Zwischenrufe:
2
Beifall:
11
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem wir den Vormittag damit verbracht haben, uns gegenseitig zu erzählen, warum wir uns nicht einig sind und wo die Unterschiede liegen, ist es – glaube ich – mal gut, eine Debatte darüber zu führen, wo wir uns – zumindest die Parteien der Mitte – einig sind. Das ist wichtig, und zwar ist es deswegen wichtig, weil draußen zuweilen der Eindruck entsteht, wir würden uns nur streiten. Ich glaube – und gucke in die Runde –, in 80 bis 90 Prozent der Fälle sind wir uns einig, insbesondere in der Außenpolitik. Und dazu gehört auch Indien.
Wir sind uns einig, dass die Bedeutung von Indien rasant wächst. Frau Kopf, ich will noch mal wiederholen, was ich auch im Ausschuss gesagt habe. Indien ist das bevölkerungsreichste Land der Welt; Indien ist die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt; Indien spielt eine wichtige geopolitische Rolle als regionale Ordnungsmacht, als Kontrapunkt zu China und natürlich auch als Land, das den Anspruch erhebt, den Globalen Süden zu führen. Deswegen ist Indien wirklich entscheidend. Und auch den Kampf gegen den Klimawandel werden wir nicht gewinnen, wenn wir das ohne die 1,4 Milliarden Inder machen. Es gibt also viele gute Gründe, die zeigen, dass Indien wichtig ist.
Das ist für uns auch eine große Chance, das muss man ganz ehrlich sagen. Es ist wirtschaftlich eine Chance. Indien ist ein noch unerschlossener Absatzmarkt. Die indische Mittelschicht hat mehr Angehörige, als die Europäische Union Einwohner hat. Es kann aber auch ein guter Beschaffungsmarkt sein. Indien kann ein geopolitischer Partner sein – noch mal: auch als Kontrapunkt gegen China. Und Indien ist der Ansprechpartner für uns, wenn es darum geht, in die Kommunikation mit dem Globalen Süden zu kommen. In der neuen Weltordnung, die momentan entsteht, spielt Indien eine ganz wichtige Rolle. Indien kann ein guter Verbündeter im Kampf gegen den Klimawandel sein, und ist es bereits. Da gibt es sehr interessante Projekte.
Wir wissen aber auch – dabei gucke ich in die Runde all derjenigen, die sich mit Indien beschäftigen –: Indien ist nicht einfach. Es ist eine Demokratie, das haben die letzten Wahlen eindrucksvoll gezeigt. Aber trotzdem führen wir alle Gespräche mit Journalisten, mit Wissenschaftlern, mit Aktivisten, die uns sagen: Es ist einiges schwierig in Indien. – Das nehmen wir sehr ernst.
Trotzdem müssen wir – und das ist keine Kritik an der jetzigen Regierung, sondern dafür kann man auf die letzten 20 Jahre zurückblicken – mehr mit Indien machen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn man sich anguckt, was wir mit China gemacht haben, und wenn man sich anguckt, was wir mit Indien machen, dann stellt man fest: Da stimmt die Balance nicht. Wir brauchen mehr persönliche Kontakte, wir brauchen mehr Kommunikation, wir brauchen mehr Investitionen, wir brauchen mehr Handel, wir brauchen mehr Austausch – und zwar nicht nur unter Wissenschaftlern, sondern auch unter Schülern, unter Studenten, unter Praktikanten. Das sollte nicht nur einseitig stattfinden – wir haben sehr viele Inder, die in Deutschland studieren –, sondern auch von der anderen Seite ausgehen.
Deswegen finde ich es auch gut – jetzt lobt die Opposition die Regierung, Frau Lührmann –, dass das Auswärtige Amt zum ersten Mal ein Referat für Indien eingerichtet hat. Das ist gut, und ich bedanke mich ausdrücklich bei den Kollegen. Die Kommunikation mit der deutsch-indischen Parlamentariergruppe ist richtig gut. Und ich finde es auch gut – es ist ein bisschen spät –, dass dieses Grundsatzdokument „Fokus auf Indien“ jetzt herausgekommen ist. Ich könnte das kleinteilig kritisieren, mache ich aber nicht, weil da ganz, ganz viel Richtiges drinsteht.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP],
Das steht in einer guten Tradition. Wir stehen kurz vor den gemeinsamen Regierungskonsultationen, die 2011 von Angela Merkel auf den Weg gebracht wurden. Es ist richtig und gut, dass das jetzt fortgesetzt wird. Denn ich glaube, wir brauchen in der Außenpolitik eine große Kontinuität unabhängig von den Regierungen. Deswegen ist das wichtig.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
– Ich kriege heute mehr Beifall von der SPD als von euch bei der Union. Das ist verdächtig.
Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Die sind in der Mittagspause!)
Jetzt gibt es vielleicht doch noch ein bisschen Kritik an der Regierung.
Zuruf von der CDU/CSU: So, jetzt kriegst du Beifall!)
– Ja, jetzt werden sie wach. – Wir müssen uns eines vor Augen halten: Es gibt viele Papiere, und es gibt viele Strategien. Und wir müssen das mit Leben füllen.
Beifall bei der CDU/CSU
Das war gar keine Stelle zum Klatschen!)
– Ist egal. – Aufgeschrieben reicht nicht, sondern wir müssen das mit Leben füllen, und da waren wir alle in der Vergangenheit schwach. Wir haben immer viel aufgeschrieben und zu wenig gemacht.
Beifall der Abg. Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU])
Ich möchte einen Aspekt herausgreifen und zitiere da – nicht wörtlich, sondern sinngemäß – sogar den Bundeskanzler aus der letzten Regierungserklärung, der gesagt hat – es ist ja auch eine europäische Debatte –: Im Bereich Außenhandel hat Europa noch ziemlich viel Potenzial nach oben. – Recht hat er. Er hat ein bisschen unterschlagen, was sein eigener Beitrag dazu ist; aber recht hat er. Deswegen müssen wir mehr Außenhandel machen.
Frau Kopf, Sie haben es gesagt: Das Freihandelsabkommen stockt. – Daher müssen wir uns andere Wege suchen. Warum stockt es? Na ja, die Europäische Union hat hin und wieder auch einen gewissen weltpädagogischen Ansatz beim Abschluss von Freihandelsabkommen.
Beifall des Abg. Nils Gründer [FDP])
Es ist aber auch so, dass die Inder auch nicht immer ein einfacher Partner sind. Und das Projekt mit den Wirtschaftskorridoren – Sie haben es eben vorgestellt, Frau Kopf; ich wiederhole es nicht – ist wirklich vielversprechend. Deswegen sollten wir alle daran arbeiten und auch viel Druck auf die europäische Ebene bringen; denn die müssen es endverhandeln, dass dieses Projekt auch funktioniert.
Ich erwarte jetzt nicht, dass Sie unserem Antrag zustimmen. Für die Zuschauerinnen und Zuschauer: Selbst wenn wir das Grundsatzprogramm der SPD zur Abstimmung stellen würden, würde die SPD nicht zustimmen, weil es von uns käme. Daher suchen Sie jetzt Punkte, anhand derer Sie das Ganze kritisieren können. Ich möchte auf zwei, drei Punkte eingehen:
Natürlich ist es momentan schwierig – dieser Wirtschaftskorridor geht durch den Mittleren Osten –, da was hinzukriegen. Aber wir müssen auch in Bezug auf den Mittleren und Nahen Osten langfristig denken. Wir sollten jetzt anfangen, Grundlagen zu legen, damit in der Region, wenn der Krieg mal vorbei ist, eine Entwicklung stattfindet.
Beifall bei der CDU/CSU)
Dann wird gesagt: Es ist eine Geldfrage. Und Global Gateway hat nur 300 Milliarden Euro. Wir würden das Geld von Afrika wegnehmen wollen. – Nein, wir wollen es nicht von Afrika wegnehmen. Ich glaube, das Projekt hat das Potenzial, dass es auch noch mitfinanziert werden kann.
Dann wird auch gesagt: Das ist ja eigentlich eine europäische Angelegenheit. – Wir sind hier im Europadebattenmodus; es eine Debatte, die aus dem Europaausschuss kommt. Und es ist, glaube ich, auch wichtig für unser Selbstverständnis als Bundestag, dass wir die Bundesregierung dabei unterstützen – und das war der Sinn unseres Antrages –, in Europa tätig zu werden, den Business-Korridor, den Wirtschaftskorridor, nach vorne zu treiben. Deswegen meine herzliche Bitte: Unterstützen Sie Ihre eigene Regierung, und stimmen Sie unserem Antrag zu!
Beifall bei der CDU/CSU
Patrick Schnieder [CDU/CSU], an SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gewandt: Kein Beifall mehr!)