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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte gibt Anlass, über die deutsche Rüstungsindustrie und die Praxis der Rüstungsexporte vergangener Regierungen und der derzeitigen Bundesregierung noch mal sehr grundsätzlich zu diskutieren. Dazu möchte ich zwei Vorbemerkungen machen.
Als der Bundeskanzler nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine hier an diesem Pult im Deutschen Bundestag die Zeitenwende ausgerufen hat, muss eigentlich allen, die da waren, klar gewesen sein, dass die Zeitenwende nicht damit erschöpft ist, dass wir einmalig ein Sondervermögen für die Ausrüstung der Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro miteinander verabreden und beschließen, sondern „Zeitenwende“ bedeutet unter anderem auch, dass es in Zukunft Ihnen, sehr geehrte Frau Schäfer, und anderen von der Fraktion der Grünen nicht mehr möglich sein wird, sonntags auf Ostermärschen gegen die Rüstungsindustrie zu wettern und zu schimpfen, um dann am Montag bei ihr zu bestellen. „Zeitenwende“ bedeutet nämlich auch ein klares Bekenntnis dazu, dass es in Deutschland eine gut aufgestellte, gut funktionierende, innovative Rüstungsindustrie gibt. Und unser Auftrag ist es, diese Industrie am Standort Deutschland in Zukunft zu stärken, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU
Die zweite Vorbemerkung, die damit in Zusammenhang steht – ich will es an dieser Stelle noch mal ausdrücklich sagen –: Es wird hier so getan, als ob es schon ein Rüstungsexportkontrollgesetz gäbe. Das gibt es überhaupt noch nicht; es gibt noch nicht mal einen Entwurf.
Alles, was es gibt, ist ein Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministeriums, das noch mal überarbeitet werden soll. Angekündigt war, dass es im letzten Herbst vorliegen sollte, dann hieß es, im letzten Winter, dann hieß es, es solle im Frühjahr vorliegen. Nach meinem Kalender ist das Frühjahr zu Ende,
Frühjahr geht noch bis zum 20.06.! Sie haben den falschen Kalender!)
und Sie haben sich immer noch nicht verständigt. Sie haben sich deswegen nicht darauf verständigt, weil es zwei große inhaltliche Konfliktpunkte gibt. Deswegen möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen: Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Rüstungsexportkontrollgesetz nicht per se gut ist. Vielmehr kommt es für uns als Union entscheidend darauf an, was am Ende drinsteht. Ich kann Ihnen sagen: Wenn in dem Entwurf des Rüstungsexportkontrollgesetzes am Ende drinsteht, dass irgendwelche Verbände ein Verbandsklagerecht gegen die Entscheidungen des Bundessicherheitsrats haben, dann wird es die Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion dazu natürlich keinesfalls geben können, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Bei der Frage, ob wir Rüstungsgüter exportieren, geht es um das nationale Sicherheitsinteresse. Das ist was völlig anderes als Tierschutz-, Wettbewerbs- oder meinetwegen auch Verbraucherschutzrecht. Für Fragen der nationalen Sicherheit gibt es einen „Verband“, der darüber entscheidet, ob das verantwortbar ist oder nicht, und das ist dieses Parlament, das ist der Deutsche Bundestag. Wenn wir und die Bundesregierung der Auffassung sind, dass etwas vertretbar ist, dann ist das vertretbar, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das betrifft im Übrigen auch die Frage: Wie gehen wir mit Gemeinschaftsprojekten in der Europäischen Union um? Ich weiß, dass das der zweite große Konfliktpunkt innerhalb der Koalition ist. Hierzu möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen: Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen erst verkünden, dass wir in der Außen- und Sicherheitspolitik in Europa mehr Gemeinsamkeit brauchen, um dann hinterher zu sagen: Wenn es um gemeinsame Rüstungsprojekte geht, wollen wir als Deutschland ein Vetorecht haben, um entscheiden zu können, ob Produkte aus gemeinsamen Rüstungsprojekten in Großbritannien, Italien oder Spanien dann auch tatsächlich geliefert werden. Das ist das Gegenteil von europäischer Verständigung. Deswegen muss es dabei bleiben, dass es Mehrheitsentscheidungen gibt und Deutschland am Ende nicht eine Vetomacht innerhalb der Europäischen Union bei gemeinsamen Beschaffungsprojekten ist.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns auf das schauen, was Sie in das Gesetz reinschreiben. Wir sind uns einig, dass die bisherigen Bundesregierungen und die amtierende Bundesregierung sehr verantwortbar mit den Exportgenehmigungen umgegangen sind.
Zum Stichwort „Transparenz“ will ich an dieser Stelle nur sagen: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Sie als Grüne haben immer Transparenz gefordert. Die Ersten, die die Transparenzregeln nicht mehr eingehalten haben, sind Sie selber. Sie haben wochen- und monatelang dem Parlament überhaupt nichts über die Rüstungsexporte in die Ukraine berichtet. Sie haben nichts berichtet mit der Begründung, der Bundessicherheitsrat habe ja nicht getagt, sondern nur die Leitungsebene der im Bundessicherheitsrat vertretenen Ressorts. Das ist eine Umgehung, mit der Sie sich Ihrer Berichtspflicht entzogen haben. So funktioniert das nicht. Wenn Sie Transparenz wollen, dann müssen Sie diese Transparenz auch tatsächlich leben, meine Damen und Herren.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Wir werden den Antrag der AfD-Fraktion natürlich ablehnen, weil sich durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine an den politischen Leitlinien gar nichts geändert hat. Ich will an dieser Stelle ausdrücklich sagen: Dass ausgerechnet jetzt unsere Unterstützungsmaßnahmen für die Ukraine zum Anlass genommen werden, ein Vetorecht bei Rüstungsexporten zu verlangen, ist wirklich absurd.
Beifall des Abg. Jan Metzler [CDU/CSU])
Die von Ihnen immer vertretene These, Rüstungslieferungen verlängerten den Krieg und töteten Menschen, beschreibt genau das Gegenteil dessen, was tatsächlich stattfindet. Wir liefern keine Waffen, damit Menschen getötet werden.
Wir liefern Waffen, damit Menschen vor den russischen Tötungsangriffen gerettet werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Deswegen stehen diese Lieferungen in der Kontinuität unserer bisherigen Rüstungsexportpolitik.
Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner in dieser Debatte ist Maik Außendorf für Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)