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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Jahressteuergesetze sind ja immer komplexe Angelegenheiten. Beim diesjährigen
Jahressteuergesetz hatte allein der Referentenentwurf 142 Seiten. Es gab
70 Änderungsanträge; Kollege Daldrup hat es erwähnt. 16 verschiedene Gesetze und
Verordnungen werden umfasst. Letztlich handelt es sich eben doch um ein
Sammelsurium wie in jedem Jahressteuergesetz.
Und eines muss man der Ampel lassen: Ihr ist es in diesem Jahr
gelungen, einen gewissen roten oder rot-gelb-grünen Faden in all diese
Änderungen zu bringen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Klatschen Sie nicht zu früh! – Der rote Faden ist: Fast alle
Änderungen sind in irgendeiner Weise unstimmig, liebe Kolleginnen und
Kollegen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD
Erstens: Praxisuntauglichkeit der Vorschriften.
Lachen des Abg. Markus Herbrand [FDP])
Zweitens: mutmaßliche Verfassungswidrigkeit von Vorschriften.
Drittens: offener Wahlbetrug, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD
Darunter geht’s bei Ihnen nicht mehr!
Geht’s eine Nummer kleiner?)
Ich will das nicht nur behaupten, sondern ich will jede
Unstimmigkeitsart auch mit einem konkreten Beispiel versehen, angefangen –
erstens – mit der fehlenden Praxistauglichkeit.
Zuruf des Abg. Johannes Schraps [SPD])
Die von der Ampel vorgenommene Besteuerung der Energiepreispauschale
für Rentnerinnen und Rentner sowie die Besteuerung des Gasabschlags sind
handwerklich so schlecht, dass die Bundesländer sogar drohen mussten oder drohen
werden, in den Vermittlungsausschuss zu gehen, weil sie fürchten, dass damit
eine überbordende Bürokratie verbunden ist
Nee, ehrlich gesagt, machen sie
das aus politischen Gründen! Und das wissen Sie auch ganz genau!)
und das Veranlagungsverfahren in den Finanzämtern stocken wird. Herr
Marvi, Sie haben gesagt, Sie hätten irgendwie vereinfacht. Was Sie hier machen,
bedeutet pures Verwaltungsbürokratiechaos. Darunter muss man das subsumieren,
liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der CDU/CSU
Homeoffice-Pauschale,
Pauschbetrag, das alles wollen Sie nicht?
Zuruf des Abg. Christian Petry
[SPD])
Zweitens: die Verfassungswidrigkeit. Der fachlich nicht zuständige
Wirtschaftsminister hat mit seinen Beratern auf der falschen Rechtsgrundlage
eine diskriminierende Übergewinnsteuer geschaffen, die in einigen Fällen sogar
zu erheblichen Besteuerungen führen wird. Wenn man schon Umverteilung vornehmen
will, dann muss man es wenigstens richtig machen, liebe Kolleginnen und
Kollegen, und zwar auch fachlich richtig. In der öffentlichen Anhörung am Montag
haben die Sachverständigen keinen Zweifel daran gelassen, dass das, was die
Ampel hier plant, unionsrechtswidrig und verfassungswidrig ist. Wir werden
sehen, wie das ausgeht.
Drittens: der offene Wahlbetrug. Die FDP hat im Wahlkampf versprochen:
„Es wird keine Steuererhöhungen geben“,
Zuruf von der FDP: Es gibt auch keine!)
und hat gesagt – ich kann nur wiederholen, was ich gestern in der
Debatte zitiert habe –: „Steuererhöhungen sind Sabotage am Aufschwung.“
Es gibt keine
Steuererhöhung!
Es wird keine
Steuererhöhung geben!)
Erst am 28. November – das muss man einfach auch noch mal heute hier
erwähnen – hat der Bundesfinanzminister Christian Lindner beim Zentralverband
des Deutschen Handwerks gesagt: „Wir sind in der Vorweihnachtszeit: Fürchtet
euch nicht.“
Der Textbaustein von gestern!)
– Man muss das noch mal wiederholen; denn das ist erst vor vier Tagen
gesagt worden.
Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP –
Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird auch nicht richtig, wenn Sie es
noch mal wiederholen!)
– Sie lachen, aber die Menschen da draußen lachen nicht, weil Sie mit
Ihren Händen tief in die Geldbeutel der Menschen greifen
Das ist doch Unsinn! Das stimmt
nicht! Das wissen Sie auch!)
und ihnen das hart ersparte Geld wegnehmen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist die Wahrheit. Wenn Sie hier lachen, lacht draußen überhaupt
niemand mehr, weil die Menschen kalt enteignet werden,
und zwar von der FDP und dem Bundesfinanzminister Christian Lindner,
liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD
Zuruf der Abg.
Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP])
Das ist quasi ein Kleben in den Geldbeutel der Menschen – im
übertragenen Sinn, wenn Sie das Wording vielleicht verstehen.
Möchten Sie, Herr Kollege, eine Zwischenfrage zulassen?
Selbstverständlich gerne.
Vielen Dank. – Herr Kollege Brehm, ich bin, wie ich bekennen muss,
großer Bewunderer der bayerischen Tradition, auch im Bierzelt politische Reden
zu halten, und nehme auch gern Anteil daran, dass es Ihnen regelmäßig gelingt,
ausgerechnet in der trockenen Steuerpolitik diese gute bayerische Tradition
sogar in den Plenarsaal des Deutschen Bundestages zu tragen. Herzlichen
Glückwunsch dazu!
