- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Europäischen Wiederaufbauprogramm haben die USA nach dem Zweiten Weltkrieg dem zerstörten Europa und selbst dem besiegten Deutschland die Hand gereicht. Sie haben mit ihrem Geld in unsere Zukunft investiert. Was für eine große Geste der Menschlichkeit! Was für eine politische und ökonomische Großzügigkeit! Was für ein strategischer Weitblick, meine Damen und Herren! Und welch kleinteilige Debatte heute in Teilen dieses Hohen Hauses!
Knapp 13 Milliarden US-Dollar für Europa entsprechen nach heutigem Wert etwa 140 Milliarden Euro. Davon hat Deutschland 1,4 Milliarden Dollar im Rahmen des Marshallplans erhalten, nach heutigem Wert über 14 Milliarden Euro. Wir sollten diese gewaltige Größenordnung immer im Kopf haben, wenn wir darüber diskutieren, wie wir heute als eine der stärksten Volkswirtschaften der Welt andere Länder unterstützen, meine Damen und Herren.
Der Marshallplan war das Fundament für eine freiheitliche, für eine marktwirtschaftliche Ordnung. Er hat die Grundlage für das Wirtschaftswunder in Westdeutschland geschaffen. Das verbleibende Sondervermögen, aus dem bis heute langfristige Investitionskredite vergeben werden, ist auch künftig ein Pfeiler des Wohlstands im vereinten Deutschland. Dafür dürfen wir dankbar sein. Was für eine grandiose Erfolgsgeschichte!
Beifall bei der CDU/CSU)
Das Zusammenspiel von Großzügigkeit und Pragmatismus, das mit dem Marshallplan ins Werk gesetzt wurde, gilt bis heute als ein bahnbrechendes Vorbild für wirtschaftliche Aufbauhilfe. Der entscheidende Punkt dabei ist: Die USA haben auf Partnerschaft und auf Freiheit gesetzt. Nicht alle Länder Europas haben davon profitieren können. In der DDR und im gesamten Ostblock hat die UdSSR Demontage und Unterdrückung praktiziert. Das ist offenkundig noch heute das Konzept Russlands gegenüber seinen Nachbarn.
Wenn nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine diese Debatte heute von den linken und den rechten Rändern in diesem Hause dazu missbraucht wird, ihren Antiamerikanismus offen zur Schau zu tragen, dann muss ich Ihnen sagen: Die Geschichte hat längst bewiesen, dass das imperialistische Streben nach Dominanz keine Zukunft hat. Nur Sie haben aus dieser Geschichte nichts gelernt.
Widerspruch des Abg. Karsten Hilse [AfD])
Deutschland steht auf der Seite der Freiheit, ohne Die Linke und ohne die AfD, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
So wie die USA der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht haben, sich in Freiheit und Demokratie zu entwickeln, sollten auch wir heute bereit sein, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Die Ukraine wird nach Beendigung des russischen Angriffskriegs einen europäischen Marshallplan für ihren Wiederaufbau benötigen. Es liegt in unserem Interesse, wenn im zweitgrößten Land Europas freie Institutionen existieren und sich marktwirtschaftliche Dynamik entfalten kann.
Meine Damen und Herren, der Marshallplan macht deutlich, dass die transatlantische Partnerschaft nicht nur eine sicherheitspolitische Dimension, sondern von Beginn an auch eine wirtschaftspolitische Komponente hatte. Darin liegt auch eine Zukunftsaufgabe in Zeiten wachsender Rivalität zwischen demokratischen und autokratisch regierten Staaten. Wir müssen wieder enger zusammenrücken. Dafür brauchen wir eine ambitionierte Agenda transatlantischer Handelspolitik, damit wir unseren technologischen Vorsprung erhalten können und unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter stärken. Dazu sollten wir auch den Globalen Süden besser in unsere transatlantische Partnerschaft einbeziehen.
75 Jahre Marshallplan sind ein Auftrag, die transatlantische Partnerschaft zwischen Europa und Nordamerika enger zu knüpfen und unsere Partner in Lateinamerika und in Afrika auf diesem Weg mitzunehmen. In Hilfe zur Selbsthilfe, in Partnerschaft und in Freiheit liegt unsere gemeinsame Zukunft.
Ich danke Ihnen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Metin Hakverdi [SPD])
Michael Roth ist der nächste Redner für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)