Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten und verabschieden heute einen Gesetzentwurf zur Überarbeitung des Sanktionenrechts. Die Koalition hält damit Wort und setzt ein weiteres wichtiges Stück des Koalitionsvertrags im Bereich der Rechtspolitik um. Aber nicht nur das. Wir gehen heute einen historischen Schritt. Woran Bundestag, Bundesrat und vergangene Bundesregierungen insgesamt sechsmal gescheitert sind, schafft diese Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Wir reformieren die Ersatzfreiheitsstrafe und schreiben damit Rechtsgeschichte.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
„Rechtsgeschichte“!)
Wenn eine Richterin oder ein Richter eine Geldstrafe verhängt und sich dabei bewusst gegen eine Freiheitsstrafe entscheidet, kommt es bei Zahlungsunfähigkeit im Vollstreckungsverfahren letztlich oft doch zu einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe in Tagen 1 : 1 zu den säumigen Tagessätzen. Die Ersatzfreiheitsstrafe hat damit in erster Linie die Funktion eines Druckmittels, um die Geldstrafe abzusichern. Diese Notwendigkeit erkennen wir an; wir erhalten daher dieses Instrument. Gleichzeitig passen wir aber den Umrechnungsmaßstab von 1 : 1 auf 2 : 1 an. Das heißt, dass künftig nicht mehr ein Tagessatz, sondern zwei Tagessätze Geldstrafe einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe entsprechen. Diese Anpassung ist konsequent und dogmatisch völlig richtig; denn klar ist: Eine Ersatzfreiheitsstrafe greift deutlich mehr in das Leben eines Menschen ein als eine Geldstrafe.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Untersuchungshaft nicht?)
Die weiteren Vorzüge dieser Maßnahme liegen auf der Hand: Die Halbierung der Ersatzfreiheitsstrafe entlastet auch den Justizvollzug in erheblichem Umfang. Sie ist ohnehin kein Beitrag zur Resozialisierung. Die beste Ersatzfreiheitsstrafe ist die, die gar nicht angeordnet wird. Deshalb ist es auch besonders wichtig, dass wir mit dem Gesetz gleichzeitig eine bessere Unterstützung zur Vermeidung schaffen, indem die Betroffenen bessere Informationen und Hilfe erhalten, zum Beispiel in Fragen der Stundung von Geldstrafen, der Festlegung von Tilgungsvereinbarungen sowie der Möglichkeit der Ableistung gemeinnütziger Arbeit als Kompensation – also Schwitzen statt Sitzen. Gesagt, gehalten: Mit dem Gesetz sorgen wir dafür, dass Ersatzfreiheitsstrafen nicht nur weniger lang angeordnet werden, sondern vor allem wesentlich seltener. Auch das ist ein richtiger Schritt.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ein zweiter wichtiger Bereich, den wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf angehen, ist das Maßregelrecht. Es ist aktuell so, dass ein doch recht schwammiger Begriff dazu führt, dass viele forensische Kliniken überlastet sind. Mit der Neujustierung des Begriffs „Hang“ werden nun klare, objektivierbare Kriterien definiert und die derzeitigen problematischen Auslegungsspielräume begrenzt. Zudem werden die Anforderungen an den prognostizierten Behandlungserfolg heraufgesetzt und tatsächliche Anknüpfungspunkte verlangt. Damit sorgen wir dafür, dass sich die Behandlung wieder auf diejenigen Personen konzentrieren kann, die wirklich behandlungsbedürftig und ‑fähig sind. Wir stärken damit Resozialisierung und Prävention. Auch das ist ein wesentlicher Erfolg.
Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sonja Eichwede [SPD])
Wir verabschieden heute aber noch mehr: Wir ergänzen den Katalog in § 46 Absatz 2 StGB. Als bei der Strafzumessung zu berücksichtigende Umstände werden dann ausdrücklich auch „geschlechtsspezifische“ sowie „gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Tatmotive beleuchtet – eine wichtige Ergänzung angesichts vieler Hasstaten explizit aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung eines Menschen. Es ist eine wichtige Klarstellung als Antwort auf die zunehmende Anzahl an Gewalttaten gegen Frauen bzw. die seit über zehn Jahren ansteigende Hasskriminalität, die sich gegen die sexuelle Orientierung der Opfer richtet.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie merken: In der Kürze der Redezeit ist es gar nicht möglich, mit der gebotenen Tiefe die einzelnen Aspekte des doch großartigen Gesetzentwurfs ausreichend zu beleuchten. Vielen Dank an der Stelle auch noch einmal an Minister Marco Buschmann und das BMJ für das Einbringen des sehr guten Entwurfs, der in den parlamentarischen Beratungen nur noch mit einigen kleinen Änderungen versehen wurde. Ich kann alle Kolleginnen und Kollegen daher nur ermutigen, diesem bedeutsamen Gesetzentwurf zuzustimmen. Als Freie Demokraten werden wir das mit Überzeugung tun.
Vielen Dank.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat der Kollege Axel Müller für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)