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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe, dass sich viele Menschen in unserem Land im Moment große Sorgen um unsere Sicherheit machen, dass sie verunsichert sind, ob Deutschland angesichts des Krieges in der Ukraine das Richtige und das Notwendige tut, um Frieden, Freiheit und Demokratie in Deutschland und in Europa zu bewahren.
Um es ganz deutlich zu sagen: Für diese Verunsicherung sind aber nicht wir als Opposition verantwortlich. Das macht diese Debatte am heutigen Vormittag einmal mehr als deutlich; denn in der Sache stehen sich die Ampelfraktionen diametral gegenüber. Maximale Uneinigkeit: So begegnet man Ängsten nicht. Ängsten begegnet man durch entschlossenes und einiges Handeln, durch eine offene, eine klare Kommunikation und schlüssige Argumentation und nicht dadurch, dass man sich der Antwort auf eine Frage von nationaler und europäischer Sicherheit erst monatelang verweigert und seine Richtlinienkompetenz dann vor einer Schulklasse erörtert.
Beifall bei der CDU/CSU)
Statt dem Souverän in einer Regierungserklärung die Abwägungsgründe für seine Entscheidung darzulegen, hat der Bundeskanzler gestern und Sie, Herr Mützenich, heute mit haltlosen Unterstellungen reagiert.
Das allein sagt schon viel.
Sie betonen immer wieder, wie viel Deutschland für die Ukraine tut. Wir tun viel, ja. Aber, offen gesprochen, hier geht es doch nicht um Rankings oder darum, ob der eine mehr tut als der andere –
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
vieles davon sind bisher übrigens nur Ankündigungen –, sondern es geht doch einzig und allein um die Frage: Tun wir genug, und tun wir alles, was in unseren Kräften steht, damit dieser Krieg mitten in Europa endlich endet? Der Verlauf zeigt uns doch aber, dass wir genau das nicht tun. Im Kern geht es nicht um die Lieferung des einen Waffensystems, sondern es geht um die Frage, wie und womit wir der Ukraine helfen, dass sie diesen Krieg gewinnt, damit Friede überhaupt wieder möglich wird.
Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Mützenich, Frieden war und ist immer mehr als ein bloßer Waffenstillstand oder ein eingefrorener Konflikt. Dauerhafter und nachhaltiger Frieden heißt Freiheit und Selbstbestimmung. Das gilt doch für uns und muss genauso für die Ukraine in ihren völkerrechtlich anerkannten territorialen Grenzen gelten.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich sage ganz offen: Ich bin immer davon ausgegangen, dass wir uns in diesem politischen Ziel unter den demokratischen Parteien dieses Hauses einig sind und dies unsere politischen Entscheidungen leitet. Aber nach Ihrer Rede heute Vormittag, Herr Mützenich, habe ich daran größte Zweifel.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ihnen, der SPD und dem Bundeskanzler, ging es nie um Reichweiten, technische Voraussetzungen oder rechtliche Vorbehalte. All das waren – das wissen wir jetzt – vorgeschobene Argumente, mit denen der Kanzler uns jetzt über neun Monate lang im Unklaren gelassen hat. Es war und es ist am Ende immer eine Frage des politischen Willens und der Entschlossenheit, sich nicht auf die Kriegslogik des Kremls einzulassen und von Putins Drohgebärden einschüchtern zu lassen.
Genau darauf setzt Russland – im Übrigen nicht erst seit heute, sondern schon sehr lange –, nicht nur mit Waffen, sondern auch mit gezielter Desinformation und Manipulation gegen den Westen. Wollen wir uns wirklich von Russland vorschreiben lassen, wie wir deutsche Politik gestalten, ob und was wir der Ukraine liefern und wie wir ihr helfen?
Zuruf von der SPD: Tun wir auch gar nicht!)
Das kann doch nicht unser Ernst sein.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wir wissen jetzt: Dem Bundeskanzler fehlt dazu der politische Wille. Und offensichtlich kommt noch dazu, dass er im Unterschied zu unseren Bündnispartnern der Ukraine nicht zutraut, bei der Zielauswahl mit Taurus verantwortungsvoll umzugehen. Für uns jedenfalls ist klar: Eine solche Entscheidung, ein so wirksames und effektives Waffensystem wie Taurus der Ukraine oder im Ringtausch anderen Verbündeten zur Verfügung zu stellen, muss besonnen und verantwortungsbewusst abgewogen werden.
Ja, nichts anderes erwarten wir im Übrigen von einer Bundesregierung und jedem Bundeskanzler dieser Republik. Aber dazu muss dann auch alles auf den Tisch, auch die Risiken und möglichen Konsequenzen des Nichthandelns.
Erstens. Unsere Sicherheit wird doch fragiler, je länger der Krieg in der Ukraine dauert. Durch das vermeintliche Deeskalieren und wiederholte Zögern müssen wir jetzt – im Grunde zwingt es uns dazu – über Waffen debattieren, die womöglich gar nicht erst zum Einsatz hätten kommen müssen.
Zweitens. Das Kopfschütteln unserer Partner in der Europäischen Union und in der NATO über den deutschen Sonderweg nimmt doch mehr und mehr zu. Und das nagt am Zutrauen in uns und schadet dem Vertrauen in unsere Verteidigungsbereitschaft und Verlässlichkeit.
Drittens. Je länger wir Putin nicht glaubhaft abschrecken, umso schwieriger und härter werden doch die Entscheidungen in der Zukunft werden.
Der Preis ist jetzt schon hoch, doch er wird um ein Vielfaches höher werden, wenn die Ukraine den Krieg verliert – nicht nur, wenn Russland näher an die NATO heranrückt und wir zu unserem Schutz an der Ostflanke noch deutlich mehr an Truppen und Material investieren müssen. Auch noch mehr Ukrainerinnen und Ukrainer werden ihr Land in Richtung Westen verlassen müssen. Noch mehr Frauen, Kinder und Familien werden unter russische Besatzungsherrschaft kommen, verschleppt, vergewaltigt oder getötet werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freiheit und Selbstbestimmung brauchen den Willen und die Bereitschaft, sie im entscheidenden Moment auch entschlossen zu verteidigen. Tun wir dafür wirklich genug? Um diese Frage und um nichts anderes geht es heute. Und das müssen wir vor unserem Gewissen verantworten.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion hat das Wort Rebecca Schamber.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Alexander Müller [FDP])