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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn der Debatte zwei Fakten benennen. Nach einer Statistik des Anbieters
Statista lag der Strompreis in Frankreich im zweiten Halbjahr des letzten Jahres bei durchschnittlich 22 Cent pro Kilowattstunde, in Deutschland mit 34 Cent pro
Kilowattstunde über 50 Prozent höher. Nach einer tagesaktuellen Statistik von Electricity Maps ist es so, dass der CO2-Ausstoß pro Kilowattstunde Strom in
Frankreich 24 Gramm beträgt, in Deutschland 236 Gramm, das heißt, Deutschland emittiert pro Kilowattstunde also zehnmal so viel CO2. Das sind zwei Zahlen, die
uns, glaube ich, zeigen, dass wir bei unseren Energiesystemen Handlungsbedarf haben.
Die Antwort der Ampel kann man dieser Tage ja in sehr pluralistischen – so will ich es mal sagen – Diskussionen hören: vom Gebäudeenergiegesetz bis
hin zu all den Ideen für den Stromsektor, die uns auf eine extreme Pfadabhängigkeit bringen, die, wenn alles gut geht, so klappen kann, aber wenn irgendetwas
abweicht, wird es möglicherweise sehr schwierig. Das ist der Grund, warum wir das Thema der neuen Technologien als ein Thema sehen.
Mir ist es ganz wichtig, zu Beginn zu betonen, dass die Debatte über Kernfusion keine Debatte darüber sein darf, erneuerbare Energien nicht weiter
engagiert auszubauen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Beides darf in keinem Konkurrenzverhältnis stehen. Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen; das ist sehr wichtig. Während wir heute
erneuerbare Energien schnell aufbauen müssen, um von diesem unvorstellbaren CO2-Berg runterzukommen, müssen wir aber ebenfalls heute in Kernfusion investieren,
weil wir ansonsten diesen Markt verpassen werden, dessen Fenster sich gerade auftut.
Beifall bei der CDU/CSU)
Und „Auftun“ bedeutet – auch noch mal an einem ganz interessanten Fakt festgemacht –, dass es jetzt den ersten kommerziellen Vertrag über
Fusionsenergie mit dem amerikanischen Start-up Helion gibt, ab 2028 50 Megawatt Fusionsenergie an Microsoft zu liefern – und das mit Vertragsstrafen bewehrt.
Wir sehen also, dass die Entwicklung offenkundig sehr viel schneller geworden ist, als man das lange prognostiziert hat; denn aus einer Technologie der reinen
Grundlagenforschung ist mittlerweile ein kommerzieller Marktantritt geworden. Und da sind wir in Deutschland ganz gut aufgestellt, weil wir insgesamt vier
Start-ups haben, die in diesem Bereich unterwegs sind, und insofern auch ein technologischer Wettbewerb ansteht.
Wichtig ist in dem gesamten Kontext, dass es sich bei dem Thema Kernfusion um etwas gänzlich anderes als um Kernspaltung handelt. Ich sage das auch
vor dem Hintergrund aktueller Presseartikel; denn bei der Kernfusion kann es keine Kettenreaktionen geben, und am Ende kommt entweder gar kein radioaktiver
Stoff oder ein nur extrem schwach radioaktiver Stoff raus. Das sind zwei substanzielle Unterschiede an der Stelle.
Ich will auch noch mal sagen, dass bei der Beurteilung der Bedeutung dieses Themas über den deutschen Tellerrand hinausgeschaut werden muss; denn es
ist ja nicht nur die Frage, ob wir am Ende Solarzellen und Windräder bauen, sondern die Frage ist: Was macht der ganze Rest der Welt? Wenn man in Länder wie
Indien guckt, dann, glaube ich, wird klar, dass auch hier technologische Antworten notwendig sind.
Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, wir haben diesen Antrag hier heute mit einem Kernziel eingebracht: Sie müssen unserem Antrag nicht zustimmen, sondern wir
wollen von Ihnen, von der Ampelfraktion, einmal hören, wie Sie zu dem Thema stehen. Dass die FDP das Thema Kernfusion gut findet, kann man jeder Zeitung
entnehmen.
Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Ich lese von der SPD allerdings auch viele kritische Stimmen, ich lese von den Grünen viele kritische Stimmen, und ich glaube, heute ist die Stunde
der Wahrheit. Sie müssen jetzt mal erklären, was Sie wollen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wir reden hier über eine Technologie, die wir nicht allein mit Staatsgeldern, sondern nur mit zusätzlichen privaten Investitionen nach vorne bringen
werden, und diese privaten Investitionen werden wir nicht erreichen, wenn keine Klarheit darüber besteht, wie der Investitionsrahmen ist. Deshalb wollen wir von
Ihnen heute hören, wie Sie abgestimmt zu dem Thema stehen, und wir wollen mit Ihnen gemeinsam in eine Diskussion eintreten, wie der regulatorische Rahmen
aussieht.
Gibt es beim Thema Kernfusion ähnliche Voraussetzungen wie bei dem Thema Kernspaltung, also gigantische Betonauflagen, dann wird es bei uns
hinreichend schwierig. Andere Länder sind hier schon weiter unterwegs.
Und am Ende müssen wir natürlich auch Geld in die Hand nehmen. Wir brauchen private Gelder, aber ohne staatliche Gelder wird es nicht gehen.
Ich freue mich, dass die Bundesagentur für Sprunginnovationen, SprinD, die wir ja in unserer Regierungszeit gegründet haben, mit ihrem
Gründungsdirektor Rafael Laguna jetzt bei zwei Start-ups Aufträge über 50 Millionen Euro platziert hat. Das ist gut, und das ist richtig. Damit alleine werden
wir das Thema aber nicht ans Laufen bekommen. Wir werden hier perspektivisch eher zweistellige Milliardenbeträge brauchen, und dafür braucht es ebenfalls ein
Commitment.
Das ist der Kern dieser Debatte heute. Ich bin gespannt darauf, was wir von Ihnen heute zu hören bekommen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion hat das Wort die Kollegin Ye-One Rhie.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)