- Bundestagsanalysen
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die europäische Whistleblower-Richtlinie hätte eigentlich bis zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht umgesetzt werden müssen – also noch von der Vorgängerregierung, was ihr aber nicht geglückt ist. Deswegen droht uns nun ein Vertragsverletzungsverfahren mit Strafzahlungen in Millionenhöhe. Wir als Ampelkoalition haben deshalb im Dezember letzten Jahres ein Gesetz zum Hinweisgeberschutz beschlossen. Leider hat die Union – und leider auch mit Erfolg – alle Hebel in Bewegung gesetzt,
Ja, zu Recht!)
sodass dieses Gesetz im Bundesrat in seiner Sitzung am 17. Februar dann letztlich gescheitert ist, was dazu führt, dass eine Rechtssicherheit für Hinweisgeber und Hinweisgeberinnen, aber eben auch für Unternehmen immer noch nicht besteht. Deswegen bringen wir als Ampelkoalition diesmal nicht nur einen neuen Gesetzentwurf, sondern ein Gesetzespaket ein; denn Hinweisgeber leisten wertvolle Beiträge, um Missstände und Gesetzesverstöße in Behörden und Unternehmen aufzudecken.
Uns ist klar, dass sich die meisten Unternehmen völlig rechtmäßig und regelkonform verhalten. Aber natürlich haben sie selber ein veritables Interesse daran, dass Missstände und Gesetzesverstöße in ihren Unternehmen aufgedeckt werden. Wir wollen Rechtssicherheit herstellen, wollen aber auch Praxistauglichkeit. Deswegen will ich kurz auf ein paar Punkte eingehen, die uns wichtig sind.
Erstens. Wir ermöglichen mit unserem Gesetz sogenannte Konzernmeldewege.
Ohne ausreichende Absicherung!)
Denn es ist doch absolut sinnvoll, dass in Konzernen, aber auch etwa beim Roten Kreuz oder bei der Caritas nicht jede kleinste selbstständige Einheit mit 50 Mitarbeitern einen eigenen Meldeweg einrichten muss.
Zweitens. Wir schaffen Anreize dafür, dass zunächst einmal der interne Meldeweg beschritten wird.
Sie schaffen null Anreiz!)
Denn Sinn und Zweck des Ganzen ist doch, dass Missstände erkannt und behoben werden können, und nicht, dass Unternehmen oder Behörden öffentlich angeprangert werden.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sebastian Fiedler [SPD]
Sehr richtig!)
Drittens. Wir wollen, dass anonymen Meldungen nachgegangen wird; denn auch auf anonymen Wegen erfährt man von Verstößen, manchmal sogar von gravierenderen Verstößen als bei der nicht anonymen Meldung. Das ist in vielen Unternehmen auch gelebte Praxis, dass sie anonymen Meldungen nachgehen.
Viertens – jetzt kommt ein wichtiger Punkt –: Erkenntnisse über rechtsextreme Chatgruppen und Razzien in der Reichsbürgerszene haben doch gezeigt, dass Verstöße gegen Verfassungstreue gemeldet werden müssen, dass ihnen nachgegangen werden muss.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen ist das ein ganz wichtiger Punkt; denn Verfassungsfeinde dürfen keinen Platz in unseren Behörden haben. Daher ist es für uns wichtig, dass wir sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene der Sache nachgehen. Es würde ja sonst mit zweierlei Maß gemessen werden, wenn wir das nur auf den Bund beziehen, nicht aber auf Landesbehörden. Es ist zu bedauern, dass die Union durch ihr Einwirken auf den Bundesrat dafür gesorgt hat, dass immer noch keine Rechtssicherheit in diesem Punkt herrscht. Das ist destruktive Oppositionsarbeit, die wir nicht hinnehmen wollen.
Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sebastian Fiedler [SPD])
Deswegen legen wir jetzt ein Doppelpaket vor. Im ersten Teil bringen wir noch einmal genau die sinnvollen Regelungen hier auf den Tisch des Hauses, hier zur Abstimmung, damit Hinweisgeber, aber auch Unternehmen Rechtssicherheit durch eine praxistaugliche Regelung erhalten.
Im zweiten Teil stellen wir der Union eine einzige Frage: Soll denn das – dass wir Verfassungstreue, Rechtskonformität, Regeltreue einfordern – nur auf Bundesebene gelten oder auch auf Landesebene?
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sie verhalten sich doch selbst nicht verfassungstreu!)
Da bin ich schon sehr gespannt, wie die Union auf diese Frage antworten wird.
Vielen Dank.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Thomae. – Ich erteile als nächstem Redner dem hessischen Staatsminister Dr. Roman Poseck für den Bundesrat das Wort.
Beifall bei der CDU/CSU)