Frau Präsidentin, erlauben Sie mir zuerst ein Wort an den fraktionslosen Herrn Helferich. Herr Helferich, wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal die Klappe halten.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte! Was mich schon wundert, ist: An den vielen Besucherinnen und Besuchern, die wir hier haben – vielen Dank –, sehe ich keine einzige Uniform, und das bei der Debatte über den Bericht der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages.
Tja, wo das wohl herkommt!)
Vielleicht sollten wir uns einmal Gedanken machen, ob wir zu der Debatte im nächsten Jahr nicht zumindest den Hauptpersonalrat und den Gesamtvertrauenspersonenausschuss offiziell einladen,
Ja, vielleicht sollten Sie das mal!)
weil sie die Repräsentantinnen und Repräsentanten des Personals der Bundeswehr sind.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Die Speerspitze der Truppe sozusagen!)
– Nein, das sind Sie.
Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte, lassen Sie auch mich an dieser Stelle zuerst einmal meinen Dank sagen für diesen hervorragenden Bericht und auch für die jederzeitige Ansprechbarkeit. Ein weiterer Dank soll sich richten an unseren Bundesminister der Verteidigung, dessen kluge Analyse des Berichts der Wehrbeauftragten zu den richtigen Schlussfolgerungen geführt hat und – so haben wir Boris Pistorius kennengelernt – auch sicher zu den richtigen Maßnahmen führen wird.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Meine Damen und Herren, auch wenn im letzten Jahr die Bewaffnung unserer Streitkräfte im Fokus der Debatte stand, so liegt eine mindestens ebenso große Herausforderung darin, den Personalkörper von Streitkräften und Bundeswehr fit für die Zukunft zu machen. Der Bericht der Wehrbeauftragten nennt viele Fälle, in denen Soldatinnen und Soldaten schlecht verwaltet statt gut geführt wurden. Verantwortlichkeiten scheinen zu oft unklar, Entscheidungen in zu vielen Fällen nicht nachvollziehbar.
Es wurde bereits gesagt: Die Bundeswehr soll bis 2031 über 203 000 Soldatinnen und Soldaten verfügen; derzeit sind es circa 183 000. Zu den bereits jetzt nicht besetzten Dienstposten kommen in den nächsten Jahren die höheren Zurruhesetzungsquoten, die ebenfalls ausgeglichen werden müssen. Die Personalstrategie des BMVg muss sich auf diese Herausforderung einstellen, da ansonsten massive Konsequenzen für die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte zu befürchten sind. Im gleichen Zuge sollte aber auch schnellstens überprüft werden, welcher zusätzliche Personalbedarf sich aus den aktuellen und zu erwartenden Rüstungsprojekten ergibt und wie die Instandhaltung von militärischem Gerät im Gefecht auch dann gelingen kann, wenn Fremdfirmen vielleicht nicht zur Verfügung stehen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die um sich greifende Kopflastigkeit in den Streitkräften ist zu beenden, zum Beispiel, indem wir Dienstposten der Stabsoffiziere zugunsten der fehlenden Dienstposten Fachunteroffizier und Feldwebel umschichten. Bereits in der Vergangenheit wurden mit Personalstärkegesetzen gute Erfahrungen gemacht.
Im Zentrum der Zeitenwende, meine Damen und Herren, müssen der kämpfende Soldat und die kämpfende Soldatin stehen. Solange wir an den Regelungen in Artikel 87b des Grundgesetzes festhalten, sind zivile Aufgaben auch von zivilen Beschäftigten durchzuführen. Soldatinnen und Soldaten, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr zum Dienst an Waffensystemen geeignet sind, müssen attraktive und verbindliche Wechselszenarien in die zivile Verwaltung des Bundes, der Länder, aber auch der Kommunen ermöglicht werden. Soldatinnen und Soldaten in Elternzeit oder auf langen Lehrgängen müssen durch ein ordentliches Abwesenheitsmanagement eine Rückkehrperspektive haben.
Das Personalmanagement der Bundeswehr, meine Damen und Herren, muss deutlich vereinfacht werden. Mindestens bei der Laufbahn der Mannschaften brauchen wir meines Erachtens eine Dezentralisierung der Personalverantwortung; die Personalverantwortung ist an untere Hierarchieebenen abzugeben.
Statuswechsel zu Berufssoldaten sind in allen Laufbahngruppen mit sinnvollen Konzepten zu ermöglichen. Dabei ist es unerlässlich, die Qualität der Ausbildung zu erhöhen. Deshalb ist jede Debatte darüber, die Ausbildungsdauer sogar zu verkürzen, den Masterabschluss als Regelabschluss für unsere jungen Offiziere abzuschaffen, eine falsche Debatte. Das ist kein exekutives Handeln. Hier geht es um die Qualität unserer Offiziere.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Um die Attraktivität des Dienstes zu erhöhen und Planungssicherheit zu gewährleisten, darf der Auswahl- und Einstellungsprozess in Zukunft auch keine sechs Monate oder länger dauern, sondern muss in sechs Wochen vollzogen sein. Auszubildenden bei der Bundeswehr ist eine Übernahmegarantie bei Bestehen der Ausbildung zu geben.
Um für die anstehenden notwendigen Maßnahmen auch die Beteiligung von Soldatinnen und Soldaten sicherzustellen, ist die aus meiner Sicht unselige Konkurrenz zwischen Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz auf der einen Seite und Bundespersonalvertretungsgesetz auf der anderen Seite kritisch zu überprüfen. Den sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit begegnen wir nur mit hochmotivierten Soldatinnen und Soldaten und Zivilbeschäftigten. Durch eine moderne und attraktive Personalpolitik können wir es schaffen – das sollte unser gemeinsames Ziel sein –, den Dienst in unserer Bundeswehr, den Dienst in Uniform zu einem echten Privileg werden zu lassen.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Marlon Bröhr.
Beifall bei der CDU/CSU)