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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus dem „Dschungelbuch“ wissen wir alle: Wer im Dschungel lebt, kann nur überleben, wenn er auch nach den Gesetzen des Dschungels handelt. Daraus ergibt sich Folgendes: Das eigene Überleben setzt im ersten Schritt die Kenntnis der Gesetze des Dschungels voraus; denn wer die Gesetze des Dschungels nicht kennt, der kann auch nicht nach ihnen handeln. Jetzt fragen Sie sich alle: Warum erzählt sie uns das? – Die Antwort ist denkbar einfach: Unser Gesundheitssystem hat eine ähnliche Funktionslogik. Nur wer seine Rechte und Ansprüche kennt, kann diese auch durchsetzen. Und nur wer die Regeln im Paragrafendschungel kennt, bekommt das, was ihm rechtmäßig zusteht.
Jetzt ist das Kranksein keine schöne Sache. Die meisten von uns vermeiden die Auseinandersetzung mit diesem Thema so lange, wie es irgendwie geht. Das ist mehr als verständlich, kann aber zu großer Orientierungslosigkeit und Überforderung im Ernstfall führen: Was tun, wenn die Krankenkasse das beantragte Hilfsmittel nicht bewilligt, obwohl es dringend gebraucht wird und medizinisch notwendig ist? Welche Rechte habe ich, wenn ich psychisch krank bin, aber selbst keinen Therapieplatz finde? Was tun, wenn ich das Gefühl habe, dass der Arzt in der Behandlung einen Fehler macht? – Das alles sind Beispiele für Fragen, mit denen sich kranke Menschen in Deutschland auseinandersetzen müssen, und sie sind nur die Spitze des Eisbergs. Es ist den Betroffenen und deren Angehörigen nicht zuzumuten, dass sie in solchen Situationen auf sich alleine gestellt bleiben.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Was ist die Lösung? Wer die Gesetze des Dschungels nicht kennt, der braucht jemanden, der helfend mit Rat und Tat zur Seite steht. Genau darüber wollen wir heute sprechen. Wir wollen darüber sprechen, wie wir Bürgerinnen und Bürger am besten durch das komplizierte Gesundheitssystem lotsen können, wie wir sie am besten dazu ermächtigen können, den Leistungserbringern und den Krankenkassen auf Augenhöhe entgegenzutreten und das zu bekommen, was ihnen als Patientin oder Patient per Gesetz zusteht. Die Grundlage dieser Ermächtigung zum mündigen Patienten ist eine zielgruppengerechte, niedrigschwellige und kostenfreie Beratung, die an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet ist.
Um diese Grundlage zu schaffen – ich möchte noch mal daran erinnern –, hat die damalige rot-grüne Bundesregierung zum 1. Januar 2000 die Unabhängige Patientenberatung Deutschland, kurz: UPD, aus der Taufe gehoben. Ziel der UPD war es, die Bürgerinnen und Bürger bei allen Fragen rund um die Gesundheitsversorgung unabhängig, kompetent und niedrigschwellig zu beraten. Leider hat sich die UPD in den vergangenen Jahren nicht so entwickelt, wie wir uns das alle vorgestellt hatten. Wer die Berichterstattung zur UPD in den letzten Jahren verfolgt hat, der weiß, dass die Palette der angebrachten Kritik sehr breit ist. Sie reicht von der mangelnden Vernetzung mit anderen Beratungsangeboten über schlechte Beratungszahlen und Zweifel an der Unabhängigkeit der UPD bis hin zum übermäßigen Abfluss von Fördermitteln an die derzeitige Muttergesellschaft. All diese Kritikpunkte haben dazu geführt, dass das Ansehen der UPD stark gelitten hat und sie in ihrer jetzigen Form keine Zukunft mehr hat.
Aus diesem Grund haben wir, die SPD-Fraktion und ich, uns seit Jahren dafür eingesetzt, dass wir einen echten Neustart für eine eigenständige Stiftung unter führender Rolle der Patientenvertretung bekommen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der Einsatz für diesen Neustart ist übrigens – ich betone das noch mal ausdrücklich – keine Kritik an den Beraterinnen und Beratern selbst. Ganz im Gegenteil: Ich finde, dass auf der Beratungsebene auch in der jetzigen UPD eine hervorragende Arbeit geleistet wird. Gerade deswegen ist es mir auch so wichtig, dass dieses Angebot in eine Struktur überführt wird, die eine bessere Außenwirkung hat.
Ich hoffe sehr, dass die neue UPD als Orientierungshilfe zur Stärkung der Patientenkompetenz und ‑souveränität beitragen kann. Dies kann aber nur geschehen, wenn wir die Bürgerinnen und Bürger auch erreichen. Und wir haben gehört: An der Bekanntheit müssen wir noch arbeiten. Dazu muss der Bekanntheitsgrad erhöht werden. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass die UPD das Rüstzeug bekommt, um auch Gruppen mit tendenziell eher geringerer Gesundheitskompetenz anzusprechen. Dazu gehören – einige im Raum müssen jetzt stark sein – Männer mittleren Alters und Menschen mit sprachlichen Barrieren. Wenn wir das schaffen, kann die neue UPD auch einen entscheidenden Beitrag zur gesundheitlichen Chancengleichheit leisten. Und weil die Lösung dieser Aufgaben Ressourcen braucht, haben wir uns in der Koalition bereits jetzt darauf geeinigt, das Budget der UPD von 10 auf 15 Millionen Euro zu erhöhen.
Ich will an dieser Stelle nicht verschweigen, dass es an einigen Stellen durchaus noch Diskussionsbedarf über die Ausgestaltung gibt. Nichtsdestotrotz ist der vorliegende Entwurf in jedem Fall ein Fortschritt gegenüber der aktuellen Situation. Deshalb freue ich mich auf die anstehenden parlamentarischen Beratungen.
Vielen Dank fürs Zuhören.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Emmi Zeulner hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)