- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe es bei der ersten Lesung zum vorliegenden Bundesratsentwurf bereits zu Protokoll gegeben, es ist mir aber ein Anliegen, es auch heute zu betonen: Vereine heißen so, weil sie Menschen vereinen. Sie sind Orte der Zusammenkunft, hier teilen Bürgerinnen und Bürger ihre Leidenschaft, ob im sportlichen, kulturellen oder gesellschaftlich-politischen Bereich. Vereine sind zentrale Stätten unseres sozialen Zusammenlebens, das Herz unserer Zivilgesellschaft.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Coronapandemie hat unsere Vereine mit voller Wucht getroffen. Der Sportbetrieb lag lange lahm, vor allem aber wurden Zusammenkünfte von Mitgliedern gravierend erschwert. Im ersten Jahr trauten sich viele gar nicht so richtig unter Menschen, das unbeschwerte Vereinsleben mit all den persönlichen Kontakten war nicht mehr denkbar. Die häufig in großen Teilen ehrenamtlich geführten Vereinsgeschäfte mussten erst Mittel und Wege finden, um einen solchen Einschnitt zu kompensieren. Es folgte ein Lernprozess im Eiltempo für jeden von uns und auch für die Vereine in unserem Land. Heute kann fast jeder behaupten, in Sachen Digitalisierung, Videokonferenzen und Co deutlich kompetenter zu sein als vor der Pandemie. Insbesondere den Vereinen möchte ich an dieser Stelle einen großen Dank und auch Lob aussprechen, wie sie diese harte Zeit gemeistert haben.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Elisabeth Winkelmeier-Becker [CDU/CSU])
Es mussten während der Pandemie aber auch rechtliche Anpassungen erfolgen; denn Mitgliederversammlungen haben im Vereinsrecht, wenn keine anderweitige Satzungsregelung existiert, in Präsenz stattzufinden. Gesucht war eine Lösung, die es Vereinen und anderen Zusammenschlüssen erlaubt, sich auch ohne eine Satzungsänderung wieder vernünftig zu organisieren. Ergebnis war eine pandemiebedingte Sonderregelung. Diese ist im Sommer letzten Jahres ausgelaufen, und es gilt, eine adäquate Folgeregelung zu finden. Die neuen Möglichkeiten virtueller Mitgliederversammlungen jetzt wieder aufzugeben, wäre völlig inakzeptabel. Das hat der Bundesrat, der die Initiative zu diesem Gesetzentwurf ergriffen hat, richtig erkannt. Ich spreche an dieser Stelle auch einen Dank aus für die gute Grundlage des Bundesrates, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Denn zum einen ist die Pandemie, insbesondere mit Blick in die Welt, noch nicht gänzlich vorbei, auch wenn das Gröbste hierzulande überstanden scheint. Schon deshalb müssen wir weiterhin in bestimmten Situationen auf digitale Kommunikation im Vereinsleben zurückgreifen können. Zum anderen liegen auch die Vorteile virtueller oder hybrider Zusammenkünfte inzwischen auf der Hand. Vereine verzeichnen teilweise mehr Beteiligung durch digitale Formate. Die Mitglieder selbst sparen sich den einen oder anderen Anfahrtsweg und damit verbundene Zeit.
Zukunftsfeste Lösungen für die virtuelle Teilnahme an Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht zu schaffen, ist auch Ausdruck unserer Koalitionsziele: Fortschritt wagen in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft. Wir brauchen und wollen eine dynamische, starke Zivilgesellschaft in einem modernen, dem Digitalen zugewandten Staat, meine Damen und Herren.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die gute Grundlage des Gesetzentwurfs aus dem Bundesrat wollen wir in einigen Punkten aber noch besser machen. Dafür haben wir einen entsprechenden Änderungsantrag vorgelegt. Der Kollege Hartewig hat das auch schon erwähnt. Unsere Vorschläge verändern nicht das zentrale Anliegen des Gesetzentwurfes, sollen ihn aber flexibler und klarer fassen.
Die zentrale Frage, mit der wir Berichterstatter uns in den vergangenen Wochen noch auseinandergesetzt haben, war: Wie wollen wir mit rein virtuellen Versammlungen umgehen? Wir haben hier einen gangbaren Weg entwickelt, mit dem Vereine auch diese Form der Mitgliederversammlung ermöglichen können. Dafür soll es lediglich einen Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung benötigen, keine Satzungsänderung. Das ist, wie ich finde, ein sehr guter Kompromiss, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Mitgliederrechte werden gewahrt. Kein Vorstand kann gegen den Willen der Mitglieder beschließen, Mitgliederversammlungen nur noch rein virtuell durchzuführen. Gleichzeitig ersparen wir insbesondere kleineren Vereinen oder Stiftungen die Mühen einer Satzungsänderung.
An ein paar weiteren Verbesserungen, die auch bei der ersten Lesung bereits thematisiert wurden, halten wir fest. Wir verbessern eine im Gesetzentwurf zu eng gefasste Formulierung. Nicht immer ist es der Vorstand eines Vereins, der Mitgliederversammlungen einberuft. Es gibt auch andere Einberufungsorgane oder Mitglieder, die eine entsprechende Ermächtigung haben. Die virtuelle Teilnahme an einer Mitgliederversammlung sollte auch von diesen Akteuren ermöglicht werden können. Zudem wollen wir die virtuelle Teilnahme nicht auf das technische Mittel der Videokonferenzen beschränken, sondern zum Beispiel auch Telefonkonferenzen, den Austausch per Chat oder Abstimmungen per E‑Mail ermöglichen. Die Mitgliederrechte sollen auch auf diesen Wegen wahrgenommen werden können, wenn ein Verein dies ermöglichen möchte. Denn das ist wichtig: Die virtuelle Teilnahme muss so gestaltet werden können, wie es für den Verein am praktikabelsten ist. Gleichzeitig gilt: Eingeladene müssen rechtzeitig darüber informiert werden, durch welche konkreten Mittel der elektronischen Kommunikation sie ihre Rechte ohne physische Präsenz bei der Versammlung wahrnehmen können.
Es ist gut, dass wir heute das parlamentarische Verfahren zu Ende bringen und dieses wichtige Gesetz verabschieden. Es soll – auch das sieht unser Änderungsantrag vor – möglichst schnell, nämlich am Tag nach der Verkündung, in Kraft treten. Die Vereine in Deutschland warten auf eine zeitnahe, rechtssichere und praxistaugliche Lösung, und diese bringen wir heute auf den Weg, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen.
Vielen herzlichen Dank.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort erhält Fabian Jacobi für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)