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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Schön, dass Sie hier die Stellung halten heute Abend. Herzlichen Dank dafür! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gefahren, die vom politischen Islamismus ausgehen, sind nicht unerheblich, und dennoch werden sie von vielen unterschätzt. Deshalb war es genau der richtige Schritt, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer im Sommer letzten Jahres den Expertenkreis „Politischer Islamismus in Deutschland“ im Bundesinnenministerium mit hochrangigen Vertretern eingerichtet hat. Unser klarer Appell an die Bundesregierung ist: Ziehen Sie keinen Schlussstrich, sondern lassen Sie den Expertenkreis, der noch ganz am Anfang seiner Arbeit steht, diese wichtige Arbeit fortsetzen, und unterstützen Sie ihn bei dieser wichtigen Arbeit!
Beifall bei der CDU/CSU)
Der politische Islamismus oder „legalistische Islamismus“, wie ihn die Sicherheitsbehörden nennen, agiert vordergründig zwar gewaltfrei, er vertritt aber ein Weltbild, in dem es weder Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit, Minderheitenschutz noch eine Trennung von Religion und Staat gibt. Burkhard Freier, der bis vor wenigen Wochen langjähriger Leiter des Verfassungsschutzes in NRW war, hält diese Form des Islamismus für noch gefährlicher als den gewaltbereiten Islamismus, da seine Vertreter durch eine gezielte Vereinnahmung und Beeinflussung von Politik und Gesellschaft eine islamistische Gesellschaftsordnung anstreben.
Diese Politisierung und Verabsolutierung der Religion behindert Integration in Deutschland. Sie führt zur Abgrenzung der Muslime von Nichtmuslimen, sie übt Druck auf Kritiker und liberale Muslime aus, die für eine undogmatische Religionsausübung stehen, und am Ende befördert diese Ideologie die Bildung von Gegengesellschaften. Das ist etwas, was wir als wachsame und wehrhafte Demokraten nicht zulassen dürfen, und da müssen wir gegensteuern.
Beifall bei der CDU/CSU
Der Politikwissenschaftler Ismail Küpeli hat auf eine verblüffende Parallele zwischen Islamisten und Rassisten hingewiesen. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin. Er sagte:
In einer frappierenden Übereinstimmung mit Islamisten gehen die deutschen „IslamkritikerInnen“ davon aus, dass der „wahre“ Islam gleichbedeutend mit einer reaktionären Interpretation des islamischen Rechts ist.
Beide – Rassisten und Islamisten – sehen die islamische Religion als andersartig, als homogen und als unveränderlich an. Ich sage: Beides ist grundfalsch, und beidem muss auch entschieden widersprochen werden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Was aber wichtig ist: Wir brauchen substanzielle Erkenntnisse über Strukturen, Zusammenhänge, Abhängigkeiten und eben auch die Finanzierung im Bereich des politischen Islamismus. Doch genau darüber wissen wir eigentlich viel zu wenig. Wir kennen islamistische Organisationen, wie die Deutsche Muslimische Gemeinschaft, das Islamische Zentrum bei mir in Hamburg oder die Furkan-Gemeinschaft. Wir wissen aber erstaunlich wenig über das Innenleben und die Vernetzung dieser Organisationen, und wir wissen noch viel weniger über die Finanzierung. Das hat im Übrigen auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem Gutachten 2018 ausdrücklich festgestellt.
Es ist beachtlich: Erst durch eine ganz umfassende, wirklich beeindruckende Recherche der „Welt am Sonntag“ wurde im letzten Dezember bekannt, dass eine britische Tarnorganisation der Muslimbrüder hier in Berlin, im Wedding, ein Gebäudeensemble erworben hat, das nunmehr Vertretern aus dem Umfeld des politischen Islamismus ein Zuhause bietet und faktisch auch die Deutschlandzentrale der Muslimbrüder ist. Die Muslimbruderschaft ist übrigens jene Organisation, die in vielen islamischen Staaten verboten ist, weil die Gefahr der Errichtung eines islamistischen Staates dort ganz real ist. Deshalb ist es auch beunruhigend, wenn Muslimbrüder Millionenbeträge in die Hand nehmen, um auch in Deutschland ihr Weltbild noch stärker zu verbreiten.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Zur Bekämpfung des politischen Islamismus ist es wichtig, die Finanzquellen zu kennen und zu wissen, wer Vereine und Organisationen in diesem Bereich finanziert und damit auch Einfluss nimmt. Das gilt ganz besonders für Auslandsfinanzierungen.
Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn radikale Strukturen in Deutschland durch radikale Geldgeber aus dem Ausland weitgehend ungehindert gefördert und finanziert werden. Hier muss Licht in das Dunkel gebracht werden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ermittlungen sind bisher aber kaum möglich. „Finanzermittlungen sind uns nur im gewaltbereiten Islamismus gestattet.“ Das hat der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang gegenüber der „Welt am Sonntag“ betont, und das ist genau der Hintergrund unseres Antrags, mit dem wir dem Verfassungsschutz diese Möglichkeit auch im Bereich der Extremismusfinanzierung einräumen wollen.
Das Zweite, was wir wollen, ist, dass Vereine und Körperschaften, die sich zu einem ganz erheblichen Anteil aus dem Ausland finanzieren, dies zum Beispiel im Rahmen der Jahresabschlüsse gegenüber den Finanzämtern offenlegen müssen.
Schließlich geht es auch darum, dass man mit Staaten wie Katar, die sehr bekannt für Extremismusfinanzierung sind, Gespräche führt und dort als Regierung einschreitet. Das gehört auch auf die außenpolitische Agenda der Bundesregierung.
In all diesen Bereichen sollten wir mit unseren EU-Partnern und auch mit Großbritannien eng zusammenarbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als Union wünschen uns ein muslimisches Gemeindewesen, das vom Ausland unabhängig ist und verlässlich auf dem Boden des Grundgesetzes steht, so wie es ein Großteil der Muslime in Deutschland schon lange tut, und für die Erreichung dieses Ziels soll unser Antrag ein Baustein sein.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Helge Lindh das Wort.
Beifall bei der SPD)