- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren! Es ist ja eigentlich nicht meine Aufgabe, die FDP zu verteidigen, Herr Ploß,
Doch! Wir sind doch in der Koalition!)
aber wenn ich mir die Ergebnisse bei den Jungwählerinnen und Jungwählern anschaue, dann vermute ich, dass das Thema Cannabis dabei mehr eine Rolle gespielt hat als E‑Fuels. Aber das ist nur eine Interpretation meinerseits.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Eigentlich ist der Antrag überholt; denn die Entscheidung auf EU-Ebene ist getroffen. Und dieses Thema wurde eigentlich auch schon von der Industrie entschieden – das wurde schon öfters gesagt –, und zwar bevor diese Entscheidung gefallen ist, nämlich schon vor Jahren.
Mehrere haben darauf hingewiesen, dass es aus industriepolitischer Sicht nicht sinnvoll ist, aus der Verbrennerproduktion auszusteigen, weil ja außerhalb der Europäischen Union weiterhin Verbrenner genutzt werden. Es ist sicherlich so, dass das über das Datum der EU hinaus in anderen Regionen der Welt noch der Fall sein wird, aber überall auf der Welt ist der Trend zum Elektromotor sichtbar, spürbar. Wenn wir die Technologieführer dieser Technologie werden, statt Last Man Standing einer Technologie zu sein, die sowieso auslaufen wird, ist das auch industriepolitisch schlau und zukunftsträchtig.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sie sind First Man Falling!)
Ihr Antrag fordert unter anderem, dass wir bei der Bewertung der Klimabilanz von Elektromobilität nicht nur den Weg vom Tank zum Auspuff betrachten, sondern auch den ganzen Herstellungsprozess. Auf diesen Punkt will ich mal gezielt eingehen, weil insbesondere die Gegnerinnen und Gegner der E‑Mobilität gerne auch Argumente ins Feld führen, die nicht ganz der Wahrheit entsprechen; die sind auch hier heute gefallen.
Erster Mythos: Die Herstellung von Batterien zerstört die Natur in Entwicklungsländern. Bergbau und industrielle Produktion verändern Landschaften, ja. Das gilt auch für den Kohlebergbau, für Fracking, wofür zuletzt ja auch viele ihre Liebe entdeckt haben, und natürlich auch für die Ölförderung. Dennoch wird dieses Argument nur beim Lithium so stark bemüht. Warum eigentlich?
Ich freue mich sehr, dass so viel über Chile gesprochen wird. Ich habe chilenische Wurzeln, und ich war auch kürzlich in Chile, wo ein Drittel der Lithiumvorkommen lagert. Ich habe mit der Regierung, mit Unternehmen und mit Umweltaktivisten gesprochen. Niemand dort ist grundsätzlich gegen Bergbau und Industrie. Was die Länder Südamerikas vielmehr wollen, ist, an der Wertschöpfung für Batterien teilhaben zu dürfen. Sie möchten auch ein Stück vom Kuchen und nicht immer nur die Krümel. Sie wollen weg von einer Kolonialherrschaft, die nur reinkommt und Rohstoffe exportiert.
Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen können wir den Menschen dort helfen, indem wir eine industrielle Produktion mit aufbauen. Gut bezahlte Arbeitsplätze, gewerkschaftliche Organisation, höhere Steuereinnahmen: Das versprechen sich diese Länder von der Elektromobilität.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Also Entwicklungshilfe!)
Wir wissen doch als Deutsche, wie man die Industrieproduktion so gestalten kann, dass sie für die Umwelt zumindest erträglich ist. Und mit diesem Wissen müssen wir uns in den Ländern, in denen es Lithiumvorkommen gibt, engagieren, nachhaltige Produktion aufbauen und mit den Regierungen zusammenarbeiten, um das Leben der Menschen vor Ort zu verbessern.
Deshalb: Wenn Sie gegen Elektromobilität oder überhaupt gegen Technologie sind, dann seien Sie das; das ist Ihre persönliche Entscheidung. Aber hören Sie endlich auf, die Sorge um die Natur, um die Völker des Globalen Südens oder, noch zynischer, die indigene Bevölkerung vorzuschieben, um gegen Elektromobilität Stimmung zu machen! Das ist total unglaubwürdig. Der einzige Indigene, für den Sie sich interessieren, ist Winnetou, und der wird von Elektromobilität auch keinen Schaden nehmen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mythos Nummer zwei: Elektromobilität macht uns abhängig. Das Argument wurde auch von Herrn Hirte bemüht. Es stimmt, dass die Batterieproduktion noch überwiegend in chinesischer und südkoreanischer Hand ist. Durch viele Initiativen auf nationaler und europäischer Ebene sind wir dabei, hier Kompetenz aufzubauen.
Die gute Nachricht ist: Es ist noch nicht zu spät, das Ruder rumzureißen. Denn anders als die weltweiten Ölvorkommen, die sich fast ausschließlich in den Händen von Autokraten befinden, sind die Lithiumvorkommen über die gesamte Welt verteilt und auch in demokratischen Staaten, die uns wertemäßig nahestehen, sehr stark vorhanden. Elektromobilität ist also eine Chance auf stärkere Industrialisierung und Wohlstandsgewinn für Demokratien des Globalen Südens und für uns die Chance, uns von den einseitigen Abhängigkeiten von den Autokraten der OPEC endlich zu befreien.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Mythos Nummer drei: Elektroautos sind nicht nachhaltig, weil der Strommix nicht 100 Prozent erneuerbare Energien beinhaltet. Es stimmt, dass die CO2-Bilanz eines Elektroautos davon abhängig ist, wie grün der Strom ist, mit dem es geladen wird. Das gilt aber noch viel stärker für E‑Fuels. Auch E‑Fuels sind nur dann nachhaltig, wenn sie zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien hergestellt und transportiert werden.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zeigen Sie mir einen Ort auf der Welt, wo das jetzt der Fall ist! Den gibt es nicht.
Über die Lebensdauer ist die CO2-Bilanz eines E‑Autos heute schon immer besser als die von Verbrennern und auch – wegen des viel höheren Wirkungsgrades, also der deutlich höheren Ausnutzung der Energie im Fahrzeug – die von mit E-Fuel betriebenen Autos. E‑Fuels brauchen die vier- bis fünffache Strommenge; das wurde alles schon erklärt.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Selbst wenn Sie den Strom zur Gewinnung von E‑Fuels in Schwellenländern produzieren, wo Wind weht, wo viel Sonne scheint, braucht es Windräder, Solarmodule, Lagerkapazitäten, Schiffe, Häfen und Pipelines.
Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin.
Kurzum: Es braucht eine Menge Ressourcen. Deshalb ist es sinnvoll, die sehr teuren E‑Fuels da einzusetzen, wo sie nützlich sind. Das geschieht durch den EU-Beschluss, und deswegen unterstützen wir ihn.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Letzter Redner in dieser Debatte ist Thomas Bareiß für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)