Rede von Dirk Vöpel in 97. Sitzung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte Dr. Högl, dem Dank an Sie und Ihr gesamtes Team möchte ich mich uneingeschränkt anschließen. Mit dem Jahresbericht der Wehrbeauftragten haben Sie erneut ein umfassendes Lagebild über Probleme und Mängel in der Truppe vorgelegt. Der Bericht ist eine unverzichtbare Lektüre für alle, die Verantwortung für die Bundeswehr tragen, allen voran für uns, den Deutschen Bundestag.
Beifall des Abg. Nils Gründer [FDP])
Wir entscheiden über die Einsätze unserer Parlamentsarmee. Wir sind für die Ausstattung und Ausrüstung zuständig. Wir tragen eine besondere Verantwortung für alle Angehörigen unserer Streitkräfte.
Was unsere Soldatinnen und Soldaten tagtäglich leisten, haben sie in den letzten Jahren immer wieder unter Beweis gestellt: von der Amtshilfe im Kampf gegen Corona und bei der Bewältigung von Katastrophen über die Einsätze im Rahmen unserer internationalen Engagements bis hin zu hochriskanten Evakuierungsmissionen. Die Frauen und Männer der Bundeswehr helfen dort, wo sie gebraucht werden – hochprofessionell und mit überragender Leistungsbereitschaft. Danke dafür.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Im letzten Jahr wurde uns auf drastische Art und Weise verdeutlicht, was der eigentliche Kernauftrag unserer Bundeswehr ist: die Landes- und Bündnisverteidigung. Um diesen Auftrag wieder erfüllen zu können, braucht es mehr Personal und ausreichend Material. Deshalb haben wir im letzten Sommer das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen beschlossen. Dies war ein erster wichtiger Schritt für langfristig angelegte und dringend notwendige Investitionen – Investitionen, die wir über Jahrzehnte nur unzureichend getätigt haben. Um die volle Ausstattung und Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu erreichen, werden diese 100 Milliarden Euro jedoch nicht reichen. Wir müssen auch für einen auskömmlichen Verteidigungshaushalt sorgen. Doch mehr Geld allein ist nicht die Lösung. Das Beschaffungswesen muss weiter optimiert werden. Auch wenn wir Fortschritte bei der Beschaffung von persönlichen Ausrüstungen gemacht haben und beispielsweise die Anhebung der Grenze von Direktvergaben von 1 000 auf 5 000 Euro eine wichtige Verbesserung ist, dauern viele Beschaffungsprozesse weiterhin zu lange.
Hinzu kommt der Investitionsstau im Bereich Infrastruktur. Die zahlreichen Berichte über den schlechten Zustand von Unterkünften, Sanitäreinrichtungen, Sportstätten und anderen Gebäuden sind nach wie vor beschämend. Um die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen umzusetzen, hat das Verteidigungsministerium derzeit Bedarfe mit einem Investitionsvolumen in Höhe von 24 Milliarden Euro dokumentiert. Weitere 20 Milliarden Euro werden mit Blick auf die Umsetzung der Klima- und Nachhaltigkeitsziele prognostiziert. Nach dem aktuellen Stand sollen davon bis 2025 rund 10 Milliarden Euro realisiert werden.
Den bereitgestellten finanziellen Mitteln stehen jedoch ein unzureichender Abfluss der Gelder sowie ein Stau bei der Umsetzung der Bauvorhaben gegenüber. Für die zeitgerechte Bereitstellung der Infrastruktur für die Bundeswehr sind nämlich die Bauverwaltungen der Länder zuständig. Mit der vorhandenen Umsetzungskapazität der Bauverwaltungen werden diese Bedarfe jedoch nicht gedeckt werden können. Laut Verteidigungsministerium haben die Länder seit 2016 lediglich rund 1 Milliarde Euro der bereitgestellten Mittel jährlich ausgeben können. Wenn es bei diesem Tempo bleibt – die Wehrbeauftragte hat bereits darauf hingewiesen –, dauert es allein schon fast 50 Jahre, bis die aktuell geplanten Bauvorhaben umgesetzt sein werden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf im Bund, aber auch in den Ländern. Spürbare Personalaufstockungen in den Baubehörden, die Prüfung von rechtlichen Rahmenbedingungen für die Bauvorhaben sowie die Vereinfachung von Vergabeverfahren können Mittel sein, um dem vorhandenen Investitionsstau zu begegnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bericht der Wehrbeauftragten zeigt uns auch in diesem Jahr deutlich: Trotz positiver Veränderungen ist es noch ein weiter Weg zur Vollausstattung unserer Bundeswehr. Sehr geehrter Herr Minister, halten Sie bitte das Reformtempo, mit dem Sie begonnen haben. Die Menge an Baustellen ist groß. Trotzdem bitte ich Sie, sich des Themas Infrastruktur kraftvoll anzunehmen. Das Kapitel Infrastruktur muss im Bericht der Wehrbeauftragten kleiner werden und bestenfalls ganz verschwinden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Florian Hahn.
Beifall bei der CDU/CSU)