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Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bin ein großer Fan des Nagoya-Protokolls, und ich will den heutigen Tag und den Anlass dazu nutzen, mal zu
erklären, worum es bei diesem Protokoll überhaupt geht.
Das Nagoya-Protokoll ist ein Instrument gegen die sogenannte Biopiraterie. Ich erkläre mal, was das ist. Unter Biopiraterie versteht man das Nutzen
von Pflanzen und Tieren oder des traditionellen Wissens über diese für Wissenschaft und wirtschaftliche Zwecke ohne die Beteiligung des Herkunftslandes
selbst.
Ein prominentes Beispiel für Biopiraterie ist das Süßungsmittel Stevia; das kennt vielleicht der eine oder andere von Ihnen. Die in Paraguay und
Brasilien beheimatete Pflanze wurde in den 70er-Jahren für kommerzielle Zwecke entdeckt, und seitdem werden jährlich 500 Millionen US-Dollar Umsatz damit
gemacht, ohne dass die Herkunftsländer selber überhaupt beteiligt werden. Sie haben nichts davon.
Ob Superkleber auf Gecko-Füßen oder antibakterielle Oberflächen von Haifischen, Süßungsmittel wie von der Stevia-Pflanze oder auch zahlreiche
Arzneimittel – die Natur birgt mannigfaltige Ideen, Lösungen und Wissen, welches für die Menschheit nutzbar gemacht werden kann, und das sollten wir dann
schöpfen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn aber die Heimatländer an dem Nutzen der Natur, an diesem Wissen nicht beteiligt werden, dann werden sie das Wissen schlicht nicht zur Verfügung
stellen, sondern es zurückhalten. So hat es Brasilien gemacht, als sie gemerkt haben, sie werden ausgenutzt. Sie haben ausländische Forscher nicht mehr in ihr
Land gelassen, sie haben ihre Ökosysteme und ihre Pflanzen nicht mehr untersuchen lassen, und damit war die Forschungslandschaft ein Stück weit ärmer.
Mit dem Nagoya-Protokoll wird ein Ausgleichsinstrument geschaffen, ein Nutzungsausgleich zwischen den Herkunftsländern auf der einen Seite und
Wissenschaft und Industrie aus anderen Staaten auf der anderen Seite. Das Nagoya-Protokoll gibt es jetzt seit 2014, ein Jahr später wurde es in Deutschland
umgesetzt, und es ist noch nicht perfekt. Noch immer werden weltweit zu wenig gewonnene Erkenntnisse ausgeglichen, noch immer fürchtet sich die Forschung vor
einer überbordenden Bürokratie, und damit hat sie ehrlicherweise nicht so ganz unrecht. Die Wirtschaft hat Angst vor Nachteilen gegenüber Akteuren auf dem
Weltmarkt, die eben genau diese Biopiraterie betreiben. Ebenso sind viele Fragen wie beispielsweise zum Umgang mit Wissen über Tiere und Pflanzen aus den
Weltmeeren und der Tiefsee noch nicht geklärt. Das alles ist aber kein Grund, das Nagoya-Protokoll in irgendeiner Form schlechtzureden. Es ist ein Grund, es
engagiert zu verbessern.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir wollen, dass Schwellen- und Entwicklungsländer ihre Natur schätzen und schützen, müssen wir nicht nur moralische Appelle an sie richten; wir
müssen sie einfach an den Errungenschaften aus ihrer Natur beteiligen. Das Instrument ist aus meiner Sicht eine fantastische Möglichkeit, genau diese
Beteiligung zu orchestrieren. Es bietet zudem viel Potenzial für Verbesserungen auf internationaler Ebene.
Auf nationaler Ebene wollen wir den Umgang mit dem Nagoya-Protokoll für unsere Institutionen vereinfachen, wir wollen Bürokratie abbauen. Deswegen
verlängern wir den Berichtszeitraum einfach auf ein sinnvolles Maß. Auf internationaler Ebene nutzen wir dann die Zeit und die freiwerdenden Ressourcen, um
genau das Verbesserungspotenzial für das Protokoll auszuschöpfen.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner ist der Kollege Ralph Lenkert, Fraktion Die Linke.
Beifall bei der LINKEN)