötigt sehen, ihr Judentum zu verheimlichen. Deshalb reichen wohlformulierte Resolutionen alleine nicht aus. Es braucht konkrete Gesetzesänderungen, um unseren jüdischen Mitbürgern wieder die Sicherheit zu garantieren, die wir ihnen schulden.
Als Union haben wir daher bereits im November einen Gesetzentwurf in dieses Haus eingebracht, mit dem wir offensichtliche Lücken in unserem Strafrecht hierzu schließen wollen. Dies betrifft insbesondere die konsequente Ahndung antisemitischer Äußerungen und der Terrorunterstützung. Hetze gegen Israel muss als besonders schwerer Fall der Volksverhetzung zu Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten führen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn wir zu Recht davon sprechen, dass die Existenz Israels Teil unserer Staatsräson ist, muss auch die Leugnung dieses Existenzrechts bestraft werden. Jüdinnen und Juden gehören zu Deutschland. Und wer das nicht akzeptiert, der gehört seinerseits nicht zu Deutschland.
Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir fordern daher auch eine Anpassung im Ausländerrecht, damit eine antisemitische Straftat grundsätzlich zur Ausweisung führt. Wer unser Gastrecht derart missbraucht, hat auch als Flüchtling keinen Platz mehr unter uns.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Albrecht Glaser [AfD])
Wir als Union haben mit der heutigen Debatte einige Wochen gewartet, weil wir uns gewünscht hätten, dass wir zusätzlich noch einen gemeinsamen Antrag mit den Regierungsfraktionen hätten vorlegen können. Leider scheint die interne Konsensfindung in der Ampel noch nicht abgeschlossen. Da es bei unseren Anträgen aber um wirklich dringende Schließungen von Gesetzeslücken geht, können und wollen wir im Interesse des jüdischen Lebens in Deutschland nicht länger warten, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Meine abschließende Bitte an die Regierungsmehrheit in diesem Hause ist daher: Stimmen Sie wenigstens unseren Gesetzesanträgen zu! Umgekehrt darf ich Ihnen für meine Fraktion versichern, dass wir selbstverständlich weiterhin zu Gesprächen über einen gemeinsamen Antrag bereitstehen, wenn die Konsensfindung in der Ampel abgeschlossen ist. Denn, meine Damen und Herren, Eva Szepesi hat recht: Wir haben die Verantwortung für das, was jetzt passiert.
Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Luiza Licina-Bode [SPD])
Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Dirk Wiese.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)