- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Begriffe „kulturelle Teilhabe“ und „Inklusion“ sind aus dem gesellschaftlichen Diskurs nicht wegzudenken. Teilhabe, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist aber keine Frage von Zahlen, Mehrheiten oder Minderheiten. Teilhabe berührt das Grundverständnis unseres gemeinsamen Zusammenlebens. Dagegen bedeuten Beeinträchtigungen nicht allein, dass jemand etwas nicht kann, sondern diese Beeinträchtigungen entstehen gleichermaßen durch Barrieren im Alltäglichen.
In der Kultur spielt Inklusion leider immer noch eine viel zu geringe Rolle, und Menschen mit Beeinträchtigungen sind in der Kulturszene viel zu wenig vertreten. Ein wichtiger Punkt dabei ist aber auch, dass inklusive Angebote, wenn sie denn existieren, oft nur Menschen mit Beeinträchtigungen ansprechen. Sobald etwas als „inklusiv“ gelabelt ist, nehmen viel zu oft nur Menschen mit Beeinträchtigungen das Angebot wahr. Und andersherum hindern eventuell Berührungsängste Menschen mit Beeinträchtigungen an der Teilnahme von Veranstaltungen, wenn nicht „inklusiv“ draufsteht. Dabei kann gerade die Kultur einen großen Beitrag dazu leisten, Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen zusammenzubringen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
In meinem Wahlkreis, in meiner wunderbaren Löwenstadt Braunschweig, gibt es beeindruckende Projekte, die zeigen, wie es anders geht: das Theater Endlich zum Beispiel, welches 1997 von der Evangelischen Stiftung Neuerkerode gegründet wurde und aktuell aus sieben Schauspielerinnen und Schauspielern mit körperlicher und geistiger Beeinträchtigung besteht, das Tanztheater esistso!company der Lebenshilfe Braunschweig, die auch mit dem Atelier „Geyso20“ bereits 1992 als erste Einrichtung für Kunstförderung im Bereich der bildenden Kunst Menschen mit Beeinträchtigungen einen Raum für ihre künstlerischen Expressionen gibt, und die Reihe „TimeSlips“ des Herzog Anton Ulrich-Museums. Dort werden Angebote realisiert, in denen Menschen mit Demenz und geistiger Beeinträchtigung vor den Kunstwerken der Sammlung eigene kreative Geschichten entwickeln. Vielen Dank für dieses wundervolle Engagement an dieser Stelle!
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Diese Beispiele zeigen: Es mangelt gar nicht an Angeboten. Allerdings könnten sie unbürokratischer und noch stärker sichtbar sein. Geschichten entwickeln, Freiräume schaffen – dies sollte auch für Menschen mit Beeinträchtigungen immer möglich sein.
An dieser Stelle schaue ich zur Union. Hier ist viel zu oft – das haben andere Kollegen gerade schon gesagt – nichts passiert, und das wissen Sie wohl selbst, da Sie uns jetzt ja ein Potpourri, wie das von anderen Kollegen auch schon genannt wurde, vor die Füße legen. Ihrem Antrag zum Kulturbereich ist ein Forderungskatalog von sage und schreibe 18 Punkten hinterlegt. Das wäre redundant, wenn Sie das in Ihrer Regierungszeit einfach schon mal angepackt hätten. Denn ja, Inklusion ist ein wichtiges Thema; aber das war es schon immer.
Ihre 18 Punkte enthalten viel Sinnvolles, lassen dabei jedoch vermissen, wie die durch Pandemie, Krieg und Inflation arg gebeutelten Kulturbetriebe dies so schnell mal nebenbei umsetzen sollen. Wer Inklusion im Kulturbereich ernsthaft umsetzen möchte, muss mit denen im Gespräch sein, die als Engagierte die Expertise aus eigener täglicher Erfahrung haben, und gemeinsam zu Lösungen kommen.
Mein Votum ist daher ganz klar: Kultur braucht Inklusion, –
Frau Kollegin.
– und Inklusion braucht Kultur, aber ernsthaft und nicht so nebenbei.
Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und schöne Weihnachten!
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat Jan Plobner für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)