Heiterkeit der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Früher war es so, dass die Union, wenn das Bundesverfassungsgericht
bestimmte Dinge verlangt hat, zumindest noch ein bisschen zugehört hat. Das
spielt für Sie beim Thema Erbschaftsteuer gar keine Rolle mehr.
Ich will Sie jetzt aber etwas anderes fragen. Das Jahressteuergesetz
wird im Bundesrat behandelt werden, und die B‑Länder-Seite, die unionsgeführten
Landesregierungen, haben drei Themen aus dem Jahressteuergesetz, aus 142 Seiten,
für den Vermittlungsausschuss angemeldet. Und – oh Wunder! – das von Ihnen
gerade mit großem Getöse angesprochene Thema, nämlich das Thema der Bewertung
für die Zwecke der Erbschaftsteuer, wurde von der Unionsseite für den
Vermittlungsausschuss nicht angemeldet.
Es wird also im Bundesrat akzeptiert werden.
Ich würde von Ihnen jetzt einfach gerne wissen, wie es sein kann, dass
Sie dieses Thema hier riesengroß skandalisieren und es dort, wo die Wahrheit auf
dem Platz liegt, wo die Union mitreden kann, noch nicht einmal für eine weitere
Beratung angemeldet wird. Herr Kollege, haben Sie dafür eine Erklärung?
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Lieber Kollege Toncar, herzlichen Dank, dass Sie mir noch mal die
Gelegenheit geben, hier ein bisschen auszuführen. Ob das, was Sie vorhaben,
verfassungsrechtlich geboten ist, kann man diskutieren.
Lachen und Beifall bei Abgeordneten der FDP
Das
Verfassungsrecht ist bei Ihnen wirklich nicht gut aufgehoben!)
Das ist überhaupt keine Frage; das habe ich gestern auch gesagt. Es
geht ja darum, den gemeinen Wert der Immobilie darzustellen. Da brauchen Sie mir
keine Nachhilfe geben. Aber es ist auch nicht verboten, die Freibeträge
anzuheben.
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN])
Sie haben nämlich angekündigt, auch der Bundesfinanzminister hat
angekündigt, die Freibeträge anzuheben, und passiert ist gar nichts.
Bezogen auf Ihre Frage zum Bundesrat empfehle ich Ihnen, den Antrag
des Freistaats Bayern zu genau dieser Sache – Erhöhung der Freibeträge – zur
Kenntnis zu nehmen.
Das haben wir gestern gut
begründet, warum der Quatsch ist!)
Und wenn Sie es als FDP ernst meinen würden, dann würden Sie diesem
Antrag des Freistaats Bayern im Bundesrat zustimmen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Dann hätten wir das Thema erledigt. Erhöhung der Werte und Erhöhung
der Freibeträge – das wäre für uns in Ordnung.
Sie haben unrecht, aber das ist
Ihnen scheinbar egal!)
Wir haben zusätzlich noch die Frage der Regionalität und der
Regionalisierung der Erbschaftsteuer eingebracht. Ich denke, wenn Sie es ernst
meinen, dann können wir das miteinander umsetzen, liebe Kolleginnen und
Kollegen.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir können diesem Jahressteuergesetz aufgrund der drei Faktoren, die
ich genannt habe – keine Verfassungsmäßigkeit, viel zu viel Bürokratie, die
Frage der Erbschaft- und Schenkungsteuer –, nicht zustimmen, auch wenn ich nicht
verschweigen will, dass einige Punkte umgesetzt worden sind, die für sich
gesehen in Ordnung sind:
Beifall des Abg. Markus Herbrand [FDP])
Sie verstetigen die Homeoffice-Pauschale, übrigens eine Idee der
CSU.
Beifall des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]
Danke, dass Sie das verstetigen! Sie haben das letzte Mal sogar fast
dagegen geredet. Wir als CDU/CSU haben das ins Rennen gebracht. Die Verlängerung
der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau, auch eine CDU/CSU-Idee, die
Sie das letzte Mal kritisiert haben, weil sie die Reichen nur reicher machen
würde, setzen Sie jetzt um.
Zuruf des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Eine späte Erkenntnis, aber auch in Ordnung!
Was aber natürlich nicht dabei ist: die Beseitigung der künftigen
Doppelbesteuerung bei den Renten – Sie haben immer angekündigt, das zu tun –,
die Modernisierung der Unternehmensbesteuerung und das Vorziehen des Abbaus der
kalten Progression auf 2022.
Das war eine AfD-Forderung!)
Deswegen können wir diesem Gesetz nicht zustimmen. Wir lehnen dieses
Gesetz ab. Sie machen als Ampel die Menschen in unserem Land Tag für Tag
ärmer.
Stimmt doch nicht! Frau Tillmann sagt: Das kostet einen
Haufen Geld! Sie sagen: Das bringt einen Haufen Geld! Also was?)
Dagegen wehren wir uns mit aller Entschiedenheit.
Beifall bei der CDU/CSU)
Stefan Schmidt hat das Wort für Bündnis 90/Die Grünen, mit Mikro
sogar; er muss gar nicht weiter dazwischenrufen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei
Abgeordneten der FDP)