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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben den Vereinen über das COVMG während der Pandemie die Möglichkeit gegeben, flexibel zu handeln,
Mitgliederversammlungen hybrid oder digital durchzuführen. Für viele Vereine war das so ziemlich die einzige positive Nebenerscheinung dieser Pandemie. Sie
konnten ihr Vereinsleben flexibler, offener, freier, moderner und digitaler gestalten, und viele Vereine haben davon auch Gebrauch gemacht.
Seit dem 31. August allerdings sind die Vereine wieder in die Vor-Corona-Zeit zurückgefallen. Ich teile es deshalb, Kollege Hartewig, dass heute ein
guter Tag für die Vereine und für das Ehrenamt ist. Ich möchte aber hinzufügen: Gott sei Dank haben wir als Fraktion so viel Druck gemacht, sonst wären wir
heute nämlich nicht so weit, dass wir das Gesetz beschließen werden.
Beifall bei der CDU/CSU
Sie hätten ja mal einen Vorschlag machen können in der letzten Wahlperiode!
Irgendwas muss man ja finden!)
– Na ja, es gab eine Bundesratsinitiative, Herr Kollege, die Sie erst dann aufgesetzt haben, als wir einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht haben.
Dazu gab es hier mit unserer Zustimmung eine erste Lesung ohne Debatte. Dann gab es eine Sachverständigenanhörung, die sehr erhellend war und bei der alle
Sachverständigen gesagt haben: Gute Initiative; aber schafft doch auch über den Vorstand eine Möglichkeit rein digitaler Versammlungen. – Ich habe sogar noch
bei der einen Sachverständigen, bei der ich mir nicht sicher war, nachgefragt, und sie hat das dann noch mal ausdrücklich bestätigt. Passiert ist dann erst
einmal wieder nichts. Dann haben wir den Änderungsantrag gestellt, diese Version noch aufzunehmen. Im Ausschuss haben Sie es dann wieder geschoben. Vorgestern
haben Sie dann einen Weg gefunden, der Sie in die Lage versetzt hat, unserem Anliegen und dem der Sachverständigen nicht zustimmen zu müssen und einen eigenen
Beschluss zu formulieren. Das kann man alles so machen; ob das die Vereine wirklich weiterbringt, daran habe ich meine Zweifel.
Schauen wir uns mal an, was Sie jetzt vorschlagen. Sie sagen: Hybrid- und Präsenzveranstaltungen darf der Vorstand für Mitgliederversammlungen und für
Versammlungen gemäß der Verweise im BGB beschließen; eine rein digitale Veranstaltung darf er aber erst dann beschließen, wenn die Mitgliederversammlung das
vorher so beschlossen hat. Ich halte das aus vier Gründen für falsch:
Erstens ist das systemwidrig. Alle Regelungen für Mitgliederversammlungen – Einladungen, Form, Frist, Beschlussfassung, Beschlussfähigkeit, Ort, Art
der Versammlung – stehen entweder im BGB oder in der Satzung der Vereine. Bisher ist keine einzige Regelung in der Zuständigkeit der Mitgliederversammlung. Das
ist völlig systemfremd und neu. Da kann man jetzt sagen: Das ist nicht so schlimm.
Es ist aber, zweitens, auch unlogisch. Ich habe noch nicht verstanden, warum ein Vorstand alleine beschließen können soll, dass eine Versammlung in
Präsenz stattfindet, bei der ja potenziell viel mehr Mitglieder ausgeschlossen werden, nämlich alle, die zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht an einem bestimmten
Ort sein können, aber eine rein digitale Versammlung nicht beschließen darf. Das verstehe ich nicht so richtig.
Drittens ist es völlig bürokratisch. Wir machen dies doch für genau die Vereine, von denen Sie eben gesprochen haben: für kleine Vereine mit
Ehrenamtlern, die sich vor Ort engagieren. Stellen Sie sich vor, Sie werden neuer erster Vorsitzender in so einem Verein und wollen eine Versammlung digital
durchführen. Dann hoffe ich für Sie, dass Ihr Vorgänger die Mitgliederversammlungsprotokolle ordentlich abgeheftet hat und Sie den Beschluss noch irgendwo
finden, in dem das drinsteht, damit Sie überprüfen können, ob er rechtmäßig gefasst wurde, ob er noch gültig ist oder ob er vielleicht irgendwann durch die
Mitgliederversammlung aufgehoben wurde. Und wenn Sie sich nicht sicher sind, ob der Beschluss damals wirksam war oder ob er noch gültig ist, dann müssen Sie als
Vorstand beschließen, eine hybride Versammlung oder eine Präsenzversammlung durchzuführen. Die muss dann beschließen, dass Sie als Vorstand auch zu einer
digitalen Versammlung einladen dürfen. Dann machen Sie wieder eine Vorstandssitzung und laden zu einer digitalen Mitgliederversammlung ein. Und im letzten
Schritt treffen Sie sich zu einer digitalen Versammlung. Was für ein Wahnsinn im Jahr 2023, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf der Abg. Catarina dos Santos-Wintz [CDU/CSU])
Ich hätte mir viertens gewünscht, dass wir da eher dem folgen, was die Sachverständigen uns geraten haben, und jetzt nicht mit aller Gewalt noch einen
dritten Weg finden. Ich sage auch ganz ehrlich: Den Ehrenamtlern gegenüber, von denen wir alle reden, hätte ich mir schon etwas mehr Vertrauen gewünscht. Die,
für die wir das machen, sind doch die kleinen Vereine vor Ort. Sie halten das gesellschaftliche Leben am Laufen. In deren Vorständen, demokratisch gewählt von
einer Mitgliederversammlung, sind doch immer die, die sich noch in drei weiteren Vereinen engagieren. Sie leisten alles im Ort und sind für andere da. Sie
kriegen dafür kein Geld; sie wollen dafür kein Lob. Sie bekommen eher noch Kritik, weil sie noch drei andere kennen, die wissen, wie man alles viel besser
machen könnte. Die wissen doch aber, wie das Vereinsleben funktioniert. Denen müssen wir doch zutrauen, meine Damen und Herren, in einer Vorstandssitzung
darüber zu beraten und zu beschließen, welches die geeignete Form einer Mitgliederversammlung ist.
Beifall bei der CDU/CSU)
Dieses Vertrauen hätte ich mir gewünscht.
Im Ergebnis bin ich trotzdem froh, wenn es heute irgendeine Lösung gibt. Aber ich appelliere an Sie: Schauen Sie sich doch noch mal unseren
Gesetzentwurf an! Springen Sie über Ihren Schatten! Wenn Sie wollen, schreiben Sie ihn ab, und bringen Sie ihn selbst ein! Aber lassen Sie die Vereine an dieser
Stelle nicht weiter im Regen stehen!
Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächster erhält das Wort Macit Karaahmetoğlu für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)