Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 24. Februar stellt eine Zäsur dar. Wir erleben Krieg in Europa, Terroranschläge auf wichtige Infrastrukturen, und die Menschen in Deutschland machen sich Gedanken über einen Blackout. Würde das Bundesverfassungsgericht jetzt ein Urteil fällen zum Schutz behinderter Menschen für den Fall einer pandemiebedingt auftretenden Triage, käme deutlich klarer zum Ausdruck, dass der Auftrag an die Politik lautet, umfassende Vorsorge zu treffen für Menschen mit Behinderung – Vorsorge nicht nur in einer Pandemiesituation, sondern auch bei Großschadensereignissen, Naturkatastrophen und Terroranschlägen jeglicher Art.
Beifall des Abg. Hubert Hüppe [CDU/CSU])
Genau das ist Auftrag der Politik und einer sorgenden Regierung – Ihrer Regierung –, nämlich Aufträge im Spiegel der Zeit zu sehen und zu bedenken, welche Wirkungen und Gefahren eine solche Zeitenwende für die soziale Infrastruktur und die medizinische Versorgung von Menschen hat. Das Bundesverfassungsgericht hatte Sie sogar explizit dazu aufgefordert – ich zitiere –: Dem Gesetzgeber steht bei der Regelung grundsätzlich ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. – Deshalb greift unserer Fraktion dieser Gesetzentwurf zu kurz. Deshalb haben wir einen eigenen Entschließungsantrag vorgelegt, der auf wichtige ungeklärte Fragestellungen hinweist.
Wir erkennen an, dass Sie Kritikpunkte von uns in Ihren Entwurf aufgenommen haben, wie Meldepflicht und Evaluation, um Transparenz und vor allen Dingen auch Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte zu schaffen. Aber es fehlt die Klärung von Ex-post-Triage. Ebenso fehlt die Aufnahme behinderungsspezifischer Besonderheiten und Auswirkungen auf die komplexe ethische Fragestellung der Triage in die Aus- und Weiterbildung in medizinischen und pflegerischen Berufen. Auch die Frage der Diskriminierung vor der eigentlichen Triage, also der Triage vor der Triage, ist nicht im Entwurf enthalten. Menschen, die in Pflegeeinrichtungen und besonderen Wohnformen leben, dürfen nicht ohne Betrachtung der einzelnen Personen von einer Krankenhausaufnahme ausgeschlossen werden, um Betten im Krankenhaus frei zu halten.
Angesichts des langen Bearbeitungszeitraums hätten die Menschen mit Behinderung erwarten können, dass Sie auch für diese existenzielle Situation eine klare, eindeutige Vorsorge treffen, um Benachteiligung und Diskriminierung zu verhindern. Das hätten Ihnen auch die Behindertenverbände gesagt, wenn Sie sie denn eingebunden hätten.
Sie haben bereits in der Debatte gesagt, das sei jetzt nur ein erster Baustein, Sie würden nachsteuern. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, wie viel Zeit wollen Sie sich noch lassen? Warum machen Sie es nicht gleich richtig, greifen unsere Kritikpunkte auf und legen einen weitsichtigen Gesetzentwurf vor?
Beifall bei der CDU/CSU
Zuruf von der AfD: Weil sie nicht können!)
Jetzt spricht Dirk Heidenblut für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)