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Glück auf, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Dienstag fand hier in Berlin der Forschungsgipfel statt – ein Forschungsgipfel
ohne die Bundesforschungsministerin. Unglaublich! Sie weilte, wie man so hört, außer Landes. Eigentlich sollte ja der Kanzler da sein; aber der musste seine
Koalition zusammenhalten und schickte den Bundesarbeitsminister.
Das ist doch eine gute Wahl!
Warum spreche ich das in einer Debatte zum Strukturwandel an? Ja, der Strukturwandel hat tatsächlich etwas mit Arbeit zu tun, aber eben auch mit
Forschung. Im Freistaat Sachsen wird der Strukturwandel durch die Ansiedlung von Großforschungsinstituten begleitet. Kluge Köpfe in eine schöpferische Region zu
holen, halte ich für intelligent.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP])
Denn die Erkenntnisse aus exzellenter Forschung in die Werkhallen und anschließend in die Städte und Gemeinden, in die Häuser und auf die Straßen zu
bringen, ist wirklich eine kluge Idee. Deshalb hatte ich erwartet, die Bundesforschungsministerin, aus deren Haus die neuen Forschungsinstitute maßgeblich
finanziert und gefördert werden, auf dem Forschungsgipfel zu erleben. Wieder einmal hat die Ministerin der vertanen Chancen eine Chance vertan.
Zuruf des Abg. Dr. Christoph Hoffmann [FDP])
Nun war also der Bundesarbeitsminister da und hat durchaus interessante Sachen gesagt. Er sprach ausdrücklich von Sicherung der Wertschöpfung und des
Wohlstands in Deutschlands. Ich bekam Hoffnung, dass dies zeitgleich unter der Moderation des Bundeskanzlers im Koalitionsausschuss Thema ist. Am Dienstagabend
erblickte der 16-seitige Koalitionsvertrag 2.0 der Ampel das Licht der Welt. Und siehe da: Wertschöpfung und Sicherung des Wohlstandes? Leider Fehlanzeige.
Die Aktuelle Stunde ist später!)
Das A und O eines funktionierenden Strukturwandels ist eine gut ausgebaute Infrastruktur,
Da klatscht nicht einmal die eigene Fraktion! Wohin soll die Rede führen?)
aber in der Folge geht es natürlich um die Wertschöpfung und den Wohlstand in der Region. Wir müssen nachhaltige, resiliente Strukturen schaffen. Hier
steht die Lausitz vor besonderen Herausforderungen. Hier müssen gemachte Zusagen auch eingehalten werden. Es wurde in den 30 Stunden Verhandlung kein einziges
Projekt zur Begleitung des Strukturwandels in der Lausitz neu priorisiert oder zugesagt: weder die ICE-Trasse von Berlin über Cottbus nach Görlitz noch die
unbedingt notwendige Elektrifizierung der Bahntrasse von Dresden nach Görlitz, auch nicht der sechsstreifige Ausbau der A4, und die Stärkung des
gesellschaftlichen Zusammenlebens ebenso nicht.
Der Ausbau der Infrastruktur braucht bekanntlich Zeit, und Planungsschritte müssen beschleunigt werden – darüber haben Sie im Koalitionsausschuss
gesprochen –, aber die Lausitz, die Sie mit viel zusätzlicher Energieversorgung sicher über den Winter gebracht hat, haben Sie von der Ampel völlig vergessen.
Wertschöpfungsverluste, die durch das Ende des Braunkohleabbaus und der Braunkohleverstromung entstehen, müssen ausgeglichen werden. Es müssen nachhaltige und
innovative Lösungen entwickelt werden, die neue Wertschöpfung schaffen. Unsere Volkswirtschaft braucht Vertrauen und Verlässlichkeit in politische
Entscheidungen und keine ständig wechselnden Grundsatzentscheidungen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wir brauchen die Kohle auf dem Weg zur energetischen Transformation. Bis wir mit erneuerbaren Energien Versorgungssicherheit gewährleisten können,
brauchen wir die Arbeit der Energiearbeiter. Ehren wir also die Arbeit der Energiearbeiter: im Tagebau, im Kraftwerk und auch bei den erneuerbaren Energien.
Diese Dinge gegeneinander auszuspielen, wie von den Grünen betrieben, ist einfach Gift für unser Land.
Beifall bei der CDU/CSU
Ist ja lustig, dass Sie das sagen!)
Die Menschen in der Lausitz fühlen sich veralbert, wenn sie uns im Krisenwinter mit ihrer Arbeit den Allerwertesten retten sollen und die
Bundesregierung sie wenig später fallen lässt wie heiße Kartoffeln
und der Bundesklimaminister sogar noch ankündigt, eher aussteigen zu wollen, und das am Neujahrstag.
Beifall des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU]
Und das von der Union! Peinlich!)
Der Kohleausstieg ist erstrebenswert und notwendig. Es führt kein Weg daran vorbei. Das bestreiten auch die Menschen in der Lausitz nicht. Doch der
Weg dahin ist eine Herausforderung, und wir müssen die Menschen in dieser Transformation begleiten. Viele sorgen sich nicht nur um die Arbeitsplätze im Bergbau,
sondern auch darum, dass die Region weiter an Bedeutung verlieren kann.
Beifall des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])
Gleichzeitig wird ein vorgezogener Kohleausstieg auf 2030 von den Grünen bei einer Klausur in Berlin beschlossen,
und nicht mit den Menschen in der Region.
