- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ganz Deutschland kennt es: Der Zug kommt zu spät, oder er fällt gar komplett aus, und zu allem Überfluss sitzt man dann noch vor einem Papierformular, muss sämtliche Zeiten, sämtliche Zugnummern eintragen, Kästchen für Kästchen. Das Ganze bringt man zur Post, und dann dauert es erst mal, aktuell meist zwei Wochen – Tendenz steigend. Zwar bietet die Deutsche Bahn an, diesen Prozess digital durchzuführen, aber das ist noch nicht überall der Fall.
Mit dieser Novelle zum Allgemeinen Eisenbahngesetz wird es zur Pflicht für Eisenbahnverkehrsunternehmen, dass Erstattung und Entschädigung barrierefrei auf digitalem Weg beantragt werden können. Man beachte: Barrierefrei und digital schließen einander nicht aus, weder hier noch in anderen verkehrspolitischen Fragen.
Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das mag ein vermeintlich kleiner Schritt sein. Er vereinfacht aber für viele Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer dieses ohnehin schon lästige Verfahren, nachdem man zu spät oder gar nicht am Ziel angekommen ist. Damit wird der Prozess für die Menschen niederschwelliger, er wird einfacher. Dennoch ist unser Ziel eine Bahn, die sich weniger verspätet. Aber wenn es dann doch mal vorkommt, dann soll es wenigstens einfach sein, sein Geld zurückzubekommen.
Hier kommen wir schon zum zentralen Punkt: Erstattungen für Verspätungen müssen von der Regel wieder zur Ausnahme werden. So entschuldigte sich neulich der Chef der Bahn bei den Reisenden – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: Das war schmerzhaft für mich und mein Team, aber ich musste das tun. Deshalb sind gestern nur 90 Prozent unserer Züge pünktlich angekommen. Ich entschuldige mich dafür. – Allerdings rede ich hier vom Chef der ukrainischen Bahn, der die 90 Prozent Pünktlichkeitsquote am Tag des Biden-Besuchs in Kiew erreichte, trotz des Krieges in seinem Land und trotz des Sonderzugs des Präsidenten im Netz. In Deutschland lag die Pünktlichkeitsquote im Januar bei 73,2 Prozent. Wir haben also viel zu tun. Als Ampelkoalition machen wir uns hier auf den Weg.
Gemeinsam mit Umweltverbänden, den EVUs, der Bahnindustrie, Verbänden von Reisenden und vielen mehr haben wir in der Beschleunigungskommission Schiene Vorschläge erarbeitet, wie wir das System Schiene kurzfristig durch Kapazitätserweiterungen, mittelfristig im Bereich der Planung und langfristig durch ein nachhaltiges Finanzierungskonzept reformieren können. Es freut mich nicht nur sehr, dass das BMDV bei der Entstehung dieses Papiers sehr involviert war, sondern auch, dass das Ministerium signalisiert hat, die Ergebnisse der Kommission schon bald in Gesetzentwürfe umzumünzen.
Manche dieser Initiativen werden schnell Früchte tragen, andere werden Zeit brauchen, bis sie ihr volles Potenzial entfalten können. So werden wir uns noch eine Weile verstärkt dem Thema „Erstattungen, Verspätungen und Fahrgastrechte“ widmen müssen. Deshalb sollten wir nicht nur, wie heute, über Anpassungen an europäische Verordnungen reden, sondern auch überlegen, wie Deutschland zur Triebfeder für Verbraucherschutz, Kundenorientierung und Wettbewerb auf der Schiene werden kann. Warum müssen Nutzerinnen und Nutzer mit Handyticket aus der App heraus eigentlich noch selbst die Erstattung des Tickets im Falle von Verspätungen oder Zugausfällen beantragen, wenn doch eigentlich alle für die Bearbeitung notwendigen Daten vorliegen sollten? Wir sehen: Auch für Kundenorientierung und Wettbewerb auf der Schiene ist der anbieterneutrale Zugang zu Mobilitätsdaten von entscheidender Bedeutung, weshalb wir uns als Koalition auch dieser Herausforderung stellen werden.
Uns ist klar: Eine attraktive Schiene braucht ein resilientes und engmaschiges Netz, komfortables Rollmaterial, einen effizienten Taktfahrplan, aber eben auch Kundenorientierung in allen Situationen.
Vielen Dank.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner ist Michael Donth für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU
One-Man-Show heute Abend!)