- Bundestagsanalysen
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Rede des Herrn Kleinwächter anhört, dann fragt man sich: Wo fängt man da an? Wo hört man auf? Aber ich will ein paar Punkte herausgreifen, bei denen ich mir denke, da muss man mit Missverständnissen aufräumen.
Der erste Punkt ist, dass der Eindruck erweckt werden soll, man könne die Lösung für ein wirklich komplexes, kompliziertes Problem mit einfachen, simplen Antworten, sozusagen mit einem Fingerschnippen, herbeizaubern. Man kann nicht einfach Deutschland oder Europa hermetisch abriegeln oder abschotten.
Ich bin auch sehr dafür, dass man Nachbarländer von Kriegsgebieten, die oft die Hauptaufnahmeländer, die Hauptzufluchtsländer von Flüchtlingen sind, unterstützt, dass man dort Aufnahmekapazitäten schafft, menschenwürdige Unterbringungsmöglichkeiten für lange Zeit, vor allem für Kinder die Möglichkeit schafft, betreut zu werden, Schulen zu besuchen, Bildung zu erhalten.
Aber es muss doch immer auch für die, die hierher nach Europa kommen, nach Deutschland kommen, die hier Schutz und Hilfe suchen, die Möglichkeit geben, hier Asyl zu beantragen. Schauen wir uns die Zahlen an: Im Jahr 2022 haben 924 000 Menschen in der Europäischen Union Asyl beantragt. Man stelle sich mal vor, man müsste für fast 1 Million Menschen Aufnahmezentren, Asylzentren in Nordafrika schaffen: Auf welchen Flächen? Wie soll die Betreuung vonstattengehen? Wie soll die Versorgung funktionieren?
Die meisten werden abgelehnt! Die sind nicht lange da!)
Man muss in der Tat die europäischen Grenzen kontrollieren; aber das heißt nicht, sie zu schließen, das heißt nicht, uns abzuschotten, uns einzumauern. Einen Asylantrag hier zu stellen, muss immer auch möglich sein. Aber dann ist schon klar, dass Asylverfahren schnell vonstattengehen müssen, dass schnell eine Entscheidung erfolgen muss und dass dann klar sein muss, dass derjenige, der abgelehnt wird, dann auch schnell zurückgeführt werden muss. Wer aber hier bleibt, der muss auch schnell in unseren Arbeitsmarkt integriert werden.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD
Zuruf des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])
Der zweite Punkt, auf den ich eingehen will, betrifft das Narrativ, in das sich manche Leute verbeißen, dass man sagt: Das sind alles Wirtschaftsflüchtlinge, die nur eines im Sinn haben, nämlich ihre Heimat zu verlassen und bei uns im Sozialsystem zu landen.
Tun sie ja!)
Das kann ich mir so nicht vorstellen, dass jemand seine Heimat verlässt mit dem Ziel, bei uns im Sozialsystem anzukommen.
Das können Sie sich nicht vorstellen?
Weitere Zurufe von der AfD)
Viele Menschen suchen ein besseres Leben. Das ist zunächst mal nichts Illegitimes; das tun – ganz nebenbei – auch viele Deutsche, die unser Land verlassen, um in Amerika oder anderswo in Europa zu arbeiten, weil ihnen das Klima da besser behagt. Aber die Menschen haben doch das Ziel vor Augen: Ich will ein besseres Leben führen durch meine Arbeit.
Das können wir auch bieten; denn der Arbeitskräftebedarf unseres Landes ist hoch. Weil wir viele dieser Menschen brauchen können, um die Wertschöpfung bei uns zu sichern, um unser Rentensystem zu sichern – um mal diesen Aspekt zu betonen –, müssen wir hier einen Weg schaffen, wie wir sie bei uns integrieren können. Das können wir bieten, und deswegen müssen wir uns überlegen, wie wir da hinkommen. Das wird alles nicht von heute auf morgen gehen, aber sich auf diesen Weg zu machen, Perspektiven zu eröffnen, das lohnt sich. Dazu müssen wir Menschen aktiv mithilfe unserer Auslandshandelskammern, unserer Auslandsvertretungen in diesen Ländern anwerben und ihnen auch mithilfe dortiger staatlicher Stellen klarmachen: Niemand muss Schleppern und Schleusern viel Geld bezahlen, muss in der Wüste, muss auf dem Meer Leib, Leben, Gesundheit und Freiheit riskieren. Es gibt andere Wege, um hierherzukommen und ein besseres Leben zu führen.
Dazu brauchen wir auch Migrationsabkommen. Dafür haben wir einen Sonderbevollmächtigten für Migration eingesetzt, und dann werden wir Wege finden, wie wir beides leisten können: –
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.
– sowohl den Menschen, die hier ein besseres Leben suchen, Arbeit und Perspektiven zu geben als auch den humanitären Verpflichtungen gegenüber den Menschen nachzukommen, die Schutz und Hilfe suchen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Thomae. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Stephan Mayer, CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)