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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tag für Tag bekomme ich E‑Mails, Nachrichten, Briefe zum Umgang mit den Folgen einer
Covid-19-Infektion: die Mutter von zwei Kindern, die sich jetzt nicht mehr um ihre Kinder kümmern kann, weil sie nicht mehr belastbar ist und an Atemnot und
Herzrasen leidet; der Arbeitskollege, der nicht mehr arbeiten kann und hilfesuchend von Arzt zu Arzt rennt, weil jede einzelne kleine Anstrengung zu
unglaublichen Kopfschmerzen führt; die Kommilitonin, die ihr Studium hat abbrechen müssen, weil ihr die Kraft für den Studienalltag fehlt.
Über 1 Million Menschen in Deutschland leiden an den Folgen einer Covid-19-Infektion, weltweit 65 Millionen Menschen – eine unfassbare Zahl. Hinter
jeder einzelnen Person steht ein Schicksal. Hinter jeder einzelnen Person steht ein Mensch, der sich Tag für Tag irgendwie durch den Alltag kämpfen muss. Hinter
jeder einzelnen Person stehen Hilflosigkeit und eine verzweifelte Suche nach wirksamen Behandlungen.
Heute ist der erste Internationale Long Covid Awareness Day. Viele Menschen sind heute vereint auf die Straßen gegangen, um sich für die Belange der
Betroffenen einzusetzen,
Beifall bei der CDU/CSU)
auch vor dem Forschungsministerium. Gleichzeitig forschen jeden Tag viele Wissenschaftler mit unglaublich großem Engagement, aber sie brauchen auch
den klaren Rückenwind von der Mehrheit des Deutschen Bundestages und vor allem auch von der Bundesregierung. Mit „Rückenwind“ meine ich nicht nur warme Worte,
sondern ich meine damit vor allem auch finanziellen Rückenwind.
Beifall bei der CDU/CSU)
Es kann und darf nicht sein, dass Betroffene aus ihrer blanken Not heraus die Forschung nach wirksamen Behandlungen mit ihren eigenen privaten,
teilweise sehr geringen Mitteln mitfinanzieren,
weil es zu wenig staatliche Forschungs- und Fördermittel gibt.
In die Richtung der zuständigen Bundesforschungsministerin, die es heute leider nicht für nötig gehalten hat, hier zu sein, sage ich: Ja, natürlich,
die zwei im Moment laufenden Förderlinien – das sind im Übrigen zwei, die von der Vorgängerbundesregierung, also von uns, auf den Weg gebracht worden sind –
sind zwei richtige Bausteine; völlig ohne Frage. Aber – damit kommen wir zum Kern unseres Antrags – angesichts der Größe der Herausforderung, von der wir hier
sprechen, angesichts der Anzahl der Betroffenen reichen die Mittel, die vom Ministerium zur Verfügung gestellt worden sind, vorne und hinten nicht aus.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ein kleines bisschen mehr als 12 Millionen Euro stehen in diesem Jahr zur Verfügung, und das bei einem Haushalt des BMBF von insgesamt 21,5 Milliarden
Euro. Das sind insgesamt nicht mal mehr als klitzekleine 0,1 Prozent des Gesamthaushalts des Bundesforschungsministeriums. Und um es klar zu sagen: Der
Finanzrahmen an sich, also die Höhe der zur Verfügung gestellten Summe ist das Problem. Das wird weder dem Leiden der 1 Million Menschen in Deutschland gerecht
noch der Größe der gesamtgesellschaftlichen Herausforderung und, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, schon gar nicht dem volkswirtschaftlichen Schaden, der
dadurch entsteht. Für diese falsche Prioritätensetzung – ich will es ausdrücklich sagen: ich halte das für eine falsche Prioritätensetzung – tragen Sie die
politische Verantwortung.
Wir fordern die Bundesregierung deswegen auf, deutlich mehr Fördermittel für die Forschung zu Long Covid, zu ME/CFS und dem Post-Vac-Syndrom zur
Verfügung zu stellen. Daneben – das sage ich auch ganz klar – brauchen wir dringend eine Bündelung und eine Vernetzung der relevanten Akteure, um Ziele, um
Strategien und erforderliche Maßnahmen festzulegen. Da fordern wir, ehrlich gesagt, auch nichts komplett Neues, sondern wir können uns einfach mal ein bisschen
von dem abschauen, was heute schon ganz gut funktioniert, nämlich von der Nationalen Dekade gegen Krebs.
Wenn wir schon beim Thema Abschauen sind: Werfen Sie doch gerne noch mal einen Blick in unseren Antrag der letzten Sitzungswoche zum Thema „Nutzung
von Gesundheitsdaten“. Gerade bei einem neuen Krankheitsbild braucht es bei der Erforschung der Grundlagen eine solide Datenbasis. Auch da haben wir dringenden
Handlungsbedarf.
Beifall bei der CDU/CSU
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dürfen wir nicht länger die Augen vor dem unglaublich großen Leid der Betroffenen verschließen, dem Leid,
das die Betroffenen tagtäglich erleben und teilweise einfach nicht mehr ertragen können. Deswegen setzen Sie sich bitte gemeinsam mit uns dafür ein, dass wir
durch Wissenschaft und Forschung Long Covid, ME/CFS und dem Post-Vac-Syndrom schnellstmöglich den Schrecken nehmen. Stimmen Sie unserem Antrag zu.
Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Staffler. – Nächster Redner ist der Kollege Ruppert Stüwe, SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)