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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich den Gesetzentwurf der AfD zu Gemüte führt, dann gewinnt man
unweigerlich den Eindruck, dass der Gestaltungsanspruch der AfD sich darin erschöpft, zur Welt von gestern und von vorgestern zurückzukehren.
Vielleicht war die gar nicht schlecht in dem Zusammenhang!)
Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, den Rechtszustand von vor 1992 wiederherzustellen und auf die Fragen von heute die Antworten von gestern zu geben.
Das kann nicht funktionieren, meine Damen und Herren.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD
Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Es war doch die alte Lebenslüge der Bundesrepublik Deutschland, zu sagen: Deutschland ist kein Einwanderungsland. Man hat bis in die 80er-Jahre hinein
immer gesagt: Na ja, das sind Gastarbeiter, die irgendwann in ihre Heimatländer zurückkehren werden, und deswegen braucht es gar keine Integration.
Aber diese Lebenslüge ist der Ursprung vieler Probleme, die wir heute noch haben. Deswegen muss die Lösung doch sein, genau anders vorzugehen und
echte Integrationsangebote zu unterbreiten
Die müssen auch angenommen werden!)
und nicht höhere Hürden zu schaffen oder wiederherzustellen.
Richtig ist schon, dass Integration keine Einbahnstraße sein kann und dass Angebote zur Integration auch angenommen werden müssen. Das ist eine
wichtige Voraussetzung.
Wie kontrollieren Sie das denn?)
Aber wenn die AfD die Lösung in der Vergangenheit sucht, dann kann man nur sagen:
Da gab es noch nicht die Parallelgesellschaft!)
Wer rückwärts in der Zeit schreitet, der kommt irgendwann beim Nullpunkt an, und die AfD ist noch nicht mal in der heutigen Wirklichkeit
angekommen.
Die ist ja schlimm genug!)
Unser Ziel kann doch nicht sein, so eine Art sortenreines Staatsvolk zu schaffen oder zu bewahren, sondern unser Ziel muss doch sein, Menschen, die
einen Beitrag leisten wollen und einen Beitrag leisten zum Gelingen unserer Gesellschaft,
Dagegen hat ja niemand etwas!)
zu Vollbürgern zu machen und sie in unsere Gesellschaft zu integrieren.
Zuruf von der AfD: Sagen Sie mal was zu Parallelgesellschaften!)
Das betrifft genauso die Generation der Gastarbeiter, die seit Jahrzehnten hier an unserem Wohlstand mitwirken, aber auch Menschen, die neu hier
ankommen, aber sich eben schnell und sehr gut und vorbildlich integrieren.
Für mich ist dabei die Zeit nicht das einzig Ausschlaggebende. Wichtig ist, dass wir gründlich prüfen, ob die persönlichen Voraussetzungen gegeben
sind. Wir werden doch nicht die Staatsangehörigkeit wie Faschingskamellen unters Volk streuen.
Aber es ist auch nicht der Heilige Gral, an dem nur die Ritter der Tafelrunde teilnehmen können. Wenn jemand nach fünf Jahren so weit ist, voll
integriert zu sein, ist das doch eine schöne und eine gute Botschaft, die wir haben.
Das ist es oft nicht! Gucken Sie doch in die Stadtteile!)
Deswegen sage ich: Natürlich kann Einbürgerung nicht am Anfang einer Integrationsgeschichte stehen. Aber es ist auch nicht erst eine Belohnung ganz am
Ende, nach langer, langer Zeit.
Natürlich, genau das ist es!)
Ja, es ist eine Station mitten in einer Integrationsgeschichte, und die staatsbürgerliche Integration geht doch noch weiter, wenn jemand eingebürgert
worden ist.
Deswegen sehe ich auch – anders, als Sie es dargestellt haben – Mehrstaatigkeit nicht als das Riesenproblem an. Es wird immer gesagt, da entstünden
Loyalitätskonflikte.
Welchem Land wollen sie dienen? In welchen Krieg müssen sie gehen?)
Aber schon jetzt ist es doch so, dass de facto fast 70 Prozent aller Einbürgerungen zur Mehrstaatigkeit führen. Das hat oft rechtliche oder auch
manchmal politische Gründe. Aber dass aus der Mehrstaatigkeit als solcher besondere Problemlagen entstünden, kann man anhand der Statistik nicht nachweisen.
Das sieht man, wenn Erdogan nach Köln kommt!)
Es kann eine ganze Reihe guter Gründe geben, weshalb jemand die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen will, ohne gleich die hergebrachte abzulegen. Das
können rechtliche Gründe sein, erbrechtliche Gründe oder der Umstand, dass jemand noch Grundbesitz in der Heimat seiner Vorfahren hat.
Das kann familiäre Gründe haben. Das kann auch wirtschaftliche Gründe haben, wenn jemand ein Unternehmen betreibt, das zwischen beiden Ländern Handel
treibt.
Für mich ist nur die Frage: Will man das unbegrenzt weiter vererben? Es ist, wie ich gesagt habe, eine Station mitten in einer Integrationsgeschichte.
Aber irgendwann muss sie auch mal beendet sein. Deswegen muss man sich überlegen, ob das nicht auch einmal enden soll.
Jedenfalls brauchen wir zeitgemäße Lösungen. Wir wollen nicht eine dauerhaft zweigeteilte Bevölkerung bei uns haben. Wir wollen Integrationsanreize
setzen, Integrationsangebote machen. Aber wir haben auch die Erwartung, dass diese Angebote angenommen werden.
Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Es gibt auch gewisse Integrationspflichten, wenn man Staatsbürger bei uns werden will. Das sind wirtschaftliche Aspekte – das ist schon gesagt
worden –: Natürlich muss jemand für seine Familie selber sorgen können. Das sind rechtliche Aspekte: Es kann nicht sein, dass jemand im Dauerkonflikt mit
unserem Strafrecht liegt, dass jemand unsere Grundsätze von Meinungsfreiheit, von Gleichberechtigung, von religiöser Toleranz nicht verinnerlicht hat. Es gibt
auch kulturelle Aspekte, es gibt auch ungeschriebene Regeln, ohne die unsere Gesellschaft nicht auskommen kann, und natürlich muss die Sprache gesprochen
werden; ohne dies kann Integration nicht gelingen.
Wenn also jemand – damit komme ich zum Schluss, Frau Präsidentin – Deutscher werden will und die Voraussetzungen erfüllt, dann ist das eine gute und
eine schöne Botschaft. Es ist genau das Gegenteil dessen geboten, was die AfD uns hier sagen will.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als Nächster erhält das Wort Dr. Volker Ullrich für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)