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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, gerade nach dieser Rede ist es wichtig, noch einmal sachlich Ihre Aufmerksamkeit auf
einen wichtigen Punkt im Gesetzentwurf zu lenken, nämlich auf die Klarstellung des Strafrechts bei Hasskriminalität gegen Frauen und gegen Lesben, Schwule,
bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche, kurz: queere Menschen. Denn Deutschland hat leider ein Problem mit Hasskriminalität in diesem Bereich.
Bei Gleichberechtigung und Akzeptanz und Sichtbarkeit sind queere Menschen zwar weit gekommen; aber jeden Tag werden in Deutschland statistisch drei
bis vier Menschen angegriffen, weil sie lieben, wie sie lieben, oder weil sie sind, wie sie sind. Jeden Tag gibt es Beleidigungen, Bedrohungen, Beschimpfungen
oder sogar Gewalttaten. Das sind nur die Taten, die auch angezeigt und ordentlich registriert werden. Die Dunkelziffer ist leider deutlich höher; denn viele
queere Menschen gehen nicht zur Polizei, weil sie es gewohnt sind, beschimpft zu werden, oder weil sie glauben, das sei nicht schlimm genug für eine Anzeige,
oder auch, weil sie viele schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben.
Aus Angst, dass ihnen etwas passieren könnte, vermeiden es zudem viele, im Alltag offen aufzutreten. Bis heute kenne auch ich persönlich das Gefühl
der Angst, wenn ich meinen Mann in der Öffentlichkeit küsse, wenn wir Hand in Hand durch die Straßen gehen. Denn diese harmlosen Gesten können dazu führen, im
nächsten Moment beleidigt, bedroht, bespuckt oder sogar zusammengeschlagen zu werden.
An dieser Stelle möchte ich mit einem gängigen Vorurteil aufräumen, das leider oft bemüht wird. Die Mehrheit der Täterinnen und Täter ist keiner
extremistischen Ideologie zuzuordnen. Sie sind schlicht homo- oder transfeindlich. Am zweithäufigsten werden diese Taten als politisch motivierte Kriminalität
von rechts eingestuft. Dann folgen Taten aus dem Bereich der religiösen oder der ausländischen Ideologie. Was mir wichtig ist – egal von wem diese Taten
ausgehen –: Diejenigen, die queere Menschen bekämpfen, die sie mobben, beschimpfen oder angreifen, müssen mit der vollen Härte des Strafrechtes rechnen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Deswegen ist dieser Gesetzentwurf auch so wichtig; denn wir machen damit deutlich, dass Hasstaten und Gewalt gegen queere Menschen menschenverachtende
Straftaten sind. Damit werden diese Motive in Gerichtsverfahren eher strafverschärfend einbezogen und besser geahndet, weil die Staatsanwaltschaft bei ihren
Ermittlungen schon frühzeitig solche Motive aufzuklären und zu berücksichtigen hat. Wir signalisieren damit auch als Gesetzgeber den Opfern, dass wir die Gewalt
gegen sie ernst nehmen und dass wir sie dabei nicht alleine lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Müller aus der CDU/CSU-Fraktion?
Herr Staatssekretär, ich hätte eine Frage an Sie. Sie stellen das so dar, als ob dem bisher nicht Rechnung getragen werden könnte, als ob diese
Tätergruppe bisher nicht hätte gesühnt werden können. Dem ist nicht so. Ich habe in meiner Rede ja deutlich darauf hingewiesen, dass es menschenverachtende
Beweggründe als Strafzumessungsgrund nach § 46 StGB gibt, worunter diese Tatbestände gefasst werden. Sie wollen diese Gruppe noch einmal besonders hervorheben;
aber dazu bedarf es keiner gesetzlichen Änderung. Oder sehen Sie das anders?
Vielen Dank, Herr Kollege, für die Frage. – Ja, das sehe ich anders. Deswegen machen wir diesen Gesetzentwurf. Deswegen hat der Bundesjustizminister
richtigerweise genau das ergänzt. In § 46 StGB sind menschenverachtende Straftaten zwar aufgeführt und die Staatsanwaltschaften berücksichtigen das auch oft,
aber es macht einen großen Unterschied, ob da explizit „geschlechtsspezifische oder gegen sexuelle Orientierung gerichtete Tatmotive“ steht. Ausdrücklich zu
erwähnen, dass das menschenverachtende Straftaten sind, wird nach meiner Einschätzung bei den Staatsanwaltschaften noch einiges ändern. Dann wird aus einem „Sie
können das verfolgen“ ein „Sie werden das von Anfang an verfolgen“, wenn diese Straftaten gemeldet werden. Deswegen macht das einen großen Unterschied.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)
Ich komme zum Schluss. – Vielen Dank, Herr Justizminister Buschmann, für diesen Gesetzentwurf. Ich hoffe, dass wir ihn zügig im Bundestag beraten und
beschließen können; denn – und das ist mir wichtig – Demokratie bedeutet eben auch, dass alle Menschen verschieden sein können, aber gleich an Recht und Würde,
und dass sie vor allem offen und sicher in dieser Gesellschaft leben können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Clara Bünger, Fraktion Die Linke.
Beifall bei der LINKEN)