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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der letzte Schritt zur Vermeidung periodischer Kriege, die in einem System der internationalen Gesetzlosigkeit unvermeidlich sind, besteht darin, die Staatsmänner dem Gesetz gegenüber verantwortlich zu machen. Und lassen Sie mich klarstellen, dass das Gesetz, während es zuerst gegen deutsche Aggressoren angewandt wird, auch die Aggressionen anderer Nationen einschließt und verurteilen muss, wenn es einem nützlichen Zweck dienen soll.
Dieses Zitat aus der Eröffnungsrede von Robert Jackson beim Nürnberger Prozess ist angesichts des brutalen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine aktueller denn je. „Denn unter den Waffen schweigen die Gesetze“, hat Cicero gesagt. Nein, wenn die Waffen sprechen, schweigt das Recht nicht.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Straflosigkeit für Kriegsverbrechen wäre eine große Niederlage für das Völkerrecht. Wir werden alles tun müssen, um das zu vermeiden. Nirgendwo dürfen sich Kriegsverbrecher sicher fühlen. Für mich ist völlig klar, dass Putin und seine Clique das Verbrechen der Aggression begangen haben.
Die Union möchte nun für das Verbrechen der Aggression, das heißt für das Verbrechen, einen Angriffskrieg zu führen, ein Sondertribunal einrichten. Das ist sicherlich ein gut zu diskutierender Vorschlag. Wie wir mit diesem Verbrechen in der Ukraine umgehen, ist sicherlich eine riesige Herausforderung für die Strafjustiz. Die Koalition ist bei dieser Forderung allerdings in der Tat etwas zurückhaltend; denn ein solcher Schritt will sehr gut überlegt sein. Kollege Limburg hat darauf hingewiesen. Wir reden hier nämlich von einem sehr grundsätzlichen Problem.
Für die Freien Demokraten ist der Internationale Strafgerichtshof eine extrem wichtige Einrichtung und eine große Errungenschaft. Unser Ziel muss deshalb sein, genau diese Einrichtung zu stärken. Das muss oberste Priorität sein. Die Einrichtung eines Sondertribunals stärkt aber eher nicht den Internationalen Strafgerichtshof; denn dieses wäre dann eine Einrichtung neben dem IStGH. Es stärkt auch nicht den Chefankläger beim IStGH. Unser Ziel muss aber sein, den IStGH zu stärken. Insofern finde ich es zunächst schade, dass die Ukraine bisher kein Vertragsstaat des Internationalen Strafgerichtshofs ist. Ich würde mich freuen, wenn sich die Ukraine entschließen könnte, das Rom-Statut zu ratifizieren.
Beifall der Abg. Konstantin Kuhle [FDP] und Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das wäre ein Signal, dass die Ukraine insgesamt an einer Aufarbeitung der Kriegsverbrechen im Ukrainekrieg durch eine unabhängige Justiz interessiert ist.
Wir stellen ja fest, dass es eine wachsende Bereitschaft in der Welt gibt, das Gewaltverbot zu ignorieren, getreu den Worten von Clausewitz, der Krieg sei die bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Damit ist gemeint, dass Gewalt ein rationales Instrument der Politik ist. Aserbaidschan ist so ein Beispiel. Ein Angriffskrieg ist aber ein völkerrechtliches Verbrechen. Diese Einstufung ist somit ein entscheidender Baustein der internationalen Rechtsordnung, und diesen Baustein müssen wir unbedingt schützen. Die Freien Demokraten sind ja schon länger der Auffassung, dass das Rom-Statut überarbeitet werden sollte, damit es bei dem Verbrechen der Aggression keine Beschränkungen gibt. Natürlich geht eine solche Änderung nicht von heute auf morgen. Aber schon Konfuzius hat gesagt: Auch ein langer Weg bedarf eines ersten Schrittes. – Deshalb sollten wir jetzt unbedingt auf diplomatischer Ebene beginnen.
Unser Justizminister Dr. Marco Buschmann ist seit Längerem in einem intensiven Austausch mit dem ukrainischen Justizministerium. Es geht gerade um die Verfolgung der Kriegsverbrechen und darum, dass die deutsche Justiz die ukrainische Justiz bei dieser Verfolgung noch mehr unterstützt, damit die Täter konsequent zur Verantwortung gezogen werden können. Es gibt jetzt – das ist eine besondere Sache – erstmals ein Justizministertreffen auf G‑7-Ebene unter Einbeziehung der Ukraine, um über die Verfolgung der Kriegsverbrechen zu sprechen. Das zeigt das große Engagement der Bundesregierung. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat bereits ein Strukturermittlungsverfahren eingeleitet. Wir haben dafür extra zwei weitere Referate beim GBA eingerichtet.
Und zum Schluss ein Gedanke für die Diskussion.
Der Gedanke muss jetzt schnell gehen.
Die Ukraine könnte ein eigenes Sondertribunal einrichten, das mit internationalen Richtern besetzt wird und das dann das ukrainische Recht bei der Verfolgung der Kriegsverbrechen anwendet. Eine interessante Idee!
Ich freue mich auf die Auseinandersetzungen und Diskussionen im Ausschuss.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es folgt Dr. Volker Ullrich für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)