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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Ampelregierung! Lassen Sie mich vorab betonen: Sie haben uns bei der Reparatur des Messstellenbetriebsgesetzes als konstruktive Opposition an Ihrer Seite. Endlich einen echten Startschuss für den Smart-Meter-Roll-out in Deutschland hinzubekommen, ist unser gemeinsam erklärtes Ziel. Wir stimmen überein, dass wir den flächendeckenden Roll-out von intelligenten Stromzählern jetzt brauchen. Er ist von zentraler Bedeutung dafür, dass die Energiewende gelingt. Wir sind uns auch einig über die Vorteile für die Verbraucherinnen und Verbraucher, die mit bezahlbaren Smart Metern zur wirklichen Prosumern werden können. Weil wir uns im Ziel einig sind und um den positiven Aspekten, die das Gesetz enthält, Rechnung zu tragen, wird die Union heute dem Gesetzentwurf zustimmen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wenn das Gesetz aber die Veränderung erreichen soll, die Sie, Frau Nestle, gerade groß angekündigt haben, wobei Sie den Tag vor dem Abend gelobt haben, dann greift das, was wir heute beschließen, zu kurz. Ich komme leider nicht umhin, Wasser in den Wein zu schütten; denn zur Wahrheit gehört auch, dass Ihr Gesetz hinter den Erwartungen zurückbleibt. Damit meine ich nicht hinter den Erwartungen der Union, sondern auch hinter den Erwartungen der Energiebranche. Sie hätten es in der Hand gehabt, mit diesem Gesetz den gordischen Knoten beim Roll-out zu durchschlagen. Aber statt mit der Eins mit Sternchen geben Sie sich heute leider mit der Note „ausreichend“ zufrieden.
Maßgeblich geht es mir dabei um das Thema „Wirtschaftlichkeit des Messstellenbetriebs“. Es ist doch klar, dass beim Messstellenbetreiber eine Roll-out-Dynamik nur entsteht, wenn er sich auch sicher sein kann, dass sein Investment über einen vertretbaren Zeitraum refinanziert wird. Das geschieht allein über die Messentgelte – Messentgelte, für die aber nach wie vor im Wesentlichen Preisobergrenzen vorgesehen sind, die im Jahr 2013 geschätzt wurden und seitdem nicht angepasst worden sind.
Sie haben es heute wieder zum Ausdruck gebracht, Frau Nestle: Sie halten das für ein Lobbyinteresse, das wir hier vorbringen. Ich halte das für ein berechtigtes und für ein existenzielles Interesse unserer Messstellenbetreiber, unserer Energieversorgung und unserer kommunalen Stadtwerke.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich weiß, Sie halten dem auch entgegen, dass die Preise für Elektronikgeräte über die Jahre tendenziell gesunken seien. Das mag sein. Was aber definitiv nicht zu sinkenden Preisen über die letzten Jahre geführt hat, sind zum einen die Preissteigerungen durch Inflation, durch höhere Löhne, und es sind gestiegene Anforderungen an den Messstellenbetrieb, beispielsweise beim Umfang der Datenbereitstellung oder in Bezug auf die SiLKe, die sichere Lieferkette.
Bisher ist der Transport von Smart-Meter-Gateways herausfordernder als ein Geldtransport. Das hat natürlich seinen Preis.
Aber das wird ja geändert im Gesetz!)
– Ja, dazu komme ich jetzt. – Dass Sie im vorliegenden Entwurf eine Verschlankung der sicheren Lieferkette mit dem Transport per Post anstreben, ist absolut zu begrüßen. Aber es ist zum einen nur ein Tropfen auf den heißen Stein; denn wir brauchen weiter gehende Vereinfachungen, und zwar von der Fertigung der Geräte bis hin zur Montage der intelligenten Stromzähler. Zum anderen vereinfachen Sie auf der einen Seite ein wenig; an anderer Stelle setzen Sie aber gleich wieder Bürokratie darauf, indem Sie zum Beispiel bei Standardleistungen vorschreiben, dass künftig bei allen intelligenten Messsystemen eine tägliche Übermittlung der Zählerstandsgänge mit einer 15-minütigen Auflösung stattfinden muss. Ist das wirklich nötig?
In der vor wenigen Tagen veröffentlichten PwC-Studie wurden die grundzuständigen Messstellenbetreiber zum Umsetzungsstand und zu den Herausforderungen beim Roll-out von intelligenten Messsystemen befragt. Nicht überraschend, aber dennoch an Deutlichkeit kaum zu überbieten ist das Ergebnis, dass 88 Prozent der Messstellenbetreiber die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit bei der Anwendung von Preisobergrenzen als größte Herausforderung beim Roll-out benennen. Wenn Sie sich diese Studie zu Gemüte führen, dann müssten bei Ihnen die Alarmglocken klingeln; denn mit Ihrem Gesetz werden Sie die gewünschte Lenkungswirkung und Aufbruchsstimmung nicht erreichen.
Dieses Problem der Wirtschaftlichkeit zieht sich durch alle Marktrollen hindurch: vom grundzuständigen zum wettbewerblichen Messstellenbetreiber, die theoretisch miteinander im Wettbewerb stehen sollten. Jetzt verpflichtet der Staat in diesem Wettbewerb aber den einen Wettbewerber dazu, Preise anzubieten, die nicht kostendeckend sind, und diskriminiert damit den anderen Wettbewerber.
Noch eins mehr. Wenn ein grundzuständiger Messstellenbetreiber seine Aufgaben nach dem Messstellenbetriebsgesetz, zum Beispiel wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit, nicht erfüllen kann, dann schreibt der künftige Auffangmessstellenbetreiber diesen Messstellenbetrieb aus. Scheitert die Ausschreibung, dann führt das dazu, dass derselbe Auffangmessstellenbetreiber wieder zuständig ist, nämlich für diesen Messstellenbetrieb, den sonst niemand übernehmen möchte. Damit zwingt man ihn, Verluste in Kauf zu nehmen. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.
Liebe Ampelkoalition, Sie rühmen sich damit, mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende für Rechtssicherheit zu sorgen; andererseits fabrizieren Sie an anderer Stelle aber direkt wieder Rechtsunsicherheit. Eines – da sind wir uns sicher einig – können wir uns nicht leisten: eine weitere Verzögerung des Roll-outs, weil Gerichte die Vereinbarkeit des Gesetzes mit Verfassungs- und Wettbewerbsrecht prüfen müssen.
Jetzt noch ein Punkt zum Schluss. Wir sind uns einig, dass das Eichrecht angepasst werden muss. Mit Ihrer Entschließung machen Sie ja auch die richtigen Vorschläge. Noch schöner wäre es aber gewesen, das gleich in einem Aufwasch zu machen und nicht die Überarbeitung des Eichrechts aus Furcht vor der Zustimmungspflicht nur groß anzukündigen, aber in die Zukunft zu verschieben, so wie das – das sehen wir ja – bei zahlreichen Ampelgesetzen durchaus gelebte Praxis ist.
Intelligente Smart Meter brauchen smarte Gesetzgebung. Hier müssen Sie, liebe Ampel, noch mal in die Lehre.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Minister Habeck, nun liegt es an Ihnen, zügig nachzubessern, damit der frisch geschnürte Laufschuh, wie Sie das Gesetz in der ersten Lesung beschrieben haben, –
– nicht weiter Hemmschuh für die Digitalisierung der Energiewende in Deutschland ist.
Beifall bei der CDU/CSU)
Robin Mesarosch hat das Wort für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)