Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal ist es sehr erfreulich, dass die Union ihren Antrag diesmal tatsächlich auf der Tagesordnung gelassen und die Befassung nicht wieder verschoben hat. Man hatte bei den zahlreichen Verschiebungen schon den Eindruck, dass Sie vielleicht gar kein ehrliches Interesse mehr an der Region haben.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ja, Chinas Einfluss ist groß, und das nicht nur aufgrund der stetig wachsenden Zahl von Konfuzius-Instituten. Auch lokale Medien erhalten aus China beispielsweise kostenfreie Depeschen für ihre Pressearbeit. Eine YouGov-Umfrage im Jahr 2022 hat gezeigt: Chinas Rolle in der Welt wird besonders in Lateinamerika positiv wahrgenommen. Die Pandemie und die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben deutlich gemacht, wie heterogen sowohl die EU als auch Lateinamerika von Krisen betroffen sein können. China und auch Russland repräsentieren sich dabei als Helfer in der Not. Sie versorgen Lateinamerika beispielweise mit günstigen Impfstoffen. Über den Covax-Mechanismus gab es von Deutschland und der Europäischen Union nur relativ wenige Impfdosen in der Covid-Pandemie. Dies hat im Bewusstsein der lateinamerikanischen Bevölkerung Spuren hinterlassen.
Auch als Handelspartner spielt die Volksrepublik eine wichtige Rolle. Seit Jahren ist China Brasiliens größter und wichtigster Handelspartner. Staatskonzerne investieren massiv in den Stromsektor, aber auch in die Häfen. Vergangene Woche war Präsident Lula da Silva mit einer großen Delegation in China. In Peking betonte er, dass Brasilien und China gemeinsam die Geopolitik der Welt ins Gleichgewicht bringen werden.
Aber zur Realität gehört auch, dass die Kritik an der chinesischen Expansionspolitik in Lateinamerika durchaus wächst. So berichteten lokale Medien in Bolivien im Dezember des vergangenen Jahres, dass chinesische Unternehmen hinter den Bergbaukooperationen stehen, die für den illegalen Goldabbau verantwortlich sind – und dies mit einer sehr katastrophalen Umweltbilanz vor Ort. Im Januar war ich selbst in Bolivien und habe dort mit Politikerinnen und Politikern, mit Aktivisten gesprochen, insbesondere über die fragile Lage in Sachen Umweltschutz. Über den illegalen Bergbau gelangt viel Quecksilber in die Flüsse und auch in das Grundwasser. Vergifteter Fisch führt dazu, dass Anwohnerinnen und Anwohner erkranken können. Zudem steigen die Mengen an Fleisch, die nach China exportiert werden, was dazu führt, dass mehr Weideflächen notwendig sind und die Entwaldung in der Region fortschreitet.
Das Bewusstsein über die negativen Auswirkungen des chinesischen Rohstoffhungers wächst langsam, genauso wie das Bewusstsein, dass unausgeglichene Handelsbeziehungen bestehen. So hat kürzlich der argentinische Präsident Fernández in einem Gespräch in Peking deutlich gemacht, dass Handelsbeziehungen so gestaltet sein müssen, dass beide Seiten profitieren.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Eine von der FES beauftragte Umfrage hat im Jahr 2021 folgendes ermittelt: China werden Kompetenzen in den Bereichen Technologie, Digitalisierung und Wissenschaft bestätigt. Währenddessen sieht eine Mehrheit der lateinamerikanischen Bürgerinnen und Bürger, dass Europa führend in normativen und sozialen Fragen ist. Es wurde deutlich, dass eine starke Präferenz für die Demokratie und gegen autoritäre Regierungsformen besteht. Das zeigt: Es gibt ein enormes Potenzial für unsere Beziehungen. Wir müssen unseren lateinamerikanischen Wertepartnern einen Mehrwert bieten und attraktive Angebote für die Zusammenarbeit machen. Und dabei geht es eben nicht nur um die Bemühungen der EU-Kommission, mit den Mercosur-Partnern eine Einigung zu erreichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten diese Verhandlungen nutzen, um unsere Beziehungen in dieser Region mit allen und auf allen Ebenen zu vertiefen. Wir brauchen ein Abkommen, in dem auch die Garantie der Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz und gute Arbeitsbedingungen eine Rolle spielen
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
und sich auch die Forderung der Mercosur-Staaten nach einer ausgeglichenen Handelsbilanz, nach Investitionen, nach Schutz der einheimischen Industrie und nach einer gestiegenen Wertschöpfung im eigenen Land widerspiegelt.
Ende Januar besuchte Bundeskanzler Scholz im Rahmen seiner Südamerikareise Chile, einen der größten Lithiumproduzenten der Welt. Lithium ist das Produkt, das wir für unsere Akkus in E-Autos und Smartphones dringend brauchen. Chiles Liefervertrag mit China läuft 2030 aus. Der Bundeskanzler hat hier Deutschland ins Gespräch gebracht und dabei betont, dass man im Sinne einer echten Partnerschaft die Wertschöpfung in Chile fördern möchte.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir müssen die Potenziale, die in der Partnerschaft zu Lateinamerika stecken, besser nutzen. Dazu gehören Kooperationen in der Wissenschaft, im Gesundheitswesen, in der Industrie, in der Landwirtschaft und selbstverständlich auch bei der Bekämpfung der extremen Armut und des Klimawandels sowie die Schaffung von Energiepartnerschaften und die Reform des Multilateralismus.
Bis Juni 2023, also noch vor dem EU-Lateinamerika-Gipfel, wird das BMZ eine strategische Ausarbeitung für die Zusammenarbeit vorlegen. Sie sehen daran: Wir sind an dem Thema dran.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Aber nicht ressortübergreifend als Bundesregierung! Jeder wurschtelt allein herum!)
Ich weise noch einmal darauf hin, dass die Möglichkeit, an der namentlichen Abstimmung teilzunehmen, um 19.05 Uhr enden wird, und gebe jetzt Stefan Keuter das Wort für AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)