Das befördert bestehende Ängste und kündigt nach dem für das Rheinische Revier auch den Kohlekompromiss für Ostdeutschland auf.
Die Grünen sorgen nicht für Planungssicherheit in der Lausitz, sondern sie zerstören sie und lassen die Menschen und Unternehmen in der Bergbauregion
im Ungewissen über ihre Zukunft.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Erfolgreiche Veränderungsprozesse funktionieren aber nur mit überzeugten Mitstreitern, und Partizipation ist ganz besonders wichtig. Nur mit einem
starken Verständnis für die Veränderungen und dem Willen zur Veränderung schaffen wir erfolgreiche Transformationsprozesse.
Kollege Rohwer, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
Vielen Dank, Herr Kollege Rohwer, für die Gelegenheit, eine Zwischenfrage zu stellen. – Sie haben gerade gesagt, die Grünen würden mit dem
Beschluss, den wir gefasst haben, Planungssicherheit für die Beschäftigten verhindern. Stimmen Sie nicht mit mir überein, dass es für die Beschäftigten auch
eine Gefahr ist – wenngleich eine Chance beispielsweise für den Klimaschutz –, wenn durch einen entsprechenden Anstieg der Preise beim CO2-Zertifikatehandel auf
Ebene der Europäischen Union schon weit vor 2038 – vielleicht ungefähr um das Jahr 2030 herum – die Verstromung von Kohle nicht mehr rentabel ist und sich
dadurch ein ungeplanter, nicht entsprechend begleiteter Kohleausstieg ergeben könnte, der rein marktwirtschaftlich getrieben ist? Dann würde beispielsweise das
Problem entstehen, dass die Anpassungsleistungen, all die strukturpolitischen Vorhaben, die so wichtig sind und in dem Kompromiss damals vereinbart wurden, gar
nicht mehr umgesetzt werden können. Stimmen Sie mit mir überein, dass ein nicht rechtzeitig geplanter, vorzeitiger Kohleausstieg nicht zu einer viel größeren
Planungsunsicherheit bei den Beschäftigen führen könnte?
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP
Zuruf von der CDU/CSU: Das muss
der Markt regeln, nicht Sie!)
Vielen Dank für die Frage, weil mir das die Möglichkeit gibt, Sie noch einmal darauf hinzuweisen, dass wir diesen Ausstieg gemeinsam in einem
Kohlekompromiss beschlossen haben.
„Spätestens“, Herr Rohwer!)
Die von der Kollegin Michel vorhin angesprochene Kommission hat den Plan gemeinsam mit Umweltverbänden, mit Kirchen, mit Staatskanzleien und
Gewerkschaften verhandelt. Sie versuchen ständig, das Datum nach vorne zu ziehen.
Wir haben jetzt eine völlig andere Situation!)
Jetzt erzähle ich Ihnen etwas über erfolgreiches Changemanagement, weil Sie bei den Grünen und in der Grünenfraktion gerne so neudeutsche Dinge
zitieren.
Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU
Erkennen Sie auch die Realität an?)
– Jetzt rede ich. Ich habe Ihnen zugehört, jetzt können Sie auch mir zuhören. – Wenn Sie mit Leuten sprechen, die diese Transformationsprozesse
erfolgreich gestaltet haben, dann sagen die Ihnen: Wissen Sie, Sie müssen das Alte, das zu Ende geht, bis zum Schluss wertschätzen, und Sie müssen es
unterstützen
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Maja Wallstein [SPD])
und gleichzeitig das Neue nach oben fahren.
Ehrlich sein ist wertschätzend, Herr Rohwer! Was vorzumachen, ist nicht wertschätzend!)
Und wenn es so weit ist, dass beides miteinander auf derselben Höhe ist – das habe ich auch bei der SPD-Fraktion vorhin ganz deutlich gehört –, dann
können Sie das Alte zur Ruhe legen – so wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, wo der Ministerpräsident den Steinkohleausstieg fabriziert hat –, aber nicht
anders. Sie müssen das Alte weiter wertschätzen; denn Sie werden es noch brauchen. Sie haben es ja in diesem Winter erlebt, und Sie werden es im nächsten
Winter – davon bin ich fest überzeugt – noch einmal erleben: Sie werden im Winter ohne die Braunkohle nicht über die Runden kommen.
Beifall bei der CDU/CSU
Klimaschutz ist auch eine Aufgabe!)
„Glück auf, Glück auf! Der Steiger kommt, und er hat sein helles Licht bei der Nacht schon angezündt“, so lautet der Beginn des bekannten
Bergmannsliedes aus dem Erzgebirge – seit diesem Jahr auf Beschluss der deutschen Kultusminister nun auch immaterielles Kulturerbe. Die Arbeit der Kumpels über
die letzten Jahrzehnte, ja Jahrhunderte, die von unschätzbarem Wert ist, verdient unsere vollste Anerkennung, und – das ist meine feste Überzeugung – wie wir
diesen Winter gesehen haben, brauchen wir sie auch weiterhin. Ohne Kohleverstromung wären wir nicht durch diesen Krisenwinter gekommen. Glück auf, Brandenburg!
Glück auf, Sachsen! Glück auf, Lausitz!
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Und die letzte Rednerin der Debatte ist für die SPD-Fraktion Maja Wallstein.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)