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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, die meisten wissen es nicht: Ich war mal zehn Jahre im öffentlichen Dienst. Deswegen habe ich tatsächlich volles Verständnis für die Aktivitäten.
Aber ich bin auch Unternehmer. Mit eigener Verantwortung für über 40 Mitarbeiter schaue ich mit einem besonderen Blick auf die aktuelle Debatte, weil mein Eindruck ist, dass es doch nur um Geld geht. „Nur um Geld“, also 10,5 Prozent und 500 Euro. Wir wollten eigentlich darüber reden: Wie mache ich den öffentlichen Dienst attraktiver? Wie mache ich ihn interessanter? Wie mache ich ihn so, dass die Leute auch gerne in den öffentlichen Dienst gehen?
Deswegen lade ich Sie zu einem Perspektivwechsel ein. Was ist denn aus Arbeitgebersicht
ganz, ganz wichtig für ein gutes Arbeitsverhältnis? Wie muss man mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgehen? Was muss man ihnen bieten, gerade wo es derzeit so schwer ist, überhaupt welche zu finden? Es geht dann auch ums Geld, aber nicht nur. Es geht tatsächlich um das, was wir schon ein paarmal erwähnt haben: Wertschätzung, aber auch um Selbstverwirklichung, schlanke Hierarchien, Ausstattung und optimierte Prozesse.
Ich bin ja auch ein Digitalo, also reden wir jetzt ein bisschen über Prozesse. Bezüglich des öffentlichen Dienstes gucke ich inzwischen eher von außen darauf und nicht mehr als Insider. Aber mein Eindruck ist bezüglich der Praxis der Wertschätzung, der Hierarchien: Da ist noch Luft nach oben. Ich habe – das ist nicht gelogen – hier im Bundestag erlebt, dass es, wenn man in einige Bundestagsbüros kommt und den Rechner anmacht, zehn Minuten dauert, bis man den benutzen kann.
– Genau, das ist normal. – Das sehe ich nicht nur in Bundestagsbüros, das sehe ich auch in der öffentlichen Verwaltung. Deshalb brauchen wir einen wirklich attraktiveren und zuverlässigeren öffentlichen Dienst mit einer moderneren Ausstattung.
Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Genauso wichtig ist die Digitalisierung der Prozesse in der Verwaltung. Wir müssen wegkommen von der rein digitalen Abbildung der analogen Prozesse. Wir kennen das alle: Es wird ein Formular einfach als PDF abgelegt, und dann ist das digital. Nein, ist es nicht! Also, Büro- und Rechnerarbeit im öffentlichen Dienst müssen wieder Spaß machen. Ich habe hier ein schönes Passwort: „Performante Easy-To-Use-Digitalisierung“, also „schnell und einfach“, okay? Das klingt besser.
Wir müssen den Leuten wieder ein besseres Gefühl bei der Arbeit geben, damit sie auch in kürzeren Zeiten höhere Qualität produzieren können und am Ende des Tages das gute Gefühl haben: Ich habe wirklich was weggeschafft. Das geht auch mit Digitalisierung. Damit haben wir langfristig zufriedenere Beschäftigte. Wir haben dann auch langfristig den Personalmangel teilweise kompensiert, weil Digitalisierung uns dabei hilft, mit weniger Personal auszukommen. Das erzeugt natürlich auch Skepsis bei den Beschäftigten. Sie haben Bedenken, nicht mitzukommen. Deswegen müssen wir sie – nicht, dass sie sich verweigern – von Anfang an in die Prozesse einbinden.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
– Danke. Das ist wirklich wichtig. – Die Digitalisierung ermöglicht es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, ihre Aufgaben besser zu erledigen. Durch die Automatisierung von Routineaufgaben und den konsequenten Wegfall von diesen ganzen Medienbrüchen erübrigen sich einfache und langweilige Arbeiten. Die Daten werden nicht mehr händisch abgetippt. Das erlaubt den Mitarbeitern, sich gezielter auf komplexere Aufgaben zu konzentrieren. Die haben wir auch in der öffentlichen Verwaltung.
Ich habe den Personalmangel erwähnt. Der Fachkräftemangel ist aber nicht nur im öffentlichen Dienst ein Problem für die Aufgabenerledigung. Er führt auch perspektivisch zu längeren Bearbeitungszeiten und damit zu wirtschaftlichem Schaden. Das ist aber auch ein echtes Problem für den öffentlichen Dienst. Wer geht denn schon gerne in den öffentlichen Dienst, wenn er weiß, dass er die Arbeit von zwei Leuten machen muss, obwohl er nur für einen bezahlt wird? – Da hätte ich jetzt Applaus erwartet von der FDP, aber na ja.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Die hohe Arbeitsbelastung führt übrigens auch dazu, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst sich immer häufiger krank melden. Der Durchschnitt bei Krankmeldungen hier in Berlin lag schon vor der Coronapandemie bei einem Rekordhoch von 38,7 Kalendertagen. Das sind mehr als fünfeinhalb Wochen im Jahr, also mehr, als man normalerweise Urlaub hat.
Deshalb: Lassen Sie uns bei der Diskussion über die Attraktivität des öffentlichen Dienstes nicht nur über Geld reden. Digitalisierung ist wichtig. Arbeit kann viel Freude machen. Sie ist sinnstiftend, wenn man sie und das Umfeld entsprechend attraktiv gestaltet, und zwar so, dass genügend Freiräume für kreatives und herausforderndes Arbeiten bleiben. Dann arbeiten die Menschen wieder sehr, sehr gerne, weil ihr Selbstwertgefühl steigt, sie sich wertgeschätzt fühlen und dadurch zufriedener und seltener krank werden. So kann Arbeit Freude machen. Da müssen wir gerade im öffentlichen Dienst wieder hinkommen.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es folgt Dr. Silke Launert für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)