Zwischenrufe:
0
Beifall:
1
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will aus dem vorliegenden Gesetzentwurf zwei Punkte herausgreifen.
Beginnen wir mit dem Thema der Ersatzfreiheitsstrafe. Sie stellen in Ihrem Gesetzentwurf fest, dass die Anzahl der verurteilten Personen, die statt
eine Geldstrafe zu bezahlen, eine Ersatzfreiheitsstrafe wählen, in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen ist. Zur Verringerung der Belastungen
für den Justizvollzug regen Sie daher an, eine Geldstrafe nicht wie bisher im Verhältnis 1 : 1 in eine Ersatzfreiheitsstrafe umzuwandeln, sondern im Verhältnis
2 : 1. Das heißt, für zwei Tagessätze gibt es einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe. Es ist der richtige Ansatz, die Ersatzfreiheitsstrafe nicht komplett zu
streichen; denn es ist auf jeden Fall notwendig, dass wir uns ein Druckmittel erhalten, sodass die Geldstrafe vielleicht doch noch gezahlt wird.
Allerdings bin ich skeptisch, ob eine Reduktion der Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe alleine die Anzahl der Ersatzfreiheitsstrafen reduzieren wird oder
nicht genau das Gegenteil bewirkt. Ich denke, das sollte auf jeden Fall evaluiert werden.
Wichtig ist für mich, den Fokus verstärkt darauf zu legen, dass es erst gar nicht zur Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen kommen muss. Dazu kann der
verpflichtende Hinweis auf mögliche Zahlungserleichterungen, so wie Sie es im Gesetzentwurf vorsehen, dienen. Eine andere Möglichkeit ist, die
Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit abzuleisten. Aber auch da geht die Zahl der Fälle, in denen das genutzt wird, zurück. Hier könnten vielleicht
flexiblere Modelle auf Landesebene, die das tageweise Abarbeiten ermöglichen, Abhilfe schaffen. Sofern sich die Ersatzstrafe nicht vermeiden lässt, erscheint
das Verhältnis 2 : 1 akzeptabel.
Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist die Ergänzung der Vorschrift zur Strafzumessung. Sie möchten die Liste der Strafschärfungsgründe
bei der Strafzumessung für menschenverachtende Beweggründe und Ziele des Täters um geschlechtsspezifische und gegen die sexuelle Orientierung gerichtete
Beweggründe erweitern. Sie begründen die Erweiterung damit, dass Taten, die durch das Geschlecht des Opfers oder dessen sexuelle Orientierung motiviert sind, in
Deutschland zunehmen.
Ich verstehe Ihr Anliegen, mit der Aufnahme weiterer Beweggründe auf eine steigende Zahl von Straftaten gegen Frauen und queere Personen aufmerksam
machen zu wollen. Jede einzelne Tat ist verabscheuungswürdig, und die Beweggründe müssen entsprechend in der Strafzumessung strafschärfend gewürdigt werden.
Dennoch stellt sich für mich die Frage, ob diese Begründung, ein Anstieg in der Kriminalitätsstatistik, eine Aufnahme in § 46 Absatz 2 StGB
rechtfertigt. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass sich Häufigkeiten von Delikten in der Statistik ändern können. Eine Erweiterung der Liste ist nicht
erforderlich, weil mit dem Merkmal „menschenverachtend“ bereits alle denkbaren Beweggründe erfasst sind, die für die Strafzumessung gebraucht werden. Die
Gesetzesbegründung weist darauf auch explizit hin.
Der Hass auf andere Personengruppen, zum Beispiel Menschen mit Behinderung oder Obdachlose, wird nicht explizit in Ihrem Gesetzentwurf genannt, ist
aber selbstverständlich unter dem Merkmal „menschenverachtend“ einzuordnen. Aber auch die Straftaten gegen Obdachlose sind in den vergangenen Jahren signifikant
gestiegen.
Sie sehen, wohin das führt. Würde man die Liste immer wieder erweitern, ist zu befürchten, dass die Auflistung ihren beispielhaften Charakter
verliert. Und noch schlimmer: Eine fehlende Nennung könnte andere Bevölkerungsgruppen zurücksetzen. Ihr gutgemeinter Ansatz wäre damit ins Gegenteil verkehrt.
Die Erweiterung ist daher abzulehnen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Hierl. – Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin Carmen Wegge, SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)