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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Gesetzentwurf gehen wir einen weiteren Schritt, um dem Rechtsanspruch auf Arbeit für Menschen mit Behinderungen, wie von Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention gefordert, gerecht zu werden. Von den 7,8 Millionen Menschen in Deutschland mit einer Schwerbehinderung sind circa 3,1 Millionen im erwerbsfähigen Alter, und nicht nur das Grundgesetz und die UN-BRK gebieten es, dass wir Benachteiligungen für diese Menschen auch beim Arbeitsmarktzugang abbauen, sondern schlichtweg auch die wirtschaftliche Vernunft.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir dürfen das Potenzial behinderter Arbeitnehmer/-innen nicht ungenutzt lassen. Im Gegenteil: Wir müssen sie stärken und in die Lage versetzen, ihre Fähigkeiten gewinnbringend für sich und die Gesellschaft einzubringen.
Wenn man sich das mal ein bisschen auf der Zunge zergehen lässt: 45 000 beschäftigungspflichtige Unternehmen in Deutschland, die keinen einzigen Menschen mit Behinderung beschäftigen! Das ist ein bisschen zu viel; deshalb tun wir jetzt auch etwas dagegen. Der Druck auf die Arbeitgeber/-innen muss deutlich erhöht werden.
Stand heute ist die Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Behinderungen noch immer deutlich geringer als die der Gesamtbevölkerung. Dies führt im Übrigen auch dazu, dass diese Personen häufiger von Armut betroffen sind. Deshalb ist es erst recht richtig, dass wir die vierte Stufe der Ausgleichsabgabe – ganz wichtig: Stufe, nicht Staffel – von 720 Euro pro nicht besetztem Pflichtarbeitsplatz einführen. Damit machen wir es spürbar teurer und sorgen wir dafür, dass auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihrer Verpflichtung nachkommen.
Im Übrigen ist es aber auch so: Man muss auch ganz klar sagen, dass das ein sehr ausgewogener Gesetzentwurf ist. Warum sage ich das? Wir nehmen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nicht nur in die Pflicht, sondern wir unterstützen sie auch mit ganz, ganz vielen Maßnahmen. Gerade wurden von der Kollegin Rüffer, von Herrn Beeck, aber auch von der Parlamentarischen Staatssekretärin schon all die Maßnahmen genannt, die wir durchführen, damit es die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber viel einfacher haben, Menschen mit Behinderungen einzustellen.
Wir haben vom Jobcoaching gesprochen. Was bedeutet das letztendlich? Das heißt, wir unterstützen Menschen mit Behinderungen nicht nur bei der Arbeitsuche, sondern wir unterstützen sie während der Arbeit, auf der Arbeitsstelle und letztendlich auch als Beratungsorgan in den Unternehmen, und das wird bezahlt aus diesem Ausgleichsfonds. Das heißt, wir tun auch was dafür. Mit diesem Gesetzentwurf ist also nicht nur eine Bestrafung der Unternehmerinnen und Unternehmen verbunden, sondern wir unterstützen die Menschen mit Behinderungen damit zusätzlich.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Jens Beeck [FDP])
Was wir auch noch gemacht haben, ist: Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollen nicht lange auf ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Behinderungen warten. Der Antrag unterliegt einer Genehmigungsfiktion, und das bedeutet: Wenn der Antrag nicht schnellstmöglich – binnen sechs Wochen ‑bearbeitet ist, dann bedeutet das, dass der Antrag in dem Umfang nach Art und Inhalt genehmigt ist. Das bedeutet eine volle Unterstützung beider Seiten, also für den Beschäftigten sowie für den Arbeitgeber. Das ist toll, und das unterstützen wir zusätzlich, indem wir den Lohnkostenzuschuss auf 75 Prozent erhöhen. Das ist mehr als toll.
Man muss hier letztendlich auch sagen: Wie viel Unterstützung braucht es denn noch, mit der weitere Anreize geschaffen werden, Menschen mit Behinderungen einzustellen? Wenn jemand jetzt hingeht und sagt: „Na ja, ich stelle weiterhin nicht ein, weil es an Qualifikation mangelt usw.“, dann muss ich ganz ehrlich sagen: Nein, die Gründe liegen viel tiefer, und dementsprechend ist es auch richtig, dass man dann die vierte Stufe der Ausgleichsabgabe zu bezahlen hat.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Was noch viel wichtiger ist, ist, den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die Aufträge an die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen vergeben, zu sagen: Überlegt euch doch vielleicht auch mal, Menschen aus den Werkstätten zu übernehmen, also einzustellen. Mit dem verabschiedeten Gesetzentwurf werden wir auch für eine Mehrfachanrechnung von Menschen mit Behinderungen sorgen. Wenn jemand beispielsweise direkt aus der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt eingestellt wird, wird er nicht nur einfach angerechnet, sondern es erfolgt eine Mehrfachanrechnung.
Sofort. – Ich hätte zu diesem Gesetzentwurf natürlich noch sehr viel zu erklären und zu erzählen.
Ich verstehe das, aber die Redezeit ist zu Ende.
Ich möchte mich aber unbedingt auch noch bei der Fraktion Die Linke dafür bedanken, dass sie unserem Gesetzentwurf zustimmt. Das zeigt eine deutliche progressive Mehrheit in diesem Parlament für diesen Gesetzentwurf.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Es ist ja in Aussicht gestellt, dass an diesem Thema weiter gearbeitet wird. Also werden wir das hier auch vertiefen.
Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat Dr. Stefan Nacke für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)