Zwischenrufe von Günter Krings an Anke Domscheit-Berg
Zum Schluss möchte ich ein allerletztes Mal am Ende meiner Rede zu § 219a kommen. Es ist tatsächlich geschafft.
Reden Sie zum Thema!)
Erstens. Ist sie geeignet? Zweck dieser Maßnahme soll sein, Bilder von sexualisierter Gewalt gegen Kinder im Internet zu verfolgen. Wie die Union aber kürzlich auf ihre eigene schriftliche Frage von der Bundesregierung erfuhr, gab es 2021 bei 96 Prozent dieser Straftaten kein einziges Problem mit den IP‑Adressen.
Und die 2 000 Kinder sind Ihnen egal?)
entweder einen öffentlichen Internetanschluss zu benutzen oder aber einen Tor Browser; der verschleiert nämlich ihre IP‑Adresse. Die IP‑Adressen, die Sie da erfahren würden, führten ins Leere, aber nicht zum Straftäter. Die Maßnahme ist mithin nicht geeignet.
So weit die Beurteilung aus Sicht der Textilkunst!)
Außerdem hat die CDU offenbar die Einschränkung des EuGH nicht verstanden, wonach die Speicherfrist auf das äußerst Notwendige beschränkt sein muss. Bei Ermittlungen schwerster Straftaten sollten Behörden aber so mit Personal und Ressourcen ausgestattet sein, dass sie IP‑Adressen auch in ein paar Tagen abfragen können,
Welche Frist schlagen Sie denn vor?)
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Täglich grüßt das Murmeltier“, so kommentierte der „Logbuch:Netzpolitik“-Podcast das drölfzigste Gerichtsurteil zur Rechtswidrigkeit irgendeiner Vorratsdatenspeicherung. Es war das fünfte Urteil dazu vom Europäischen Gerichtshof. Die CDU/CSU hat aber auch diesmal nix daraus gelernt. Die Tinte auf dem Urteil war noch gar nicht trocken, da kamen Sie schon mit einem neuen Vorschlag um die Ecke, nämlich einer anlasslosen Speicherung von IP‑Adressen. Ja, es stimmt, der EuGH hat kleine Spielräume gelassen; aber drei Voraussetzungen gelten auch dann. Eine Überwachungsmaßnahme muss nämlich dreierlei sein: erstens geeignet, zweitens angemessen und drittens verhältnismäßig. Ich mache da gerne mal die Erklärbärin für die CDU/CSU.
Ganz dünnes Eis, Frau Kollegin!)
Was der Sachverständige der CDU allerdings nicht gefordert hatte, sind – Überraschung! – sechs Monate Speicherfrist für IP-Adressen.
Vielleicht nur drei!)
In seiner Stellungnahme schreibt der erwähnte Oberstaatsanwalt – Zitat –: Die Quantität und die Qualität der Ermittlungsarbeit müssen leider deutlich hinter dem zurückbleiben, was „bei adäquater Ausstattung“ machbar ist. Er ergänzt, das sei ein strukturelles, bundesweites Problem. In Nordrhein-Westfalen hat die Aufstockung von Personal, die Einrichtung einer Zentralstelle und von Sonderdezernaten zu einer erheblichen Aufhellung des Dunkelfeldes und sogar zu einer Vervielfachung der Ermittlungen geführt.
Ja! Das stimmt! Guter Innenminister da!)
Auch eine Log-in-Falle kann Ermittlungen effektiver machen. Wenn ein Verdächtiger sich einloggt, werden dessen Daten anlassbezogen erfasst. Engagieren Sie sich doch dafür.
20 000 Einstellungen!)
Dann kann man nämlich Täter tatsächlich schneller aus dem Verkehr ziehen.
20 000 Schicksale! 20 000!)
Die Linksfraktion empfiehlt der Union eine Weiterbildung zur Prävention, zur Verhinderung sexualisierter Gewalt an Kindern, aber auch zu Grundrechten.
Das müssen Sie gerade sagen!)
Die Ampel sollte der Vorratsdatenspeicherung endgültig eine Absage erteilen und vor allem im BMI die Blockade gegen das grundrechtssensiblere Quick-Freeze-Verfahren aufgeben, außerdem bestehende Überwachungsgesetze hinsichtlich ihrer Wirksamkeit evaluieren und, solange die versprochene Überwachungsgesamtrechnung nicht da ist, auf keinen Fall neuen Überwachungsbefugnissen zustimmen. Dazu gehört ein klares Nein in Brüssel in den Verhandlungen zur Chatkontrolle, mit der die größte Überwachungsinfrastruktur seit Bestehen des Internets geschaffen werden soll. Das müssen Sie verhindern! Ich drücke Ihnen dafür die Daumen, liebe Damen und Herren der Regierungskoalition. Den Antrag der Union lehnt die Linksfraktion selbstverständlich ab.
– Ich weiß gar nicht, wie Sie gleichzeitig reden und zuhören können. Es wäre gut, Sie würden mal zuhören.
Sie halten doch die gleiche Rede wie beim letzten Mal! Ihnen fällt gar nichts anderes ein scheinbar!)
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt gibt es schon seit fast 20 Jahren immer wieder neue Versuche, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen.
Nur, das ist ja keine!)
Man hat die Angst der Bevölkerung vor Terroranschlägen instrumentalisiert. Weil diese Angst weitgehend aus dem Alltag verschwunden ist, nutzt die Union jetzt die entsetzliche Gewalt gegen Kinder als neuen Vorwand
Kann man Ihnen das eigentlich glauben?)
Ginge es Ihnen in der Union tatsächlich darum, Kinder zu schützen,
Ihnen geht es darum nicht! Ihnen geht es darum offenbar nicht!)
und zum Beispiel Anträge für niedrigschwellige Hilfsangebote für Kinder oder Anträge für mehr Aufklärung für Erwachsene, die mit Minderjährigen zu tun haben, stellen.
Die Union fordert nicht, was effektiv die Strafverfolgung verbessern würde:
Eine echte Täterschutzrede!)
eine ausreichende personelle und technische Ausstattung zum Beispiel. Der Mangel daran ist die Hauptursache für schleppende Ermittlungen. Das hat Ihr eigener Sachverständiger in der Anhörung so gesagt.
Täterschutzrede!)
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum dritten Mal debattieren wir hier den vorliegenden Antrag der Union, die seit 20 Jahren die Einführung der Vorratsdatenspeicherung fordert,
Um die geht es hier nicht!)
zur Abwechslung in der Variante „IP-Adressen“ und unter dem Vorwand des Kinderschutzes. Ich könnte meine alten Reden noch mal halten.
Dann kommt auch nichts Neues!)
Zwischenrufe von Anke Domscheit-Berg an Günter Krings