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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, da scheint Ihnen in den vergangenen Monaten einiges aus der Presse entgangen zu sein. Kollege Trittin und Kollege Beeck haben dankenswerterweise die Namen aller Regierungsmitglieder aufgezählt, die in den letzten Monaten bereits dort waren. Dadurch kann ich etwas Redezeit sparen. Ich möchte aber doch festhalten, dass wir feststellen können, dass der Vorwurf in Ihrem Antrag, dass seit dem Amtsantritt der Bundesregierung keine hochrangigen Reisen nach Lateinamerika stattgefunden hätten und kein Interesse bestehe, faktisch falsch ist und völlig an der Realität vorbeigeht.
Beifall bei der SPD)
Sie beklagen in Ihrem Antrag zudem die fehlende Lateinamerika-Karibik-Strategie der Bundesregierung. Stimmt! Ich kann Ihnen aber sagen, dass diese nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. Vorangegangen sind unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Europaparlament, die bereits im Februar ihr Strategiepapier zu Lateinamerika und der Karibik vorgestellt haben. Dieses Papier haben Sie sicher gelesen. Wenn nicht, kann ich Ihnen das wärmstens ans Herz legen. Die Kernbotschaft des Papieres wird sich sicher auch in unserem wiederfinden.
Auch erwähnen Sie die Beziehungen Lateinamerikas mit China, und Sie wünschen sich, dass Deutschland China aus der Region drängt. Das ist, mit Verlaub, naiv und schlichtweg unrealistisch. Unser Modell ist die internationale Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Wir können und werden von den Staaten Lateinamerikas keine Vorzugsbehandlung erwarten. Die meisten Regierungen in der Region wollen ihre Außenbeziehungen ausdifferenzieren und ausbalancieren. Das respektieren wir. Aber wir Europäer bieten eine echte Alternative.
Beifall bei der SPD)
Ihr Wunsch, China aus der Region zu drängen, ist schon ein wenig arrogant, wie ich finde. Die meisten Länder Lateinamerikas und der Karibik können es sich schlichtweg nicht leisten, auf den chinesischen Markt und die entsprechenden Investitionen zu verzichten. Kollegin Vogler hat es gesagt: Das tun wir in Deutschland im Übrigen auch nicht.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Max Lucks [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
In den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Lateinamerika findet zurzeit ein Paradigmenwechsel statt, eine – man kann es durchaus so sagen – Zeitenwende, weg von der Einschätzung der Region als reiner Rohstofflieferant, hin zu einer Partnerschaft auf Augenhöhe. Nur mit Respekt füreinander werden wir die globalen Herausforderungen unserer Zeit gemeinschaftlich anpacken können. Der Klimawandel, der Angriff auf die freiheitlichen Demokratien – es ist einiges zu tun. Und der russische Angriffskrieg hat doch deutlich gezeigt, wie wichtig diese demokratischen Bündnisse und partnerschaftliche Beziehungen auf Augenhöhe sind.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Aber auch in vielen Ländern Lateinamerikas hat dieser Paradigmenwechsel längst stattgefunden. Diese Länder wollen sich nicht mehr als Rohstofftankstelle betrachten. Sie wollen eine wirtschaftliche und politische Umkehr. Wir können unsere Rolle in der Region am besten behaupten, indem wir diese Länder auf ihrem Weg unterstützen, neue industriepolitische Impulse zu setzen und das alte, an Exporten von Rohstoffen orientierte Modell hinter sich zu lassen. Vor allen Dingen die progressiven Regierungen in der Region wollen die Transformation zu einem nachhaltigen Wirtschaftsmodell anstoßen, das Ressourcen schont und sozialverträgliches Wachstum ermöglicht.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das gelingt über gute berufliche Bildung und ausreichende soziale Absicherung. Dafür steht die Sozialdemokratie.
Denn so bekämpft man informelle Beschäftigung; Arbeitsplätze werden geschaffen, und die Produktivität wird deutlich gesteigert. Hierzu werden wir unseren Beitrag leisten.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch bei den Freihandelsabkommen schreiten wir voran. Wir setzen uns für die Ratifizierung des EU-Mercosur-Abkommens mit überprüfbaren und rechtlich verbindlichen Verpflichtungen zum Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsschutz mit unseren Partnerländern ein. Dabei spielen der Schutz und der Erhalt der Regenwälder eine zentrale Rolle. Der Regierungswechsel in Brasilien hat die Aussichten auf einen zügigen Abschluss dieses Abkommens deutlich verbessert.
Ich hoffe, da gibt es kein böses Erwachen!)
Bei allen Handelsabkommen sind die Fragen der umweltschonenden Verwendung von Ressourcen, der Einhaltung von Menschenrechten, der Wertschöpfung vor Ort und fairer Lieferketten ein ganz zentrales Argument. Und dafür haben wir ja Instrumente auf deutscher und auf europäischer Ebene geschaffen, beispielsweise das deutsche Lieferkettengesetz, das geplante Pendant auf EU-Ebene und die EU-Anti-Entwaldungsverordnung, um mal nur drei Beispiele zu nennen; die Liste ließe sich noch lange fortführen.
Obwohl Ihr Antrag in einigen Punkten ganz vernünftig erscheint, muss ich leider feststellen, dass er in anderen Punkten ein bisschen veraltet ist. Das werden Sie wahrscheinlich mittlerweile auch so sehen. Ein bisschen realitätsfremd ist er auch. Ich bin aber sehr erfreut, dass Sie Lateinamerika jetzt ganz weit oben in Ihren Prioritäten haben.
Lassen Sie uns zusammen daran arbeiten.
Herzlichen Dank. Muito obrigado e boa noite.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Jens Beeck [FDP])
Für die CDU/CSU-Fraktion erhält jetzt das Wort Thomas Silberhorn.
Beifall bei der CDU/CSU)