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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In der Tat, die Geschäftsordnung, mit der wir heute im Deutschen Bundestag arbeiten, stammt im Wesentlichen aus dem Jahr 1980. Natürlich hat es in der Zwischenzeit die eine oder andere Änderung gegeben. Aber wir waren uns in der letzten Periode schon einig, dass es überfällig ist, dass wir die Geschäftsordnung einer Generalrevision unterziehen, sie auf die Höhe der Zeit bringen, Debatten lebendiger gestalten, dem Parlament gerecht werden, das sich mit den verschiedenen Fraktionen weiter aufgefächert hat, familienfreundlicher werden, die Geschäftsordnung an die Digitalisierung anpassen.
Gemessen an diesem Anspruch, an der Notwendigkeit, die wir alle sehen,
… stimmen Sie der Neufassung der Geschäftsordnung heute zu!)
ist das, was wir heute vorgelegt bekommen, allenfalls ein Reförmchen.
Och, das haben wir doch schon gehabt!)
– Immerhin ein Reförmchen. Wenn das der Anspruch der Ampel ist, dann sei euch das gegönnt.
Immerhin haben die Vorschläge, die wir eingebracht haben, ja dazu geführt, dass man sich genötigt sieht – und das ist vollkommen richtig –, das in einem zweiten Paket umfassender, professioneller anzugehen
als mit dem, was vorliegt. Denn das, was Sie hier aufgeschrieben haben, erschöpft sich ja im Wesentlichen – neben all den Ankündigungen, die gemacht worden sind – in zwei Punkten: Der eine Punkt ist eine Verlängerung der Regierungsbefragung von 60 auf 90 Minuten, statt einer Ministerin, einem Minister dann zwei Ministerinnen oder Minister.
Nicht einmal das habt ihr hingekriegt!)
Der andere Punkt ist die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen.
Wenn man sich die Vorschläge anschaut, dann muss man sagen: Das ist ja eine Mogelpackung. Sie erweitern zwar die Regierungsbefragung von 60 auf 90 Minuten, aber auf zwei zu Befragende. Wenn ich das mal auf die Zeit zurückrechne, haben wir nur noch 45 Minuten pro Minister. Das ist also ein Rückschritt. Ich lasse es nicht gelten, dass man sagt, im Umlauf passiert das immer öfter.
Es wird lebendiger, und es wird der Kontrollfunktion der Abgeordneten und insbesondere der Opposition dann gerecht,
wenn ich mich auch einmal konzentriert auf ein Thema kaprizieren kann. Je weiter ich das auffächere – ich kann auch zehn Minister in drei Stunden nehmen; dann kommen die noch öfter dran –, desto mehr zerfleddert es natürlich eine Diskussion. Doch das scheint ja geradezu gewollt zu sein.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU
Kann man ja auch verstehen!)
– Das kann man verstehen. – Es wird ja dadurch untermauert, dass die Regierung jetzt auch die Reihenfolge kurzfristig festlegen kann bzw. dass sie festlegen kann, wer sich denn der Regierungsbefragung stellen muss.
Wir haben auch im Moment keinen idealen Zustand, dass also eine feste Liste besteht, die dann abgearbeitet wird. Aber immerhin passiert es dann mal, dass sich jemand der Befragung hier stellen muss, der auch gerade im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik steht, dessen Themen gerade die Bevölkerung und auch das Parlament polarisieren. Das macht lebendigen Parlamentarismus aus. Aber wenn die Regierung jetzt einfach sagen kann: „Wir schicken nächste Woche mal zwei ins Feld, die nicht so im Mittelpunkt stehen“, dann schwächt auch das die Kontrollfunktion des Parlaments, der Parlamentarier und der Opposition. Ich habe den Eindruck, dass das geradezu gewollt ist.
Dann wende ich mich der Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen zu. Das, was Sie in einem ersten Schritt hier machen, soll ja in der Tat nur ein erster Schritt sein. Gewollt ist ja im Wesentlichen, dass die Ausschüsse insgesamt öffentlich tagen. Es entsteht ja auch Druck – das hat die Anhörung ergeben –, dass sich Ausschüsse öffnen, dass sie öffentlich tagen, weil andere das eben auch machen. Wir haben Bedenken, ob das wirklich zu mehr Transparenz führt. Denn es besteht ein Bedarf, dass man sich eben auch einmal ungeschützt äußern und unterhalten kann, dass man, ohne jedes Wort abzuwägen, miteinander redet, vielleicht auch mal das eine oder andere aushandelt, ohne sofort in der Öffentlichkeit zu stehen.
