- Bundestagsanalysen
Tagesordnungspunkt:
Zwischenrufe:
1
Beifall:
4
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frauen in Deutschland stehen auch im Jahr 2023 unter einem enormen Druck. Ich glaube, wir spüren es eigentlich alle: Die Herausforderungen unserer Zeit werden vielfältiger. Da sind die nachhaltigen Auswirkungen der Pandemie, die wir noch spüren. Da ist der furchtbare und, wie ich finde, schier unerträgliche Krieg in der Ukraine mit seinen Auswirkungen auf die Frauen; darüber wurde heute ja schon sehr viel gesprochen.
Bei uns ist es gerade in den Frauenberufen ein sich verschärfender Fachkräftemangel, der Frauen deshalb ganz besonders betrifft. Ich finde, deshalb wäre es jetzt Zeit für eine zielgerichtete Politik, die Frauen unterstützt, Frauen entlastet, Frauen fördert. Das wäre wichtiger denn je.
Aber gerade diese Politik fehlt. Deshalb lassen Sie uns mal einen Check machen: Was macht die Bundesregierung für Frauen? Ich freue mich, dass so viele Mitglieder der Bundesregierung anwesend sind. Im Ergebnis kann ich nur feststellen: Es ist keine ernstzunehmende Politik für Frauen wahrzunehmen. Im Gegenteil: Arbeitsminister Heil – er ist heute leider nicht da; aber, Frau Griese, vielleicht richten Sie ihm etwas aus – hat die Midijob-Grenze auf 2 000 Euro angehoben. Dies ergibt in Kombination mit dem Mindestlohn – das haben wir im Ausschuss feststellen dürfen – faktisch eine Privilegierung von Teilzeitarbeitsverhältnissen.
Bereits jetzt arbeitet in Deutschland jede zweite Frau in Teilzeit, verglichen mit 10 Prozent der Männer, die in Teilzeit arbeiten. Dabei ist es doch gerade jetzt so wichtig, dass Frauen Wege in den Beruf finden und dass eben mehr Beschäftigung ermöglicht wird und nicht weniger. Der Wirtschaftsminister spricht gar vom größten Beschäftigungspotenzial zur Fachkräftesicherung im Inland. Frau Paus hat ausrechnen lassen: Wenn 2,5 Millionen Mütter in Teilzeit ihre Arbeitszeit nur um eine Stunde erhöhen würden, wären das rund 70 000 Vollzeitstellen. Aber Ihre Politik setzt Anreize zum Verbleib in der Teilzeitfalle. Das ist falsch, und das ist in dieser Bundesregierung einfach auch nicht stimmig.
Beifall bei der CDU/CSU)
Frauen in Deutschland verdienen über ihre gesamte Lebenszeit bis zu 45 Prozent weniger als Männer. Frauen erhalten durchschnittlich halb so viel Rente wie Männer. Sie haben ein durchschnittlich höheres Armutsrisiko. Lassen Sie mich das auch einfach mal als ehrenamtliche Vorsitzende der Frauen Union Niedersachsens sagen: Eine Politik, wie ich sie hier auf dem Arbeitsmarkt wahrnehme, ist deshalb aus frauenpolitischer Sicht einfach enttäuschend.
Sehr richtig!)
Es geht noch weiter: Das Weiterbildungsgesetz ist angekündigt. Ein Kernelement dieses Weiterbildungsgesetzes ist die Bildungsteilzeit nach österreichischem Vorbild. Das klingt ja auch erst mal ganz gut. Aber die Erfahrung aus Österreich zeigt eben, dass von diesem einjährigen Bildungsurlaub auf Staatskosten vor allen Dingen Hochgebildete profitieren. Und: Er wird vornehmlich von Frauen in Anspruch genommen. Warum? Nicht weil Frauen einen so hohen Weiterbildungsbedarf haben, sondern weil er häufig als Verlängerung der Elternzeit genutzt wird, weil eben Kitaplätze fehlen. Bildungszeit als Kitaersatz: Ist das Ihre Politik? Verbessern Sie die Betreuungssituation, damit Frauen den Weg in die Erwerbstätigkeit zurückfinden! Das wäre der richtige Weg.
Beifall bei der CDU/CSU)
Stattdessen – das haben wir gestern Abend gesehen – legen Sie den Ländern beim Kitaausbau noch Steine in den Weg. Sie streichen das Programm der Sprach-Kitas und legen für den Ausbau der Kitaqualität nur 4 Milliarden Euro statt bisher 5,5 Milliarden Euro auf den Tisch. Das ist kein klares Bekenntnis zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf des Abg. Erik von Malottki [SPD])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen eine Arbeitsmarktpolitik, die Frauen in den Mittelpunkt stellt, anstatt sie vom Arbeitsmarkt fernzuhalten, wie wir es derzeit erleben können. Wir brauchen eine Familienpolitik, die den Ausbau der Betreuung wirklich unterstützt, statt gute Programme abzuschaffen. Gehen Sie diese Themen mit konkreten Initiativen an! Das wäre ein gutes Signal zum Frauentag. 2024 werden wir dann erneut Bilanz ziehen.
Vielen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Wulf. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Schahina Gambir, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)