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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass diese Berliner Bundestagswahl 2021 in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes war, zeigt sich in der Tat schon an der Zahl der Einsprüche, die gegen diese Wahl vorlagen. Wir haben im Normalfall bei Bundestagswahlen auf das gesamte Bundesgebiet gesehen um die 200 Einsprüche. Bei dieser Bundestagswahl hatten wir auf das gesamte Bundesgebiet gesehen über 2 000 Einsprüche, 1 900 davon für Berlin. Allein diese Zahl spricht schon für sich. Da müssen wir die langen Warteschlangen, die Tatsache, dass bis 21.30 Uhr gewählt wurde, dass Wahlberechtigte abgewiesen, Nichtwahlberechtigte aber Stimmzettel bekommen haben, gar nicht mehr extra erwähnen. Die Zahl der Einsprüche spricht für sich.
Es spricht übrigens auch für sich, dass niemand Geringerer als der Bundeswahlleiter sich bemüßigt sah, Einspruch gegen diese Bundestagswahl einzulegen; auch das dürfte ein durchaus einmaliger Vorgang sein.
Als wir dann als Wahlprüfungsausschuss – zu diesem Zeitpunkt durchaus noch gutwillig – versucht haben, diese Wahlfehler aufzuarbeiten, und die Landeswahlleitung in Berlin gebeten haben, uns doch bestimmte Informationen zukommen zu lassen, mussten wir feststellen: Auch das war im Nachgang nicht möglich. Deshalb die mündliche Verhandlung, übrigens die erste seit Jahrzehnten in der Geschichte des Wahlprüfungsausschusses.
Das, was wir in dieser mündlichen Verhandlung erleben mussten, hat uns dann – ich glaube, da spreche ich für alle Kollegen – weitestgehend erschüttert. Denn der Eindruck einer chaotischen Vorbereitung und einer chaotischen Durchführung am Wahlsonntag hat sich nicht abgemildert, sondern vielmehr verfestigt. Es ist immer noch schlimmer geworden. Deswegen bleibt bei mir als Vorsitzender der Eindruck: Wir haben auch wegen mangelhafter oder gar nicht vorhandener Protokollierung nicht all das gesehen, was sich bei der Bundestagswahl in Berlin abgespielt hat. Das bedaure ich sehr.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich bedaure auch, dass wir im Nachgang zu dieser mündlichen Verhandlung und nach einem sich zunächst anbahnenden guten Zusammenwirken im Ausschuss dann leider zwischen den Fraktionen zerfasert sind. Ich sage das auch in aller Deutlichkeit als Ausschussvorsitzende. Wir waren erst stringent unterwegs, und dann begann das, was der Kollege Schnieder so liebevoll als „Basar“ bezeichnete. Es begannen Auseinandersetzungen darüber, in wie vielen Wahllokalen es Wahlfehler gab, in welchen genau, ob sowohl Erst- als auch Zweitstimmen oder nur die Erst- oder nur die Zweitstimmen betroffen waren und warum und weshalb.
Ich sage ganz klar: Wir haben in diesem Wahlprüfungsausschuss die ganz große Aufgabe – und dieser Aufgabe ist dieser Ausschuss immer nachgekommen –, gnadenlos den Finger in die Wunde zu legen, wenn etwas schiefgelaufen ist, Vertrauen wiederherzustellen, den Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl zu geben: Hier sind Parlamentarierinnen und Parlamentarier am Werk, die diese Aufgabe sehr ernst nehmen, fraktionsübergreifend und möglichst ohne Parteipolitik. Ich möchte gerne, dass wir aus diesem Verfahren nicht nur formaljuristische Konsequenzen ziehen; das Wahlprüfungsgesetz mag an der einen oder anderen Stelle für so ein monströses Chaos gar nicht geeignet sein. Ich erwarte für die Zukunft schon, dass wir nicht nur den Vertrauensverlust wieder aufholen, der durch die fehlerhafte Wahldurchführung entstanden ist, sondern dass wir auch den leider entstandenen Vertrauensverlust wieder aufholen, der da lautet: Hier ist nur anhand der Fraktions- und Parteiarithmetik entschieden worden.
Ich bedauere das zutiefst; ich hätte mir das anders vorgestellt. Wir haben eigentlich den Weg für ein ordentliches Verfahren geebnet. Dass es am Schluss auch hier – nicht nur in Berlin, sondern auch hier – chaotisch wurde, bedauere ich sehr. Deswegen liegt es in unser aller Hand, heute eine vernünftige Entscheidung zu treffen, die den Bürgerinnen und Bürgern ganz klar macht: Wir nehmen das hier verdammt ernst, und wir wollen auf keinen Fall, dass sich solche Zustände wiederholen.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich befürchte nur, dass die Beschlussempfehlung, die uns heute vorliegt, dafür nicht ausreichen wird.
Beifall bei der CDU/CSU)