- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Meine Damen Staatssekretärinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir legen heute einen Antrag vor, bei dem wir – so glaubte ich – eigentlich sicher sein konnten, einen großen Konsens zu erzielen; denn wir haben eigentlich von Ihnen abgeschrieben. Das sage ich ganz offen.
Ich darf zuerst Olaf Scholz – damals Finanzminister; der, der weiß, wo das Geld herkommt – aus der ARD-„Wahlarena“ vom 7. September 2021 zitieren:
Wir haben die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie gesenkt und das noch mal verlängert, und ich will Ihnen gern versichern:
Das haben wir schon gelesen!)
Ich habe dieser Verlängerungsentscheidung zugestimmt und der Einführung in dem sicheren Bewusstsein: Das schaffen wir nie wieder ab.
Beifall bei der CDU/CSU
Zurufe von der CDU/CSU: Aha!
Also das ist jetzt etwas, was für die Gastronomie jetzt auch gelten soll.
Und: Darauf können Sie sich verlassen. – Zitat Ende.
Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, ich darf jetzt ergänzen: Das war der ehemalige Finanzminister, der jetzt in das Amt des Bundeskanzlers gewechselt ist.
Jetzt lese ich vor, was Bundesfinanzminister Christian Lindner am 20. März 2022 – das ist noch gar nicht so lange her – gesagt hat.
Vorlesestunde!)
– Ich kann wenigstens lesen, und ich kann auch reden, ohne dass ich ablesen muss, weil mir das, was ich lesen müsste, peinlich wäre.
Heiterkeit bei der CDU/CSU)
An den DEHOGA Bundesverband gerichtet sagte er, er sei absolut dafür, in dieser Legislaturperiode eine dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie durchzusetzen.
Beides soll offenkundig, Herr Mansmann, nicht mehr gelten. Deswegen kann ich über das, was so ich höre, nur staunen.
Ihren Antrag!)
– Herr Klüssendorf, selbstverständlich lehnen Sie das ab, von dem Ihr Bundeskanzler gesagt hat: Sie können sich darauf verlassen. – Unfassbar!
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Sie sind eine Koalition der Ankündigungen, aber niemals der Vollender, und Sie haben einen Kanzler, der eigentlich nur noch Kanzlerversprechen brechen kann.
Lassen Sie mich noch einmal kurz ergänzen, was die Kollegin Karliczek schon wunderbar ausgeführt hat – und Sie alle erfreulicherweise ja auch –: Die Gastronomie hat natürlich gelitten wegen ganz vieler Komponenten, die zusammenkamen. Aber es wird ja jetzt nicht besser; denn jetzt, wo sie eigentlich wieder ans Laufen kommen könnte, haben wir massiv steigende Energiepreise. Übrigens: Ihr Energiesteuersenkungsgesetz haben Sie erst einen Tag vorher vorgelegt; ich wollte es nur ganz kurz ansprechen wegen der Fristen. – Die Menschen haben jetzt damit zu kämpfen, dass die Inflationsrate steigt. Die Nahrungsmittelpreise steigen, das heißt, der Einkauf wird teurer, und die Verbraucher, die das an allen Ecken und Enden spüren, werden sich zurückhalten.
Jetzt gilt es doch, hier wieder dafür zu sorgen, dass die Menschen zueinander kommen können und auch Sicherheit und Halt aneinander finden. Das tun sie in der Gastronomie, wo sie sich treffen, wo sie sich austauschen. Das ist gelebte Lebensart. Das ist der Kitt der Gesellschaft, und dafür treten wir ein, in dem besten Wissen: Sie wollen eigentlich das Gleiche, Sie dürfen heute nur nicht.
Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dem Punkt bitte auch noch zu den kleinen, mittelständischen und unabhängigen Brauereien kommen; denn das, was wir hier vorfinden, ist etwas, was wir nicht nachholen können. Die Brauereien haben ihre Umsatzeinbußen ganz maßgeblich beim Fassbier gehabt, das bei Vereinsfesten, bei den großen Volksfesten, ausgeschenkt wird, die alle weggefallen sind, die langsam, aber noch wenig planbar, wieder anlaufen. Wollen wir ihnen gegenüber jetzt gleich wieder alle Hilfen reduzieren und nicht diese kleine Hilfe geben, die sie brauchen können, die zu geben für uns unproblematisch ist und die die FDP – bitte hören Sie gut zu, Herr Mansmann – am 23. März 2021 mit einem eigenen Antrag – nämlich weiterhin die Biersteuer zu senken – beantragt hat? Dann stimmen Sie doch bitte auch hier zu!
Hier geht es nicht um die 30 Prozent der gesamten Biermenge, die allein von einem Großkonzern ausgeschenkt werden. Hier geht es nur um 16,5 Prozent der Biermenge, aber um über 96 Prozent unserer traditionellen Brauereibetriebe, familiengeführte Betriebe.
Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das ist noch echtes Handwerk mit Traditionsbewusstsein, und es ist vor allen Dingen ganz, ganz wichtig für uns.
Wir stützen damit ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Wir können mit dem kleinsten Hebel – da haben Sie vollkommen recht – Großes bewirken, weil Vertrauen gefasst wird, weil Planbarkeit da ist und weil die Menschen in dieser Branche sehen: Wir haben tatsächlich verstanden, wie es ihnen jetzt geht.
Lassen Sie mich eines ergänzen: Zu den kleineren Brauereien gehören im Regelfall auch noch die Brauereigasthöfe. Sie werden doppelt getroffen, wenn Sie heute nicht zustimmen. Aber das geht allein mit Ihnen nach Hause.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD
Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ein Letztes. Lassen Sie mich damit auch noch für unsere Bürgerinnen und Bürger sprechen: Unsere Bürger haben Ängste, wie sie sie früher nicht haben mussten. Sie hatten immer irgendwelche Probleme. Heute haben sie Angst vor gesundheitlichen Problemen; diese Generationen haben eine Pandemie noch nicht erlebt. Sie haben Angst aufgrund des Konflikts in der Ukraine. Die Gefahr für ihre persönliche Sicherheit und die unseres Landes macht ihnen Angst. Und sie haben finanzielle Ängste aufgrund der galoppierenden Inflation, von der wir ehrlicherweise noch nicht wirklich wissen, wie wir sie gut in den Griff kriegen.
Das gilt für 80 Millionen Menschen!)
Deswegen gilt es jetzt, eines zu tun: ihnen Zuversicht zu geben, ihnen eine Geste zu geben, dass sie beieinander bleiben können, und dass wir fordern und fördern, was wir gemeinsam ja offenkundig schon einmal im Konsens gemacht haben.
Ich danke Ihnen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Es fährt in der Debatte fort Armand Zorn für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)