Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf einiges eingehen, was Rednerinnen und Redner vor mir angesprochen haben, allerdings nicht auf meinen Vorredner. Das, glaube ich, lohnt sich beim Thema Europa und auch sonst nicht.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN
Sie trauen sich nur nicht! Nur Mut, Herr Schäfer! Sie könnten es versuchen!)
Wenn man Reformen macht, dann ist klar: Es ist ein Prozess, und in Europa ist der Weg immer auch das Ziel.
Europa wird der Prozess gemacht!)
Reden wir also mal ein bisschen darüber, was bisher gelungen ist. Die Forderung nach deutscher Einheit als Anfang eines solidarischen europäischen Staates stand im ersten Programm, das jemals eine Partei vorgelegt hat. Das war 1866 – wahrhaft fortschrittlich, fast revolutionär. 1925 wurde die Verwirklichung der Vereinigten Staaten von Europa ins SPD-Grundsatzprogramm aufgenommen. Was die Wahl anbelangt, so haben wir schon 1964 die Direktwahl des Europäischen Parlaments gefordert. Sie kam 1979. Wir haben 1995, was nach damaligem Verständnis ebenfalls revolutionär war, das kommunale EU-Wahlrecht eingeführt. Schließlich hat sich 2014 unser Spitzenkandidat durchgesetzt; das ist 2019 leider nicht mehr gelungen. Jetzt geht es um das Thema Sperrklausel, folglich auch um die Frage der Wahlkreise und natürlich auch um die damit verbundene Frage der transnationalen Liste.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ich weiß, dass wir uns in vielen europäischen Fragen Gott sei Dank sehr nah sind. In vielen dieser Fragen – das Frauenwahlrecht muss ich noch erwähnen; es kam 1919 – waren entweder Konservative oder später Christdemokraten aber erst einmal dagegen. Sie waren gegen das Frauenwahlrecht im Kaiserreich, sie waren 1964 gegen den Direktwahlakt, und sie waren auch gegen das kommunale Wahlrecht. Es war eine gute Initiative der bremischen Sozialdemokraten, das Wahlrecht auszuweiten. Wir sind damit für Deutschland vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, aber haben es in Europa umgesetzt.
All diese Punkte haben bis heute etwas mit Sozialdemokratie zu tun. All die Fortschritte, die wir erreicht haben, sind entweder von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gekommen oder von Regierungen mit sozialdemokratischer Beteiligung, wie auch jetzt wieder. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, seien Sie ganz sicher: Auch Sie werden in den nächsten Jahren für eine transnationale Liste, für Quotierung und für all diese Regelungen stimmen, so wie Sie sich haben überzeugen lassen von der Direktwahl des Europäischen Parlaments, vom Ausländerwahlrecht und all den anderen Dingen, die jetzt anstehen. Bitte machen Sie das möglich, und zwar schnell, damit wir nicht länger warten müssen. Seien Sie sicher: Es kommt, und es ist auch der richtige Weg.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP]
Elf Jahre!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das hat auch etwas mit Selbstverpflichtung zu tun. Ja, die Kritik bezüglich 2019 stimmt. Die sollten wir hier im Haus ein bisschen leiser äußern, weil sie die Kolleginnen und Kollegen des Europäischen Parlaments betrifft, aber wir sollten Sie laut in unseren eigenen Parteifamilien, in den demokratischen Parteifamilien, äußern. Es muss 2024 gelingen, dass diejenigen, die an der Spitze der europaweiten Wahlkampagnen stehen, auch den Anspruch erheben, Kommissionspräsidentin oder Kommissionspräsident zu werden. Dafür zu sorgen, muss unsere Verpflichtung sein. Das müssen sich Christdemokraten, Liberale, Sozialdemokraten, Grüne und auch die Linken versprechen. Wir sind der demokratische Verfassungsbogen in Europa, und da sollte sich keiner rausstehlen; denn die Bürgerinnen und Bürger werden uns das, was 2019 geschehen ist, nicht ein zweites Mal verzeihen. Die Kritik ist deshalb völlig berechtigt.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Das ist doch nicht an der EVP gescheitert! Das waren doch Sie!)
Was Schuldzuweisungen im Nachhinein anbelangt:
Ach so, Schuldzuweisungen! Wir werden belehrt, und dann sind es Schuldzuweisungen! Mein Gott!)
Lasst uns das in unseren eigenen Parteifamilien machen.
Es sind hier auch die vielen Zuschauerinnen und Zuschauer, die Besucherinnen und Besucher – herzlich willkommen! – im jüngeren Alter angesprochen worden. Wir haben die Herabsetzung des Wahlalters – das lag mal bei 25 Jahren – erst auf 21, dann auf 18 Jahre erreicht, und zwar immer in sozialdemokratischen Regierungszeiten. Wir haben jetzt, auch wieder mit einem sozialdemokratischen Kanzler, die Herabsetzung des Wahlalters bei der Europawahl auf 16 erreicht; und das ist auch gut so. Olaf Scholz hat in der letzten Woche vor dem Europäischen Parlament so viel Unterstützung bekommen – von Ihnen nicht – wie keiner vor ihm.
Beifall bei der SPD sowie des Abg. Valentin Abel [FDP])
Ich habe einige Reden von bedeutenden Europäern wie Helmut Kohl, Willy Brandt und Helmut Schmidt nachgelesen: Niemals hat ein Bundeskanzler zuvor vor dem Europäischen Parlament so klar gesagt, dass er die Reformen unterstützt, die Reformen innerhalb des Europäischen Parlaments und auch innerhalb der EU, Stichwort „Mehrheitsentscheidung“. Es ist gut, dass wir genau diese fortschrittliche Europapolitik mit dieser Koalition und mit diesem Bundeskanzler zur Europawahl 2024 machen. Genau darum wird es gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Eins ist auch klar – das richtet sich an Sie ganz rechts außen, weil Sie es einfach nicht verstehen –: Am Beginn unseres Grundgesetzes steht eben nicht: „Deutschland über alles oder über anderen“, sondern da steht, dass wir von dem Willen geprägt sind, gleichberechtigt in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen. Genau darum geht es.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP]
Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Das letzte Wort in dieser Debatte hat Alexander Hoffmann für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)