Wovor haben Sie Angst, Herr Schnieder?)
Das gilt übrigens für Regierung wie Opposition: Man ist eingeknickt, man hat den Vorschlag eines anderen übernommen.
Die Folge wird sein – auch darauf haben die Experten hingewiesen; das können Sie im Europäischen Parlament beobachten, in Landtagen, die das so handhaben –, dass die geschützten Räume eben vorverlagert werden. Dann werden Sie andere Runden haben, in denen diesem Bedürfnis Rechnung getragen wird. Deshalb sagen wir: Das sollten wir uns in der Tat noch einmal überlegen.
Wir wollen attraktive, transparente Debatten hier im Parlament im Plenum haben. Wir haben doch heute schon das Problem, dass wir mit den wenigsten Debatten wirklich im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Die Leute schalten lieber die Talkshow am Abend ein. Wenn wir das hier konzentriert als Debatte in der Herzkammer der Demokratie darstellen wollen, dann gelingt das sicherlich nicht, indem wir hier immer mehr öffentliche Formate etablieren, in denen letztlich dann auch nur Schaufensterreden gehalten werden. Wir warnen davor, das so zu machen. Es kann im Einzelfall sehr sinnvoll und nützlich sein, aber als allgemeines Instrument – da stimme ich den Experten zu, die das in der Anhörung auch so dargebracht haben – wollen wir das nicht.
Ein Lob will ich aussprechen.
Das betrifft die Möglichkeit, den Bundesrechnungshof demnächst als Anhörperson zu benennen, ohne auf eine Mehrheit angewiesen zu sein. Die Worte habe ich gerade wohl gehört, aber die Tatsache war doch, dass Ihnen die Kritik des Bundesrechnungshofes am sogenannten Bürgergeld nicht gepasst hat, und deshalb ist es abgebügelt worden.
Sehr richtig! Das ist total unglaubwürdig!)
Bis heute liegt die Auslegungsentscheidung, ob der Bundesrechnungshof Anhörperson ist oder nicht, im Geschäftsordnungsausschuss. Wir haben das geklärt. Sie haben sich unseren Argumenten hier gebeugt. Deshalb bin ich froh, dass wir das für die Zukunft hier ordentlich geregelt haben.
Beifall bei der CDU/CSU
Ich bin offen für Argumente!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin mal gespannt, ob Sie tatsächlich die Kraft haben werden, in einem zweiten Paket die Dinge anzugehen, die wir wirklich angehen müssen. Von Digitalisierung ist ja bisher überhaupt noch nichts zu spüren. Wir haben den Vorschlag gemacht – Sie können das in unserem Antrag alles lesen –, die Familienfreundlichkeit zu erhöhen, vielleicht auch im Zusammenhang mit Digitalisierung. Wir haben die Bündelung – da, wo es geht – von Abstimmungen mit elektronischen namentlichen Abstimmungen vorgeschlagen. Wir müssen die Geschäftsordnung mal von einer Menge Totholz befreien. Es gibt eine Menge Dinge, die wir noch zu regeln haben. Bisher haben wir die Kraft dazu nicht gefunden.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich bin gespannt, ob Ihnen das gelingt. Wir sind jedenfalls dabei. Wir bringen uns gerne auch konstruktiv ein.
– Das war ja jetzt kaum möglich, Herr Kollege, weil die erste Lesung in der Nacht stattfand und das Obleutegespräch am Vormittag des gleichen Tages.
Wir haben ja vorher Ihren Antrag nicht zugeschickt bekommen!)
Dann kann man nicht erwarten, dass man hier in der breiten Art und Weise konstruktiv einen solchen Antrag unterstützen kann.
Wir haben Ihre Vorschläge ja nicht zugeschickt bekommen!)
Wenn das vernünftig läuft, sind wir gerne mit dabei.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Filiz Polat.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)