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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! 458. 458 Leichen. 458 Leichen wurden in Butscha vor
einem Jahr gefunden. 419 davon wiesen massive Spuren von Folter, Vergewaltigungen, Exekutionen auf; wir haben es eben schon gehört. Dieser 458 Opfer an nur
einem Ort eines brutalen Krieges, der symbolisch für so viele Orte in der Ukraine steht, wollen wir heute gedenken. Ihrer und der Opfern in vielen anderen Orten
in der Ukraine – in Irpin, in Borodjanka, in Mariupol; es gibt so viele Namen – müssen wir gedenken, um zu verhindern, dass sich so etwas wiederholt.
Wir können die Opfer von Butscha und in den vielen anderen Orten nicht wieder lebendig machen; aber es ist unsere Verantwortung, die Täter zur
Rechenschaft zu ziehen. Unsere Aufgabe in der internationalen Gemeinschaft ist es, die Fakten zu ermitteln und gegen die Täter vorzugehen. Und dass wir diese
Fakten kennen, haben wir ermöglicht. Frau Vogler, wir haben Geld dafür zur Verfügung gestellt, finanzielle Hilfen geleistet, Überweisungen getätigt. Wir haben
Personal entsendet. Wir haben geholfen, die Fakten zu ermitteln. Die Zahl der 458 Opfer von Butscha kennen wir, weil wir sie ermittelt haben. Es ist das
wichtigste Element für eine Strafverfolgung, dass wir Fakten ermitteln, die Täter in einem fairen Prozess vor Gericht bringen und sie dann dieser Taten
überführen. Dafür kämpfen sehr viele Leute in diesem Hause. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dem anschließen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU
Zuruf von der LINKEN: Das tun wir!)
Es ist eben schon von unserer Menschenrechtsbeauftragten Luise Amtsberg gesagt worden – ich möchte mich diesem Dank ausdrücklich anschließen –: 458
Leichen zu exhumieren, forensisch zu untersuchen, die Gewalt, die diesen Menschen widerfahren ist, zu untersuchen, ist keine Aufgabe, die leicht von der Hand
geht. Genau deswegen finde ich es so wichtig, den Ermittlerinnen und Ermittlern vom Internationalen Strafgerichtshof, aber auch den sekundierten Personen, vom
Zentrum für Internationale Friedenseinsätze, von so vielen Orte, zu danken. Mein Dank geht an dieser Stelle an sie, während ich an die Hinterbliebenen dieser
Verbrechen denke.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Auch dank dieser Arbeit, durch ausgewertete Aufnahmen, Funksprüche und militärische Ausrüstung, wissen wir von den Soldaten, die für das Massaker von
Butscha verantwortlich sind, wissen, warum sie es getan haben, wissen von demoralisierten Soldaten, die, frustriert über die russische Niederlage in Kiew, einen
zügellosen Rachefeldzug gegen die ukrainische Zivilbevölkerung geführt haben, wissen von Ukrainerinnen und Ukrainern – das Beispiel von Mychailo auf dem Fahrrad
ist angesprochen worden –, die aus den Fahrzeugen heraus einfach so erschossen wurden, von Ukrainerinnen und Ukrainern, die in die Knie gezwungen und mit einem
Genickschuss hingerichtet wurden, von Menschen, die mit Tränengas aus den Kellern getrieben wurden, um auf der Flucht erschossen zu werden. Meine Damen und
Herren, russische Soldaten sind, teilweise unter Drogen gesetzt, vorgegangen und haben ukrainische Frauen brutal vergewaltigt und ermordet. Ich bin deswegen so
ausführlich, weil wir in unseren Debatten häufig genug vergessen, welche Dimension der Schrecken hat.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Es ist bereits gesagt worden, dass diese Kriegsverbrechen systematisch erfolgen. Es ist bereits gesagt worden, dass dies ein Verbrechen gegen die
Menschlichkeit ist. Systematisch und großflächig passiert das. Das Urverbrechen – Herr Krings, Sie haben es zu Recht genannt – ist das Verbrechen der
Aggression, der Überfall auf den Nachbarn. Ohne Aggression kein Butscha, ohne Aggression kein Mariupol, ohne Aggression kein Irpin, kein Borodjanka und nicht
all die anderen Orte, wo sich diese brutalen Verbrechen ereignen.
Aus diesen Gründen unterstützen wir in diesem Haus mit Nachdruck das, was Annalena Baerbock Mitte Januar in Den Haag gesagt hat: Wir müssen
zweigleisig vorgehen. Wir müssen die Rechtslücke im internationalen Strafrecht schließen. Wir müssen es möglich machen, dass der Internationale Strafgerichtshof
diese Verbrechen der Aggression ahnden kann. Solange der angegriffene Staat Mitglied des ICC ist, muss das für eine Anklage ausreichen. Aber wir müssen auch
komplementär zu der aktuellen Situation das Verbrechen der Aggression vor Gericht bringen. All dies müssen wir gemeinsam voranbringen, und da sehen Sie mich an
Ihrer Seite. Da sind wir in diesem Haus auch einig.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich glaube fest daran: Wenn wir Aggression für künftige Generationen verhindern wollen, brauchen wir die Stärke des Rechts. Ohne Recht wird es mehr
Aggression geben – nicht nur dort, sondern auch in Myanmar, auf den Philippinen, in Syrien, im Iran, im Jemen und an vielen anderen Orten. Von daher: Lassen Sie
uns gemeinsam streiten! Wir schulden es den 458 unschuldigen Menschen, die aus dem Leben gerissen wurden, diesen Menschen in Butscha.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Peter Heidt hat das Wort für die FDP-Fraktion.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)